"Ohne freiwillige Mitarbeiter wäre unsere Arbeit nicht zu bewältigen"

| Dejan Filipovic 
| 07.08.2023

Vor mehr als 20 Jahren hat Roswitha Zink das Therapiezentrum Lichtblickhof für schwer kranke Kinder mitgegründet. Im LEADERSNET-Interview gibt die Geschäftsführerin und Therapeutin Einblicke in ihre Arbeit und zeigt die Besonderheiten dieser Einrichtung. 

LEADERSNET: Sehr geehrte Frau Zink, der Lichtblickhof ist ein Therapiezentrum für Familien, deren Kind(er) von einer unheilbaren und lebensverkürzenden Erkrankung betroffen ist(sind). Doch was genau können wir uns darunter vorstellen? Was sind Ihre Grundprinzipien?

Roswitha Zink: Am Lichtblickhof wird möglich, was unmöglich scheint. Die Kinder und ihre Familien finden neben therapeutischer Begleitung einen Ort, an dem die Krankheit nicht im Vordergrund steht. Unabhängig von Prognosen und Diagnosen begleiten wir die Kinder und ihre Familien sehr individuell. Sie erleben Momente der Freude und Leichtigkeit, können zur Ruhe kommen und Kraft sammeln.

Unsere Therapietiere in ihrer unvoreingenommenen Art sind Türöffner, Seelentröster und therapeutische Wegweiser zurück ins Leben. Sie haben ein sehr feines Gespür für Körpersprache und Emotionen und ergänzen die unserer Therapeutinnen auf einzigartige Weise. Und sie stiften vor allem das wertvollste für Menschen mit unheilbarer Erkrankung: Würde und Sinn im Hier und Jetzt.

Wir bieten Therapie und Begleitung im ambulanten und stationären Setting an. Darüber hinaus gibt es Entlastungszeiten für die Eltern, wir beziehen Geschwisterkinder mit ein, haben zudem im Sommer Projektwochen auf unserem Hof in Niederösterreich und veranstalten mit unseren Jugendlichen Trekkingwochen. In unseren integrativen Gruppen wird gemeinsam am Hof gearbeitet und gekocht. Bei uns stehen die Kinder und ihre Bedürfnisse im Mittelpunkt. Wenn wir an Grenzen stoßen, finden wir Wege. So haben unsere Krankenbetten bspw. geländegängige Räder. Wir können also auch mit dem Krankenbett in den Pferdestall oder ins Kaninchengehege. In unseren Wohnungen zur Hospizbegleitung kommt das Therapiepferd bis ins Wohnzimmer, und wir sind auch schon mal mit Pferd in den Lift gestiegen!

Der Lichtblickhof soll ein sicherer Ort sein, an dem Zuversicht aber auch Trauer, Wut und Angst sein dürfen. Würde und Selbstbestimmung sind uns für unsere Kinder und ihre Familien ebenso wichtiger Wegweiser wie für unsere Tiere!

LEADERSNET: Wo liegt der Unterschied zu anderen gemeinnützigen Vereinen, die vielleicht ein ähnliches Konzept/Modell verfolgen?

Zink: Als spendenfinanzierter Verein stehen wir jedes Jahr vor der Herausforderung die notwendigen Mittel für unsere Arbeit zu bekommen. Das ist ein großer Druck und eine hohe Verantwortung. Gleichzeitig haben wir aber dadurch die Freiheit immer im Sinne unserer Kinder zu agieren. So müssen wir die Betreuung mit Erreichen der Volljährigkeit bspw. nicht beenden oder können sie im Falle von z.B. Rezidiven auch im Erwachsenenalter wieder aufnehmen.
Wir haben keine hohen Auflagen oder restriktive Aufnahmebedingungen, können niederschwellig und flexibel vor allem rasch in Krisen agieren.

LEADERSNET: Wie schauen die Pläne vom Lichtblickhof für 2023 und die (noch) weitere Zukunft aus?

Zink: Wir haben im letzten Jahr den großen Schritt gewagt und unser Angebot um unsere Wohnungen zur Hospizbegleitung erweitert. Den Bedarf dafür gab es schon lange, das Angebot wird umwerfend gut angenommen. Nach dem ersten Jahr sind wir nun dabei Abläufe anzupassen und die Wohnungen – soweit es unsere Ressourcen zulassen – ganzjährig auszulasten.

In näherer Zukunft geht es um die Stabilisierung dieser Angebotserweiterung und langfristig auch um eine Ressourcenerweiterung. Aktuell leistet das bestehende Therapeutinnen-Team das Mehr an Therapiestunden und Planungsaufwand. Darüber hinaus wären ohne freiwillige Mitarbeiter:innen die Arbeiten auf den beiden Höfen und auch die Hospizbegleitung nicht zu bewältigen.

LEADERSNET: Der nachhaltige und langfristige Erfolg vom Lichtblickhof braucht Unterstützung. Wie kann man den Verein unterstützen?

Zink: Der Lichtblickhof braucht vor allem finanzielle Unterstützung. Wir sind für jeden Beitrag dankbar. Regelmäßige Unterstützung und langfristige Kooperationen sind im Sinne der besseren Planbarkeit natürlich besonders wichtig. Wir haben sowohl unter den Privatspender:innen als auch bei den Firmenkooperationen langjährige Unterstützer:innen auf deren Schultern ruht der Lichtblickhof, aber es müssen langfristig mehr dieser besonderen Begleiter:innen werden.
Die angespannte wirtschaftliche Situation macht auch vor sozialen Vereinen nicht halt, wir brauchen mehr Wegbegleiter:innen, die gemeinsam mit uns Lichtblicke und Zuverlässigkeit für schwer kranke Kinder und Jugendliche schenken.

Freiwillige Mitarbeit ist für uns ebenso ein großes Thema. Wir sind in der Versorgung der Tiere, den Arbeiten am Hof, bei Projekten und rund um Veranstaltungen auf freiwillige Unterstützung angewiesen. Aber auch Professionist:innen, die uns ihr spezifisches Know-how und ihre Arbeitszeit zur Verfügung stellen sind wichtig.

Neben Zeitspenden sind auch Sachspenden eine große Hilfe. Hier gibt es von sehr einfachen Dingen, wie Lebensmittelgutscheinen, die wir zur Versorgung unserer Familien vor Ort verwenden können bis hin zu akutem Bedarf, wie einem neuen Geschirrspüler, eine sehr große Bandbreite.

LEADERSNET: Was kann die Geschäftsführerin/Therapeutin Zink von der Privatperson Zink lernen?

Zink: Die Familien, die ein Kind mit schwerer Erkrankung pflegen sind mir Vorbild und täglicher Anlass zur Demut! Es gibt nichts vergleichbares, dass Menschen zu übermenschlichen Leistungen anspornt und ich staune voll Hochachtung wie diese Familien ihr Schicksal meistern. Disziplin ist eine große Tugend, die ich täglich übe und an der ich wachse, sie ist der angestrebte Gegenspieler der wunderschönen tierischen Leichtigkeit, die mich und unsere Familien täglich mit Humor und Lebensfreude erfüllen. Es ist schon paradox, dass man von den Tieren Mitmenschlichkeit lernen kann: Aufrichtige Einfühlung und weniger urteilen, sanft mit sich und den Menschen sein, die alle ihre tragische Geschichte mit sich tragen!

Einen Eindruck von der Arbeit und vom Hof können Sie sich hier machen. 

Informationen zum Lichtblickhof und den Möglichkeiten, wie Sie helfen können, finden Sie unter: www.lichtblickhof.at

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