"Für die Zukunft ist die wirtschaftliche Unabhängigkeit unser größtes Ziel"

| Dejan Filipovic 
| 24.04.2023

Im LEADERSNET-Interview spricht Felix Kupfer, Geschäftsführer Gurgl Carat (höchstgelegenes Kongresscenter Europas), u.a. über die Herausforderungen im Kongress- und Eventbereich, wo die Unterschiede zu anderen Veranstaltungshallen liegen und welche Rolle das Thema ESG im Unternehmen einnimmt.

LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Kupfer, Tirol hat eine neue Location im Kongress- und Eventbereich – das Gurgl Carat in Obergurgl im Ötztal. Was hat die Betreiber:innen dazu bewogen, ein Konferenzzentrum auf über 1.900 Meter Seehöhe zu errichten?

Felix Kupfer: In Obergurgl gibt es bereits seit über 70 Jahren Tagungen und Seminare im hochalpinen Raum. Mit dem Unizentrum Obergurgl der Universität Innsbruck und später auch dem Piccardsaal der Gemeinde Sölden hat Kongresstourismus eine lange Tradition.

In der heutigen Zeit werden an Seminarlocations gerade auf technischer Seite hohe Anforderungen gestellt, die der alte Piccardsaal nicht mehr erfüllen konnte. Daher wurde in enger Abstimmung mit dem Ötztal Tourismus entschieden, an gleicher Stelle mit dem Gurgl Carat den Neubau anzugehen.

Begünstigt wurde diese Entscheidung auch davon, dass es bis jetzt im gesamten Ötztal noch keinen Ort für größere Tagungen, Kongresse und Events gegeben hat und mit dem Carat die Angebotsvielfalt nun um diesen Punkt ergänzt werden konnte.

LEADERSNET: Worin unterscheidet sich das Gurgl Carat von anderen Kongresszentren?

Kupfer: Im Wesentlichen sind dies drei Punkte. Am augenfälligsten ist die technische Ausstattung des Gebäudes. Durch den Neubau ist das Gebäude am allerneuesten Stand der Technik. Die über 100 Quadratmeter große Leinwand ist dabei das absolute Highlight. Auch aktuelle Anforderungen im Hybrid-Eventbereich wie das Zuschalten von Speaker:innen können mit Leichtigkeit erfüllt werden.

Zweitens ist Obergurgl mit seiner gehobenen Hotellerie perfekt geeignet für Firmen, Verbände und Universitäten. Bei gerade einmal 400 Einwohner:innen stehen den Gästen 21 wunderschöne 4-Sterne-Hotels zur Auswahl. Diese sind alle bequem und in maximal sechs Minuten zu Fuß erreichbar.

Der dritte große Unterschied ist die Höhenlage des Orts. Auf über 1.900 Metern gelegen, macht diese das Gurgl Carat zum höchsten Kongresszentrum Europas. So können Rahmenprogramme wie Wanderungen, E-Bike-Touren und Klettersteige direkt im Dorfzentrum begonnen werden und es kann auf lange Shuttle-Fahrten verzichtet werden. So können wir über 30 verschiedene Rahmenprogramme rund um Gurgl anbieten für die es kein Shuttle benötigt.

LEADERSNET: Welche Events haben im Kongresszentrum bereits stattgefunden und welche Branchen möchten Sie mit dem Gurgl Carat ansprechen?

Kupfer: Wir haben bis jetzt einen schönen Branchen-Mix bei uns begrüßen dürfen. Dies reicht von wissenschaftlichen Kongressen, über Firmen aus verschiedenen Branchen wie Sport, Automotive, Consulting, Pharma und IT.
Für zwei Branchen bietet Obergurgl besonders gute Voraussetzungen. Das ist zum einen die Sportbranche, da Firmen direkt vor dem Carat die ideale Natur finden, um ihre Produkte direkt vor der Haustür zu testen.
Zum anderen ist es die Automotive-Branche, da diese durch die Anbindung nach Südtirol über das Timmelsjoch gleich die perfekte Fahrtstrecke inkludiert hat. Auch mit dem Motorradmuseum am Crosspoint bieten wir ein tolles Erlebnis für Motorfans.

LEADERSNET: Neben dem Kongresszentrum, der wunderschönen Naturumgebung und dem Panoramablick auf das Ötztal, worauf dürfen sich die Tagungsteilnehmer:innen in Gurgl noch freuen?

Kupfer: Bei uns ist fast jeder Einheimische auch Gastgeber:in oder Gastwirt:in. Dies wirkt sich vor allem auf die Qualität der einzelnen Dienstleister:innen aus. Da jede:r versucht noch ein bisschen besser zu sein als der Nachbar.
Hier liegt das Augenmerk vor allem auf der Kulinarik und Gäste in Gurgl können sich allerorten freuen, da auch die kulinarischen Genüsse sprichwörtlich auf höchstem Niveau sind.

LEADERSNET: Coronapandemie, Krieg in der Ukraine, steigende Energiepreise und die hohe Inflation, bereiten den Menschen Sorgen. Wie haben diese Herausforderungen das Gurgl Carat und die Kongress- und Eventbranche im Allgemeinen verändert?

Kupfer: Am auffälligsten ist es, dass auch Kongresse und Incentives deutlich kurzfristiger gebucht werden als früher, wo dies oft über ein Jahr im Voraus passiert ist.

Wir haben beispielsweise zwei große Events im Juni und Juli dieses Jahres, wo wir gerade erst in die Detailplanung eingestiegen sind, da die Firmen sich bis jetzt Zeit gelassen haben. Hierbei handelt es sich jedoch um zwei Events mit über 400 Teilnehmer:innen und einem hohen Organisationsaufwand. Das war vor den Krisen der letzten Jahre noch anders. Damit findet auch die Planung von Großevents "auf Sicht" statt.

LEADERSNET: Klimawandel, Umwelt, soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit sind immer wichtigere Themen. Welche Rolle nimmt das Thema ESG in Ihrem Unternehmen ein?

Kupfer: Wir haben bereits beim Bau auf diese Themen geachtet. Deshalb ist das Gebäude an das lokale Fernwärmenetz angeschlossen und das Haus wird mittels dem kalten Gebirgswasser der Gurgler Ache gekühlt. In Planung ist auch eine große PV-Anlage am Dach.

Im Betrieb ist vor allem die Regionalität ein großes Anliegen für uns. Wir achten sehr genau darauf, dass unsere Partner:innen aus Gurgl bzw. aus dem Ötztal kommen und Ötztaler bzw. Tiroler Produkte verwendet werden.
Das Gurgl Carat ist auch wirtschaftlich ein wichtiger Partner in der Region. So landen zwei Drittel unseres Umsatzes direkt wieder bei unseren Partner:innen aus Hotellerie, Gastronomie und Freizeitwirtschaft.

LEADERSNET: Nach welchen Kriterien sucht sich das Gurgl Carat ihre neuen Angestellten aus und gibt es vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels Probleme, die richtigen Arbeitskräfte zu finden?

Kupfer: Mit unserer Lage am Ende des Ötztals ist die Mitarbeitersuche für uns tatsächlich nicht ganz so einfach. Dies liegt aber nicht primär am Fachkräftemangel, sondern eher daran, dass es schwierig ist eine Mietunterkunft für die Mitarbeiter:innen zu finden. Dies schließt dann schon einmal Mitarbeiter:innen aus dem vorderen Tal bzw. aus dem Rest Tirols aus, da der Fahrtweg für die tägliche Anreise einfach zu weit ist.

Durch die Attraktivität des Unternehmens als ambitioniertes Start-up im Kongressbereich finden wir aber immer wieder motivierte junge Menschen, die für uns arbeiten möchten. Derzeit ist unser Team komplett – wir möchten aber mittelfristig noch zwei bis drei neue Teammitglieder begrüßen.

LEADERSNET: Wie schauen die Pläne von Gurgl Carat für 2023 und die (noch) weitere Zukunft aus?

Kupfer: Wir befinden uns immer noch in der Entwicklungsphase des Unternehmens. Momentan geht es darum, einen soliden Kundenstamm aufzubauen und die ersten Jahre erfolgreich zu gestalten. Wir lernen derzeit noch bei jedem Event neue, interessante Aspekte kennen und bringen das Carat sehr gut voran.

Für die Zukunft ist die wirtschaftliche Unabhängigkeit das größte Ziel, das es zu erreichen gilt. Diese würde uns auch bei neuen Investitionen und der Teamentwicklung mehr Handlungsspielraum einräumen.
Für mich persönlich ist die Vision, dass wir irgendwann neben den beiden anderen Top-Kongressdestinationen im Alpenraum – Alpbach und Davos – in einem Atemzug genannt werden.

LEADERSNET: Was kann der Geschäftsführer Kupfer von der Privatperson Kupfer lernen?

Kupfer: Bei all der Arbeit den Humor nicht zu kurz kommen zu lassen und nicht zu vergessen warum man selbst und auch die Mitarbeiter:innen so viel Zeit in die Arbeit investieren, wegen Familie und Freizeit.

www.gurgl-carat.com

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