BMW bringt seine erste Wasserstoff-Flotte nach Österreich

| Tobias Seifried 
| 28.09.2023

Der Münchner Autobauer setzt nach wie vor auf Technologie-Offenheit. Wirtschaftsminister Kocher sieht in der Wasserstoffstrategie eine Stärkung des österreichischen Standorts.

Zum ersten Mal fanden am 26. und 27. September 2023 die sogenannten "Hydrogen Days" bei der BMW Group Niederlassung Wien statt. Österreichische Industrieunternehmen darunter AVL, Wien Energie und natürlich die BMW Group, Bildungseinrichtungen wie die TU Graz sowie die Plattform Hydrogen Partnership Austria tauschten sich dabei mit Regierungsvertreter:innen aus. Im Fokus: Technologieoffenheit und der zentrale Beitrag von Wasserstoff zur Erreichung der Klimaneutralität Österreichs 2040.

Eine einzige Technologie reiche für Klimaziele nicht aus

Für den deutschen Autobauer, der für seine Technologieoffenheit bekannt ist, kann Wasserstoff eine Schlüsselrolle bei der Energiewende und somit beim Klimaschutz spielen. Er sei eine der effizientesten Möglichkeiten, erneuerbare Energien zu speichern und zu transportieren. Dieses Potenzial solle genutzt werden, um auch die Transformation des Mobilitätssektors zu beschleunigen, so die BMW Group. Weiters ist das Unternehmen der Meinung, dass Wasserstoff das fehlende Puzzleteil für emissionsfreie Mobilität sei. Eine einzige Technologie werde nicht ausreichen, um klimaneutrale Mobilität weltweit zu ermöglichen.

Auf der IAA Mobility 2023 in München präsentierte BMW Anfang September eine seriennahe Studie seiner "Neuen Klasse". Dabei handelt es sich um Fahrzeuge, die ab 2025 auf den Markt kommen und auf einer reinen Elektroplattform stehen (LEADERSNET berichtete). Der Hersteller hält aber auch an (mildhybridisierten) Verbrennern sowie Plug-in-Hybriden fest und treibt auch die Forschung und Entwicklung von Pkw mit Brennstoffzellenantrieb (Wasserstoff) voran. Bei Letzteren kooperiert man mit Toyota.  

"Wichtiger Schlüssel zur Transformation der Wirtschaft"

Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher sagte im Rahmen der Hydrogen Days: "Ein technologieoffener Ansatz ist ein wichtiger Schlüssel zur Transformation der Wirtschaft. Das umfasst auch den zielgerichteten Einsatz von Wasserstoff als Energieträger. In den vergangenen Jahren haben sich österreichische Betriebe und Forschungseinrichtungen in der Entwicklung und Produktion von wasserstoffbasierten Zukunftslösungen einen Technologievorsprung erarbeitet, den es zu stärken gilt." Die Stärkung der frühen Wasserstoffwirtschaft eröffne neue Möglichkeiten für nachhaltiges Wachstum und neue Beschäftigungsfelder, so Kocher.

"Die BMW Group unterstützt klar die Diversifizierung emissionsfreier Antriebsarten. Beim Wandel der Individualmobilität entwickeln sich die weltweiten Märkte sehr unterschiedlich. Wir sehen hier auch ein Potenzial für Fahrzeuge, die von einer Wasserstoff-Brennstoffzelle angetrieben werden. In Österreich sehen wir eine große Kompetenz in der Wasserstofftechnologie, das unterstreicht auch die Expertise der Unternehmen und Institutionen, die hier heute zusammengekommen sind", erklärt Klaus von Moltke, Geschäftsführer BMW Group Werk Steyr.

Umdenken gefordert

Den europäischen Ansatz, der den Einsatz von Wasserstoff auf die Anwendung in Bereichen mit hoher thermischer Energie fokussiert, sieht die BMW Group kritisch: "Im Hinblick auf Ladeinfrastruktur und Netzstabilität ist eine Diversifizierung der Zero-Emission Antriebe sinnvoll. Studien bestätigen, dass der Aufbau zweier sich ergänzender Infrastrukturen günstiger sein wird als der Aufbau einer einzigen Infrastruktur, die alle Herausforderungen allein bewältigen muss. Vor allem wird die Wasserstoffversorgung die Lastspitzen reduzieren und kann damit den notwendigen Ausbau des Stromnetzes verringern", so Jürgen Guldner, Programmleiter Wasserstofftechnologie, BMW Group.

Jürgen Rechberger, VP Hydrogen & Fuel Cell AVL ergänzt: "Klimaneutrale Mobilität ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Um die nachhaltige Wende zu schaffen, gilt es, alle Lösungen, die uns Richtung Net Zero CO2 bringen, miteinzubeziehen und sie dort zum Einsatz zu bringen, wo sie die größte Wirkung erzielen. Wasserstoff- bzw. Brennstoffzellentechnologien sind ein wichtiges Schlüsselelement im Technologiemix der Zukunft."

Kosten- und Infrastruktur als Achillesferse

Wasserstofffahrzeuge bieten laut Expert:innen mehrere Vorteile: sie sind lokal-emissionsfrei, erzielen eine hohe Reichweite bei einer kurzen Tankdauer von drei bis vier Minuten und aus ihrem Auspuff kommt nur Wasser. Damit sie jedoch wirklich sauber unterwegs sind, müssen sie mit "grünem Wasserstoff" betankt werden. Laut Kritiker:innen wird dieser aber auch in vielen Jahren nicht in dem Ausmaß zur Verfügung stehen, dass er für Pkw aufgewendet werden sollte. Sie plädieren daher für den Einsatz von H2 im Schwerverkehr, der Schifffahrt sowie in Flugzeugen und sehen bei Autos den batterieelektrischen Antrieb klar im Vorteil.

Selbst die Befürworter:innen sehen derzeit noch viele offene Baustellen. Was es für eine erfolgreiche Umsetzung brauche – so sind sich alle Expert:innen einig – ist eine flächendeckende Infrastruktur. "Wir wollen die nachhaltige Wasserstoffgesellschaft wesentlich voranbringen, denn wir sind überzeugt davon, dass grüner Wasserstoff Teil der Lösung für ein klimaneutrales Energiesystem sein muss", so Johannes Jungbauer, Leitung Abteilung erneuerbarer Wasserstoff, Wien Energie. Derzeit kann man in Österreich lediglich an fünf Orten Wasserstoff tanken. Diese befinden sich in Wien, Wiener Neudorf, Graz, Innsbruck und Asten. Zudem ist die Technologie noch recht teuer. In Österreich sind mit dem Toyota Mirai und dem Hyundai Nexo derzeit zudem nur zwei Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb erhältlich.

BMW-Pilotflotte in Österreich

Wenn es nach BMW geht, könnte jedoch bald ein weiteres Modell folgen. 2022 startete der Münchner Autobauer mit der Produktion der ersten Wasserstoff-Pilotserie auf Basis des SUV X5 - dem iX5 Hydrogen. Ende Februar 2023 kam die Testflotte weltweit auf die Straße - die unter 100 Fahrzeuge werden vorrangig in Europa, Japan, Korea, China, USA und dem Mittleren Osten eingesetzt. Das Ziel ist es, die Alltagstauglichkeit von Wasserstofffahrzeugen unter Beweis zu stellen und den Ausbau der Wasserstofftankstellen-Infrastruktur weiter zu fördern. Darüber hinaus will BMW dabei wichtige Erkenntnisse für die Entwicklung eines potenziellen Serienfahrzeugs gewinnen. Vier Fahrzeuge davon befinden sich nun im Einsatz in Österreich und werden in den nächsten Monaten für ausgewählte Stakeholder für Testzwecke zur Verfügung stehen.

Die technischen Daten klingen vielversprechend. So leistet der iX5 Hydrogen 295 kW (401 PS), verfügt über Wasserstofftanks mit einem Fassungsvermögen von sechs Kilogramm (gasförmig), beschleunigt in unter sechs Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und erreicht eine abgeregelte Höchstgeschwindigkeit von gut 180 km/h. Laut BMW kommt das Wasserstoff-SUV mit einer Tankfüllung bis zu 504 Kilometer (WLTP) weit.

www.bmw.at

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