"Es war ein guter Schachzug, dass wir parallel unterstützen können und nicht einen Ersatz für bestehende Förderungen darstellen"

Mit der Initiative "Stolz auf Wien" unterstützt die Stadt Wien gemeinsam mit der Wiener Wirtschaftskammer und zahlreichen Investoren seit 2020 Unternehmer:innen, die durch die COVID-Krise nachhaltig wirtschaftlich betroffen sind. Die Geschäftsführer:innen im LEADERSNET-Interview.

Barbara Forsthuber und Helmut Richter sind die Geschäftsführer der "Stolz auf Wien Beteiligungs GmbH“, einem Fonds, um die Wiener Wirtschaft, zu stützen und Unternehmer:innen temporär unter die Arme zu greifen. Einer der großen Initiatoren dabei ist Finanz und Wirtschaft Stadtrat Peter Hanke. Im LEADERSNET-Interview erzählen sie, wie die Initiative aufgenommen wird und was sie von einer klassischen Unterstützung unterscheidet. Anmeldungen für die beiden Fonds sind noch bis September 2022 möglich.

LEADERSNET: Bei "Stolz auf Wien" gibt es zwei unterschiedliche Fonds. Wie funktionieren diese?

Forsthuber: Ja, es gibt zwei unterschiedliche Fonds, für unterschiedliche Zielgruppen. Zum einen gibt es die "Stolz auf Wien Beteiligungs GmbH. An dem sind die Stadt Wien, die Wirtschaftskammer sowie zahlreiche Investoren aus dem Banken und Versicherungsbereich beteiligt. Ziel ist es, mit einer Beteiligung an Kapitalgesellschaften bis zu 20 Prozent und eine Laufzeit auf max. 7 Jahre mit der Zurverfügungstellung von Eigenkapital zu unterstützen.

Im Vorjahr kam dann noch die "Stolz auf Wien II" hinzu, die von privaten Investoren gespeist wurde. Hier konzentrieren wir uns darauf, der Gastronomie und Unternehmen aus dem Veranstaltungs- und Kultursektor mit Beträgen von bis zu maximal 300.000 Euro zu helfen. Das Modell basiert nicht auf der klassischen Beteiligung, sondern auf Genussrecht. Ebenfalls für die Dauer bis 2028 unter der Berücksichtigung von einer Verzinsung zwischen zwei und vier Prozent. Am Ende der Laufzeit wird fließt der eingesetzte Betrag wieder an die Investoren zurück.

LEADERSNET: Wofür muss man sich denn verpflichten, wenn man eine Partnerschaft mit Ihnen eingehen will?

Richter: Entscheidend ist, dass wir gar nicht ins operative Geschäft eingreifen. Wir sind faktisch ein Finanzinvestor und stellen Geld in Form von Eigenkapital zur Verfügung. Da wir mit öffentlichem Geld operieren, gibt es natürlich Minderheitsrechte analog zu den Bestimmungen des GmbH Gesetzes. Bei extremen Fällen, beispielsweise wenn man Anteile verkaufen möchte, haben wir als Stolz auf Wien ebenfalls ein Mitspracherecht. Ansonsten gibt es relativ wenig, was wir uns vorbehalten. Das Geld muss am Ende der Laufzeit wieder zurückgeführt werden. Das ist sicher die größte Herausforderung. Der Fond ist also kein Geschenk der Stadt Wien und der Partner. Es ist ein Überbrückungskredit bzw. Eigenkapital, das temporär bis maximal 2028 zur Verfügung steht.

LEADERSNET: Gibt es international eine vergleichbare Aktion oder bestreitet die Stadt Wien hier gänzlich neue Wege?

Forsthuber: Unseren Informationen nach, ist das tatsächlich einzigartig. Wir wissen, dass man in Deutschland  versucht hat, ein ähnliches Projekt umzusetzen, das aber in dieser Form nicht zur Umsetzung kam.

LEADERSNET: Wer ist bei "Stolz auf Wien" mit dabei? Wem habt ihr unter die Arme gegriffen?

Richter: Es gibt unterschiedlichste Branchen und etwa 30 Teilnehmer:innen, wie beispielsweise das international sehr bekannte Unternehmen Juwelier Frey Wille und ebenso die Gastronomiekette Wienerwald. Wir unterstützen aber auch kleinere, neuere Modelle, wie GentleTent, ein Hersteller von innovativen Campingprodukten oder Andys coworking company, einem Office Provider.

LEADERSNET: Was heißt das?

Richter: Die Unterstützung, die man bei uns bekommt, erfolgt zusätzlich dh. unabhängig ob bereits  Förderungen, seitens der Republik Österreich in Anspruch genommen wurden. Ich denke, es war ein guter Schachzug, dass wir hier parallel unterstützen können und nicht einen Ersatz für bestehende Förderungen darstellen.

LEADERSNET: Wer steht eigentlich hinter dem "Stolz auf Wien" Zwei-Fonds?

Forsthuber: Dazu zählen dankenswerterweise die Strabag AG, die Immofinanz AG , die Roland Schmid Group, die Birko Group und die Stumpf AG. Darauf sind wir auch sehr stolz. Es sind ausschließlich private Investoren.

LEADERSNET: Was waren deren Motivationen, sich an dem Fond zu beteiligen?

Forsthuber: alle diesen Partnern ist gemein, dass sie als erfolgreiche Unternehmer die Wiener Wirtschaft unterstützen wollten. Die Umsetzung der SAW II war dank dieser Investoren auch sehr rasch möglich. Alle Investoren sind im Beirat vertreten, und befassen sich damit direkt mit den eingereichten Projekten  Sie investieren viel Zeit und ich meine, sie sind auch stolz, Teil dieses Projekts zu sein.

Schließlich geht es schon ein wenig Richtung Altruismus. Der Unterstützungsgedanke steht im Vordergrund. Natürlich möchte jeder, der Geld zur Verfügung stellt, eine Verzinsung haben und das gilt auch hier, fällt aber sehr gering aus. Und wenn man das Risiko bedenkt, das bei solchen Vergaben natürlich immer besteht, ist das Angebot wirklich sehr attraktiv.  Ich finde diese spezielle Unterstützungstätigkeit "von Wiener Unternehmen für Wiener Unternehmen" ist hoch anzurechnen.

LEADERSNET: Von welchen Finanzvolumen sprechen wir eigentlich?

Forsthuber: Mit "Stolz auf Wien I" beteiligen wir uns bis zu 20 Prozent, aber mit einer Maximalhöhe von zwei Millionen pro Unternehmen. Bei "Stolz auf Wien II"geht die Unterstützung bis 300.000 Euro. Wir haben jetzt eine „Beteiligungssumme" von rd. 14 Millionen abgeschlossen.

 

LEADERSNET: Wie lange können sich Unternehmen noch für "Stolz auf Wien" anmelden?

Forsthuber: Die Anmeldefrist läuft mit Ende September aus. Wer Interesse hat, kann sich jederzeit sehr gerne melden. Wir bemühen uns, die Abwicklung rasch zu gestalten.

LEADERSNET: Welche Reaktionen gibt es von Seiten der Wirtschaft auf "Stolz auf Wien"?

Richter: Ich glaube, dass die Unternehmer:innen, welche die Unterstützungen erhalten, das sehr positiv sehen. Für sie geht es natürlich ums „Überleben". Viele der Herrschaften sind in einer Notsituation. Corona hat sich niemand ausgesucht, und jetzt kommt die nächste Krisensituation mit ua.den hohen Energie- und Rohstoffpreisen auf uns zu. Ich denke, der Dank aller Unternehmer:innen, die bei der "Stolz auf Wien" dabei sind, an die Stadt Wien,die Wirtschaftskammer und alle Investoren, ist sehr hoch.

Forsthuber: Wir versuchen auch all diese Unternehmer zu vernetzen. Dafür organisieren wir Treffen, bei denen auch Vertreter:innen seitens der Investoren, Beiräte und natürlich der Stadt und der WWK anwesend sind.  Wir bieten an, sich untereinander zu vernetzen. Auch das ist ein Stück unsere Aufgabe. (ca)

 www.stolz-auf-wien.at

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