Bevölkerungs-Umfrage
Laut dem "Mittelstandsbarometer" braucht "die Mitte wieder mehr Luft"

| Redaktion 
| 02.04.2024

Senat der Wirtschaft, Lobby der Mitte und Gewerbeverein haben die zehnte Ausgabe ihrer repräsentativen Bevölkerungsumfrage präsentiert. Die Ergebnisse sollen nun im "Superwahljahr 2024" zu einem Umdenken führen.

Am Dienstag haben der Senat der Wirtschaft (SdW), Lobby der Mitte (LdM) und der Österreichische Gewerbeverein (ÖGV) den zehnten Durchgang ihres sogenannten "Mittelstandsbarometers" präsentiert. Mit den Erkenntnissen dieser repräsentativen Bevölkerungsumfrage, die vom Gallup-Institut durchgeführt wurde, möchten die drei Verbände laut eigenen Angaben die Parteien, Interessenvertretungen und Lobbys bezüglich Mittelstand & Mittelschicht "gerade im großen Wahljahr 2024" zum Umdenken bewegen. Umfrage-Initiator Wolfgang Lusak von LdM sprach im Rahmen der Präsentation von einem "Aufschrei der Mitte".

Zentrale Erkenntnisse

Laut der Umfrage sieht die Bevölkerung die Konzerne mit 74 Prozent, die Politik mit 66 Prozent und die Finanzwirtschaft mit 41 Prozent als die drei großen Profiteure des Lobbyings an. Ihr Einfluss werde den Angaben zufolge seit der ersten Umfrage in 2008 ungebrochen hoch eingeschätzt, während der Mittelstand nur mehr vier Prozent auf diesem Gebiet erreiche, den tiefste Wert bisher, im Jahr 2020 waren es noch 27 Prozent. Auch die Klein- und Mittelbetriebe (KMU) erreichten mit nur elf Prozent ein Drittel des Niveaus von 2020 und ihren tiefsten Wert. Auch bei den Beamten, Non-Profit- und Sozialorganisationen halbierte sich der Lobby-Einfluss, so die Initiatoren.

Konträr zu diesen Einschätzungen traue man den KMU mit 47 Prozent und dem Mittelstand mit 45 Prozent am ehesten zu, Österreich voranzubringen, sie seien die "Staats-Motoren Nr.1". An dritter Stelle des zehnten Mittelstandsbarometers liegen die Bürgerinitiativen (29 Prozent). Politik und Regierung erreichen 28 Prozent und verlieren demnach an vierter Stelle liegend 14 Prozentpunkte seit 2020. Auch Konzerne verlieren als "Voranbringer" elf Prozentpunkten, die Finanzwirtschaft muss minus acht Prozentpunkte verzeichnen.

Weitere Höchststände seit der ersten Welle seien laut den Initiatoren: 69 Prozent halten den Mittelstand heute für sehr und 21 Prozent für eher wichtig. Und 36 Prozent der Bevölkerung bekennen sich zu einem Mittelstand der Werte Leistung, Eigentum, Nachhaltigkeit und Fairness und damit zu einer Mittelschicht aus Selbständigen und Angestellten, aus Alt und Jung. Die Durchsetzungskraft des Mittelstands weise gleichzeitig den bisher niedrigsten Wert auf, was mit seinem Rückgang als Lobbying-Profiteur korrespondiere, hieß es am Dienstag.

Umfragewerte der Parteien

Die Bevölkerung wurde auch nach der "für den Mittelstand wählbaren" Partei gefragt: Die ÖVP fällt dabei als Partei, die traditionell die Interessen des Mittelstandes vertritt, von 31 Prozent auf 17 Prozent um 14 Prozentpunkte zurück und liegt gleich auf mit der FPÖ. Die SPÖ erfährt keinen Zuwachs und liegt mit 19 Prozent knapp an erster Stelle. Die NEOS legen bei jeder Befragung geringfügig, aber stetig zu, liegen jetzt auf neun Prozent. Fast verdoppelt hat sich seit 2020 jedoch der Anteil der Wähler:innen, die in keine der Parteien eine Mittelstandspartei sieht, und zwar auf 20 Prozent. Außerdem gebe es noch 14 Prozent "Weiß nicht"-Wähler:innen.

Weniger staatlicher Lenkung

Zu den weiteren Ergebnissen des Mittelstandsbarometers zählt, dass die Österreicher:innen 2024 im Gegensatz zur Umfrage in 2020 bezüglich staatlicher Lenkung als möglichen Weg aus der Krise mehrheitlich zu "weniger staatlicher Lenkung und mehr Orientierung auf den Mittelstand" tendieren würden. Nur ein Viertel habe dafür Verständnis, eher von Sozialleistungen zu leben als von einer Anstellung, 48 Prozent lehnten dies vehement ab. Die Befragten wollen auch mehr Transparenz bei der Verwendung von Steuern: Insbesondere würden frei einsehbare Ausgaben der öffentlichen Hand sowie eine Transparenzdatenbank von Förderungen an Unternehmen befürwortet. Auf dem Weg zum Wohneigentum sege die Bevölkerung Kostenexplosion, verfügbares Eigenkapital und Kreditkosten als größte Barrieren. Nicht von explodierenden Mieten betroffen zu sein und das Gefühl von Eigentum würden klar als Hauptmotive für das Anstreben von Wohneigentum gesehen, knapp gefolgt vom Motiv der Wertanlage.

Laut Lusak sehe ein Drittel der Befragten keine Mittelstandspartei. Die Kluft zwischen dem als Hauptleistungsträger anerkannten Mittelstand und der als Lobbying-Profiteure angesehenen Welt der Konzerne und Politik werde immer größer, so der Umfrageinitiator.

"Mitte braucht wieder mehr Luft"

Senat der Wirtschaft Vorstandsvorsitzender Hans Harrer sagte u.a., dass es höchste Zeit sei, dass die Politik aus ihrem Dornröschenschlaf erwache und die Bevölkerung endlich für eine Stärkung des Mittelstandes eintrete. "Denn, das Rückgrat und der Motor unserer Gesellschaft ist der Mittelstand, andernfalls riskieren wir nicht nur den Verlust von Arbeitsplätzen und Wohlstand, sondern setzen unsere Demokratie und den sozialen Frieden auf´s Spiel", so Harrer.

Karl Mayr, Chef der Fussl Modestraße, fordert leistbares Eigentum: "Die Mitte braucht wieder mehr Luft: Dazu gehört vor allem auch eine deutliche Steuerentlastung, damit sich die Menschen aus eigener Kraft Eigentum aufbauen können."

Was passiert mit dem verdienten Geld?

"Wenn der Mittelstand aus der Mitte verdrängt wird und keinen Platz mehr im politischen Entscheidungsprozess findet, verlieren alle an Wohlstand und die Wirtschaft ihr Rückgrat", fasst ÖGV-Präsident Peter Lieber die erhobenen Zahlen zusammen und fügte hinzu: "Die Bürger:innen wollen genauso wie die Unternehmen wissen, was mit ihrem hart verdienten Geld passiert und ob das für sie, für alle, gerecht ist."

LEADERSNET war bei der Präsentation. Fotos sehen Sie in der Galerie.

www.senat.at

www.lobbydermitte.at

www.gewerbeverein.at

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