wiiw-Studie
Wie der Arbeitskräftemangel Österreichs Wachstum mittelfristig gefährden könnte

Einer aktuellen Studie des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche zufolge dürfte vor allem die wichtige Exportwirtschaft aufgrund des zunehmenden Personalmangels leiden. 

Auch 2025 ist der sich zuspitzende Arbeitskräftemangel ein Thema, das hierzulande sämtliche Branchen beschäftigt. In den kommenden Jahren ist zu erwarten, dass die schrumpfende Erwerbsbevölkerung Österreich und seine Exportwirtschaft vor große Probleme stellen wird. Zu diesem Schluss kommt jedenfalls eine neue Studie des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) unter Leitung von Robert Stehrer und Stella Zilian, durchgeführt im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft.

Geburtenschwache Jahrgänge als Mitgrund für Arbeitskräftemangel

Allein zwischen 2022 und 2027 werden in etwa 540.000 Menschen der geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge in Pension gehen. Weil die nachfolgenden Jahrgänge zahlenmäßig deutlich schwächer sind, werden diese fehlenden Arbeitskräfte nicht vollständig durch jüngere Menschen ersetzt werden können.

Und selbst wenn man den demografischen Entwicklungen hierzulande äußerst optimistisch entgegenblickt und sich das Wirtschaftswachstum moderat entwickelt, dürfte der Arbeitskräftemangel im kommenden Jahrzehnt zum limitierenden Faktor werden, wie eine in der Untersuchung aufgestellte Rechnung verdeutlicht: Im äußerst positiven Szenario eines um 0,4 Prozent steigenden Angebots an Arbeitskräften pro Jahr (etwa durch verstärkte Zuwanderung und verstärkte Erwerbsbeteiligung bis Anfang der 2030er Jahre) müsste die Arbeitsproduktivität in Österreich pro Jahr um satte 1 Prozent steigen, um ein BIP-Wachstum von moderaten 1,5 Prozent zu ermöglichen (Durchschnittswert der Jahre 2011 bis 2019).

"Das würde bedeuten, dass die Produktivität pro Jahr etwa dreimal so stark ansteigen müsste, wie sie das in den Jahren 2011 bis 2019 getan hat", erklärt Stella Zilian, Ökonomin am wiiw und Co-Autorin der Studie. "Aber auch durch den Einsatz von Automatisierung und digitaler Technologien sowie kapitalintensiven Investitionen in effizientere Produktionsmethoden wäre eine derartige Steigerung der Arbeitsproduktivität keineswegs gesichert."

Um dem Arbeitskräftemangel künftig entgegenzuwirken, empfiehlt die Studie eine gezielte Arbeitsmarktpolitik zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen, Migrant:innen und Älteren, ebenso wie die Steigerung von Produktivität und Innovation – Stichwort Digitalisierung. Überdies sollten verstärkt Fachkräfte aus dem Ausland angeworben und mittels attraktiver Rahmenbedingungen an Österreich gebunden werden.

Industrie in der Bredouille

Grundlegend sollte die Exportwirtschaft, die rund ein Drittel der österreichischen Wirtschaftsleistung und Arbeitsplätze generiert, dabei zwar angesichts ihrer Beschäftigungsstruktur etwas weniger stark betroffen sein, allerdings wird auch diese verstärkt um Arbeitskräfte kämpfen müssen, da sie im Wettbewerb mit anderen Branchen steht. So betont Robert Stehrer, wissenschaftlicher Direktor des wiiw und Co-Autor der Studie: "Nicht zuletzt die exportorientierte Industrie – immer noch das Rückgrat der heimischen Wirtschaft – steht im Wettbewerb um Talente mit anderen Branchen und könnte in Zukunft unter größeren Engpässen bei Facharbeiter:innen in der Produktion und bei Beschäftigen mit mittlerer und höherer Bildung leiden." Bereits heute sollten demnach angesichts des ausgeprägten Fachkräftemangels in der Industrie bei den Verantwortlichen sämtliche Alarmglocken schrillen. "Es steht nämlich zu befürchten, dass vor allem Vorzeigebetriebe abwandern könnten, wenn es dafür keine Lösung gibt", warnt Stehrer.

Die gesamte Studie können Sie hier nachlesen.

www.wiiw.ac.at

Kommentar veröffentlichen

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV