So kommen die Preisdifferenzen bei Strom zustande

| Redaktion 
| 01.11.2023

Studie zeigt, wie sich die unterschiedlichen Preise bei den heimischen Stromanbietern erklären lassen.

Seit Beginn der Energiekrise stehen die österreichischen Energielieferant:innen in der öffentlichen Kritik, vor allem im Hinblick auf die Preisanpassungen, die zahlreiche Anbieter:innen in den vergangenen Monaten vornehmen mussten. e.venture consulting hat vor diesem Hintergrund eine Untersuchung durchgeführt und sich angeschaut, inwieweit das Vorgehen der Marktteilnehmer:innen angemessen war, wann und in welchem Ausmaß Preisveränderungen an Endkund:innen weitergegeben wurden und wie Österreich im europäischen Vergleich abschneidet.

Ungünstige Verkettungen

Florian Haslauer Studienautor und Geschäftsführer von e.venture consulting kam in seiner Studie zum österreichischen Strommarkt im Auftrag von Oestereichs Energie zum Ergebnis, dass es einen "perfekten Sturm" gab, also eine äußerst ungünstige Verkettung verschiedener Entwicklungen – der die europäische Energiewirtschaft in den Jahren 2021 und 2022 erfasste.

Durch das Wegfallen der russischen Gaslieferungen infolge des Krieges in der Ukraine und die hohe Nachfrage, setzten die Gaspreise zu Höhenflügen an. Gleichzeitig fehlten durch technische Probleme bei den französischen Kernkraftwerken wichtige Kapazitäten, zeitweise war jede zweite Anlage nicht verfügbar. Hinzu kam das Dürrejahr 2022 und die geringe Wasserführung, die die Stromproduktion aus Wasserkraft massiv beeinträchtigte und eine Vervierfachung der CO2-Preise infolge der steigenden Industrieproduktion nach dem Ende der Covid-Pandemie.

Preissteigerungen waren angemessen

"Diese Gemengelage führte im Stromgroßhandel in ganz Europa zu bespiellosen Preisspitzen. Preise von über 600 Euro pro Megawattstunde waren dabei keine Seltenheit, das ist zehnmal so viel wie vor der Krise", sagt Haslauer. Diese Entwicklung schlug sich mittelfristig auch bei den Endkund:innen nieder. "Die Preise für Endkund:innen sind während der Energiekrise in ganz Europa stark gestiegen – im europäischen Vergleich sind die Preissteigerungen in Österreich im erwartbaren Bereich und lagen teilweise deutlich unter denen vergleichbarer Nachbarländer", so Haslauer.

Endkundenpreise unter Großhandel

Die Studie zeigt außerdem, dass die Endkundenpreise im Verlauf der gesamten Krise unter den Termin- und Spotmarktpreisen lagen. "Durch langfristige Beschaffungsstrategien konnten diese Preisexplosionen auf den Großhandelsmärkten stark gedämpft werden. Preissteigerungen wurden vielfach erst mit großer Verzögerung weitergegeben", so Haslauer.

Die Großhandelspreise sinken seit Jahresbeginn wieder. Durch die langfristige Beschaffung würden aber auch diese Preissenkungen die Endkund:innen mit Zeitverzögerung erreichen. "Kund:innen, die während der Krise von konstanteren und günstigeren Preisen profitiert haben, müssen sich nun etwas gedulden. Bei Neukund:innen, für die der Strom erst jetzt beschafft werden kann, wirken sich die aktuellen Marktentwicklungen direkter aus", sagt der Studienautor.

Lokale Lieferant:innen fingen 100.000 auf

Die Billigangebote für Endkund:innen sind während der Krise aufgrund der stark gestiegenen Großhandelspreise zeitweise vollständig vom Markt verschwunden. In dieser Phase waren die Tarife für Bestandskund:innen deutlich günstiger als die Neukundenangebote. Trotzdem wechselten letztes Jahr mehr als 100.000 Haushaltskund:innen ihren Stromlieferanten, viele davon auch unfreiwillig aufgrund von Vertragskündigungen, Marktaustritten oder Insolvenzen. Lokale Anbieter:innen übernahmen größtenteils die Versorgung dieser Kund:innen, vielfach zu den Konditionen von Bestandskund:innen und damit zum Teil auf eigene Kosten bei deutlich höheren Kosten für die Nachbeschaffung.

Strukturierungs- und Risikokosten

Auch ohne die Tatsache, dass viele Kund:innen aufgefangen wurden, waren die vergangenen zwei Jahre für Lieferant:innen schwierig. "Im Zuge der Krise stiegen die Strukturierungskosten – also die Aufwände für das Anpassen der vorab gekauften Strommengen an den tatsächlichen Verbrauch", sagt Florian Haslauer und fügt hinzu: "Zudem sind auch die Risikokosten in allen Bereichen deutlich gestiegen. In Summe lassen sich die Endkundenpreisanstiege in Österreich aber mit den gestiegenen Beschaffungskosten der Stromlieferanten erklären. Die Unterschiede der Endkundenstrompreisentwicklungen in Österreich sind auf unterschiedliche, marktübliche Beschaffungsstrategien zurückzuführen."

Studie zeigt verantwortungsvolles Vorgehen

Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, sieht durch die Untersuchung zahlreiche Vorwürfe gegenüber der Branche durch Fakten entkräftet: "Die Untersuchung belegt, dass die E-Wirtschaft in dieser schwierigen Situation verantwortungsvoll und angemessen gehandelt hat. Dennoch ist es wesentlich das in den letzten Monaten verlorene Vertrauen der Kund:innen wiederzugewinnen. Daran arbeiten wir mit voller Kraft."

www.oesterreichsenergie.at

www.e-vc.org

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