In Wien fand ein Gipfeltreffen zur Europäischen Energiesicherheit statt

Expert:innen sehen Europäisierung der Energiepolitik und Unabhängigkeit von Russland als wichtige Maßnahmen für Energiesicherheit und Standortstärkung.

Über 60 Unternehmer:innen nutzten die Gelegenheit, um über Lösungsvorschläge für ein gesichertes Europa mit Vertreter:innen der Europäischen Kommission und United Europe zu debattieren. Die Gesprächsrunde, die vom Senat der Wirtschaft im Haus der Europäischen Union in Wien veranstaltet wurde, setzte sich vor allem mit dem Thema des Ukraine-Krieges auseinander und wie sich dieser, auf die Preise und die Energiesicherheit innerhalb Europas auswirkt.

Russland setzt Gas bewusst als Waffe ein

Die Teilnehmer:innen waren sich einig, dass Russland den Handel mit Gas bewusst als Waffe einsetzt, vor allem um den europäischen Markt zu destabilisieren und somit Unsicherheit zu verbreiten. Deswegen muss ein gemeinsamer Weg gesucht und eine einheitliche Lösung gefunden werden.

"Die Energiekrise, welche sich aus dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ergeben hat, erfordert eine Europäisierung der Energiepolitik und eine Überwindung nationaler Egoismen", betont der Präsident von United Europe und ehemalige EU Kommissar, Günther H. Oettinger.

Koordinierter Ansatz

Dass es nur gemeinsam geht, weiß auch die Europäische Kommission. Sie will nun mit dem REPowerEU-Plan, einen koordinierten Ansatz ausarbeiten, der unter anderem dafür sorgen soll, dass die Gasreserven vor dem Winter aufgefüllt sind. Dass die Abhängigkeit von Russland allgegenwärtig ist, zeigt sich auch am Beispiel von Österreich. In den vergangenen Jahren bezog das Alpenland 80 Prozent seines Erdgases aus Russland. Ein Umstand der nur sehr langsam durch Diversifizierung abgebaut werden könnte. Der österreichischen Energieagentur zufolge könnte Österreich innerhalb von fünf Jahren auf Erdgas aus Russland, durch ein Zusammenspiel von mehreren Maßnahmen verzichten. Dezentrale Systeme mit Photovoltaik und Windenergie, SMART Grid, Energieeinsparungen und Diversifizierung der Versorgung und Produktion synthetischer Brennstoffe, alles Faktoren ohne die die Unabhängigkeit nicht gelingen soll. 

"Putins Gaserpressung geht zunehmend ins Leere. Denn Europa macht große Fortschritte dabei, von russischer Energie unabhängig zu werden. Der Anteil von russischem Pipeline-Gas an den Gesamtimporten der EU ist bereits von 41Prozent auf 7,5 Prozent gesunken. Wir setzen auf drei Ebenen an: Energieverbrauch reduzieren, Lieferquellen diversifizieren und Erneuerbare ausbauen," sagt der Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich, zu den aktuellen Entwicklungen, Martin Selmayr.

Ausbau erneuerbarer Energie beschleunigen

In Zukunft soll eine Beschleunigung und massive Ausweitung des Einsatzes von erneuerbarer Energie in der Industrie, im Verkehrswesen, der Erzeugung von Strom und im Gebäudesektor vonstatten gehen, um somit die Unabhängigkeit der Europäischen Union garantieren zu können. Das soll dem grünen Übergang Auftrieb geben und im Laufe der Zeit die Preise senken. 

"Wir als Europa haben über Jahrzehnte hinweg zugesehen, wie wir in der Energiefrage abhängig geworden sind. Wir haben uns in ungesunde Abhängigkeiten begeben. Jetzt ist es wichtig, dass wir die Chance erkennen: Wir müssen unser gesamtes Wirtschaftssystem, das auf fossilen Energieträgern basiert, auf erneuerbare umbauen. 100 Prozent Erneuerbare Energien und 0 Emissionen. Nur so lösen wir nachhaltig die Energie- und Klimakrise und bringen Europa in die Poleposition als prosperierenden Wirtschaftsstandort. Wir haben die Energieressourcen wie Wasser, Wind und Sonne in Europa und die Technologien, um energieunabhängig zu werden. Jetzt geht es um das Umsetzen", sagt Stephan Sharma, CEO Burgendland Energie.

Europäisierung der Energiepolitik

Beim Gipfeltreffen plädierte vor allem die EcoAustria Direktortin, Monika Köppl-Turyna, für eine einheitliche europäische Strategie und betont: "Die EU muss einen gemeinsamen Ansatz zur Energiesicherheit entwickelt, ihre Ressourcen bündeln und die strategische Priorität auf technologische Innovationen im Bereich der erneubaren Energien legen. Die Risiken einer geopolitischen Abhängigkeit sind nicht nur auf fossile Brennstoffe beschränkt. Ein wichtiger Schritt in die energiewirtschaftliche Unabhängigkeit wäre die Kooperation mit den globalen Technologie- und Handelspartnern". 

Wirtschaftsstandort retten

Nun muss gehandelt werden, um die Abwanderung der österreichischen Betriebe ins Ausland zu verhindern. Die Bundesregierung ist nun an der Reihe und muss noch bis Ende 2022 Aktionen zur Rettung des Wirtschaftsstandortes Österreich setzen.

"Die langfristigen (noch relativ günstigen) Energielieferverträge laufen mehrheitlich zum Jahresende aus. Welchen Preis Unternehmen in Österreich für Energie ab Jänner 2023 zahlen werden müssen ist kaum abschätzbar. Schon die Energierechnung für Jänner 2023 wird für viele ein Schock. Spätestens im März werden viele Unternehmen zusperren müssen, es sei denn sie sorgen jetzt schon vor durch: Anlage von erheblichen finanziellen Reserven (rechnen Sie mit einer mehr als Vervierfachung der jährlichen Energierechnungen), Anpassung der Preisstruktur der eigenen Produkte und Dienstleistungen (so man sich dies Wettbewerbsgefüge überhaupt leisten kann) und/oder Suche nach einem günstigeren Betriebsstandort", führt Hans Harrer, Vorsitzender des Senat Wirtschaft und führt weiter aus:
"Wir schlagen eine europaweite Subventionierung von Gastkraftwerken, finanziert durch eine zeitlich begrenzte staatliche Abschöpfung für „unethische" Zugewinne, als wichtigste staatliche Maßnahme vor. Aufgrund der Merit-Order würden die Strompreise generell fallen und allen helfen – den Haushalten ebenso wie den Unternehmen".

www.senat.at

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