"Wir erforschen die Wunder der Wissenschaft, um das Leben der Menschen zu verbessern"

LEADERSNET hat mit Wolfgang Kaps, Geschäftsführer Sanofi Österreich & Schweiz, u. a. über den neuen Markenauftritt, Umbrüche in Gesundheitsunternehmen, Fortschritte bei der Impfstoffentwicklung, hohe Entwicklungskosten bei Medikamenten, den Umweltschutz sowie den Pharmastandort Österreich gesprochen.

Sanofi ist ein global tätiges Gesundheitsunternehmen, dessen Team in mehr als 100 Ländern vertreten ist. LEADERSNET hat Wolfgang Kaps, Geschäftsführer Sanofi Österreich & Schweiz, zum Interview gebeten.

LEADERSNET: Womit ist Sanofi derzeit am meisten beschäftigt?

Kaps: Mit sehr vielen teils auch herausfordernden Themen. Lassen Sie es mich zusammenfassen: Speziell die letzten zwei Jahre haben viele Veränderungen mit sich gebracht. Unsere Branche ist aber grundsätzlich vom Wandel geprägt. Und als modernes Gesundheitsunternehmen wollen wir genau diese Umbrüche als Chance zu nutzen. Vor allem, weil die Menschen immer älter werden und damit die chronischen, umwelt- und altersbedingten Krankheiten zunehmen.

Deshalb legen wir den Fokus bei Sanofi auf die Immunologie und Onkologie; Krankheiten wie Asthma oder auch Krebs sind auf dem Vormarsch. Hier hat die Forschung in den letzten Jahren schon große Fortschritte gemacht. Aber es gibt dennoch noch viel zu tun! Die Präzisionsmedizin gilt als großer Hoffnungsträger. Sie ermöglicht eine zielgerichtete Behandlung von Patient:innen und eine Verbesserung der Lebensqualität.

LEADERSNET: Vor welchen Herausforderungen steht das Unternehmen derzeit?

Kaps: Ganz klar ist, dass der bewusste und achtsame Umgang mit unserem Planeten für die gesamte Wirtschaft eine Herausforderung darstellt. Hinzu kommen neue Themen im Gesundheitsbereich, die alle Lebens- und Politikbereiche betreffen: Neben der steigenden Lebenserwartung spielt auch hier die Digitalisierung eine wesentliche Rolle und bietet sowohl Chancen als auch Risiken. Und nicht zu vergessen die neuen Bedürfnisse in der Arbeitswelt, auf die wir reagieren müssen – und zwar gemeinsam.

Ich bin davon überzeugt, dass ein wesentlicher Schlüssel das Zusammenspiel aller Beteiligten ist! Innerhalb der letzten zwei Jahre sind alle Mitbewerber so eng zusammengerückt, wie ich es noch nie gesehen habe. Das ist großartig. Sanofi vertrat schon immer die Ansicht, dass man mit Kooperation mehr erreicht, als wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht. Das macht eindeutig Lust auf mehr!

LEADERSNET: Auf welche Meilensteine in der Entwicklung blicken Sie gerne zurück?

Kaps: Sanofi ist mit rund 150 Jahren auf dem Buckel schon eine erfahrene "Dame", die viele Highlights zu bieten hat. Zum einen hatten wir einen großen Anteil an der Ausrottung von Kinderlähmung. Zum anderen haben wir maßgebliche Therapiestandards bei Diabetes und Herzkreislauferkrankungen gesetzt.

Darüber hinaus hat auch unser Impfstoffbereich vor kurzem mehr Fahrt aufgenommen: Unser erklärtes Ziel ist es, innerhalb von acht Jahren die Impfstoffverkäufe mehr als zu verdoppeln – genauer gesagt bis 2025. Daher haben wir im Herbst das Biotechunternehmen Origimm Biotechnology GmbH übernommen; ein Wiener Unternehmen, dass auf Hautkrankheiten spezialisiert ist. Und auch bei den Kinder-Impfungen machen wir große Fortschritte. Die meisten Säuglinge durchleben die sogenannte RSV-Infektion – ein Virus, der die Atemorgane befällt. Wir haben einen neuen Impfansatz entwickelt, für den die Ergebnisse der klinischen Studien sehr positiv ausfallen: Die Daten zeigen, dass der Wirkstoff das Potenzial hat, einen RSV-Schutz für alle Säuglinge zu bieten und sie während der gesamten RSV-Saison mit einer einzigen Dosis zu schützen. Und das würde einen Paradigmenwechsel im Umgang mit dieser Krankheit darstellen.

LEADERSNET: Wie läuft es in diesen Krisenzeiten mit der Umsatzentwicklung?

Kaps: Wir nehmen unseren Auftrag, besser gesagt unsere Verpflichtung, gegenüber unseren Patientinnen und Patienten enorm ernst und haben auch in Zeiten wie diesen die Versorgungssicherheit stets gewährleistet. Das war in den vergangenen zwei Jahren nicht immer einfach. Ich denke, davon können viele Unternehmen "ein Lied singen". Und letztlich ist es auch unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu verdanken, dass Sanofi Österreich das vergangene Jahr mit einem Umsatz von 163 Millionen Euro abschließen konnte. Denn Sie sind es, die jeden Tag für die Patientinnen und Patienten im Einsatz sind.

LEADERSNET: Wofür steht eigentlich die neue Unternehmensmarke?

Kaps: Wir verstehen uns als ein modernes Gesundheitsunternehmen, und sehen uns vor allem in der Verantwortung, die Menschen dabei zu unterstützen, gesund zu werden oder überhaupt gesund zu bleiben. Dafür richten wir seit Ende 2019 unsere Transformation neu aus – mit dem klaren Fokus auf der Entwicklung von erstklassigen Therapien und Produkten für unsere Patientinnen und Patienten.

Seit Anfang dieses Jahres haben wir nun auch einen neuen Markenauftritt, mit dem wir ein starkes und sichtbares Zeichen für diese Modernisierung setzen. Und für alle, die es genau wissen möchten: Die lila Punkte des Logos stellen die wissenschaftliche Entdeckungsreise dar; angefangen beim Startpunkt, den Status quo zu hinterfragen, bis hin zum Heureka-Moment. Unser neues Leitbild könnte daher passender nicht sein: "Wir erforschen die Wunder der Wissenschaft, um das Leben der Menschen zu verbessern."

SanofiKrebsforschung an einem von vier Sanofi-Forschungsstandorten in Frankreich. © Vincent Fournier

LEADERSNET: Wie steht es um die Rahmenbedingungen bei Innovationen?

Kaps: Die Erforschung innovativer Therapien ist zeit- und kostenintensiv. Immerhin betragen die Entwicklungskosten eines neuen Medikaments im Schnitt 2,2 Milliarden Euro, die Entwicklung dauert durchschnittlich 13 Jahre und nur sehr wenige Arzneimittelwirkstoffe schaffen es letztlich auf den Markt. Sie ist allerdings nur dann möglich, wenn sich der Aufwand und das wirtschaftliche Risiko entsprechend decken.

Im primären Fokus der lokalen Politik stehen in diesem Zusammenhang meist ausschließlich die Gestaltung von Rahmenbedingen, um Österreich als attraktiven Forschungs- und Produktionsstandort zu positionieren. Ebenso wichtig wäre es, einen Fokus auch auf die Gestaltung und partnerschaftliche Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für die Medikamentenerstattung zu legen. Denn so kann ein rascher und adäquater Zugang für Patientinnen und Patienten gewährleistet werden. Allerdings haben sich die Regelungen und deren Auslegung in den letzten Jahren in Österreich eindeutig verschlechtert. Dies kann zur Folge haben, dass nicht alle innovativen Medikamente den Patientinnen und Patienten hierzulande zur Verfügung stehen. Hier gibt es dringenden Handlungsbedarf um, auch im internationalen Vergleich, nicht ins Hintertreffen zu geraten. Eine faire Preisgestaltung ist das Um und Auf, um Innovationen voranzutreiben und gleichzeitig leistbare Medikamente zur Verfügung stellen zu können.

LEADERSNET: Welche Rolle spielen Umweltschutz und Klimawandel in Ihrem Unternehmen?

Kaps: Unsere Umwelt spielt eine sehr große Rolle für uns! Ich denke, das versteht sich heutzutage von selbst. Wir wollen im Jahr 2050 netto CO2 neutral sein. Mit unseren großen Industrieanlagen, in denen wir produzieren, haben wir einen großen Hebel, zum Klimaschutz beizutragen. Es geht um Recycling oder darum, auf bestimmte Stoffe ganz zu verzichten, beispielsweise bei den Verpackungen. Wir sind bereits dabei, Tablettenverpackungen so herzustellen, dass sie frei von Kunststoff sind.

Und auch in Österreich tragen wir mit der Reduktion unserer Büroflächen dazu bei, den CO2-Verbrauch zu reduzieren. Darüber hinaus stellen wir unsere Firmenflotte bis zum Jahr 2030 auf Elektroautos um. Das gilt für das gesamte Unternehmen weltweit.

Mein Lieblingsprojekt ist allerdings der "Plan B", B wie Biene, das in einem unserer Werke in Frankfurt umgesetzt wurde. Hier betreuen Mitarbeiter:innen als Hobby Bienenstöcke, die im ganzen Werk aufgestellt wurden, und schlagen Honig. Damit setzen wir ein Zeichen für Biodiversität, die für uns als Arzneimittelhersteller eine wichtige Grundlage darstellt. Denn ein Löwenanteil der Grundlagen unserer Produkte basiert auf Naturrohstoffen. Wenn wir die Grundlagen schaffen, damit die Biodiversität erhalten bleibt, dann sind wir ein aktiver Teil dieses Systems, um unsere Umwelt am Laufen zu halten.

Sanofi UmweltschutzAuch Nachhaltigkeit spielt für Sanofi eine wichtige Rolle © Pierre Olivier/Capa Pictures

LEADERSNET: Welche Visionen prägen Ihr Handeln?

Kaps: Wie ich zu sagen pflege: Beim Reden kommen die Leute zueinander. Und wie sich während der Pandemie wieder deutlich gezeigt hat, sind Kooperationen von enormer Bedeutung. Nur so können wir die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zusammenführen und die besten Lösungen für Patientinnen und Patienten finden. Eines der jüngsten und besten Beispiele dafür ist Covid-19: Gerade in solchen Phasen gibt es Spielräume für Innovation. Im gemeinsamen Kampf gegen die globale Pandemie haben wir bei Sanofi zum Beispiel flexibel reagiert und über 100 Millionen Dosen des Covid-19 Vakzins in unserer hochspezialisierten Produktions- und Abfüllanlage in Hoechst bei Frankfurt für Biontech/Pfizer abgefüllt. Diese Kooperation ist das perfekte Beispiel, wie gute Zusammenarbeit funktionieren kann und soll. Denn letztlich geht es grundsätzlich immer um die Gesundheit unserer Patientinnen und Patienten.

LEADERSNET: Die Mitarbeiterzufriedenheit wird bei Ihnen immer wieder lobend erwähnt. Was sind die Eckpfeiler?

Kaps: Unser "Geheimnis" ist ganz einfach: Zuhören! In Österreich haben wir bereits vor Jahren, gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, neue Wege für einen zukunftsfitten Arbeitsplatz gestaltet. Das Ergebnis: Vor über zwei Jahren haben wir die Mobile Office-Policy erfolgreich integriert. Seither profitieren unsere Kolleginnen und Kollegen von flexiblen Arbeitszeiten und -orten innerhalb Österreichs. Diese neue Dimension der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben schätzen sie alle sehr!

Darüber hinaus versteht es sich für mich von selbst, dass wir unseren Ethik-Kodex leben und Gender-Balance als Managementziel verankert haben. Mittlerweile sind über 50 Prozent unserer Führungspositionen hierzulande von Frauen besetzt sind. Damit eilen wir der globalen Konzernvorgabe seit Jahren voraus, bis 2025 im Management einen Frauenanteil von 50 Prozent zu erreichen. Eine Win-Win-Situation für alle!

LEADERSNET: Stichwort "Pharmastandort Österreich" - Wie ist hier der Stand der Dinge? Wie liegt man im Europa-Vergleich?

Kaps: Sanofi ist weltweit in 70 Ländern vertreten. Dabei fokussieren wir uns auf die drei klassischen Regionen Nordamerika, Japan bzw. Asian Pacific und Europa. Und tatsächlich haben wir in Österreich einen der höchsten Versorgungsstandards in Europa. Zudem gibt es in Österreich hervorragend ausgebildete Arbeitskräfte, die ein großes Know-how mitbringen. Und genau diese Erfahrungen brauchen wir, um Außergewöhnliches für die Patientinnen und Patienten leisten zu können.

Nichtdestotrotz ist bei den Rahmenbedingungen noch Luft nach oben. Unter anderem hat die „Gesundheitsstudie" von accenture im vergangenen Herbst klar gezeigt, dass Österreich den Startvorsprung durch die Integration von ELGA nicht nutzen und an digitale Gesundheitsleistungen anknüpfen konnte. Auch die Telemedizin wurde gemäß der Studie ein wenig verschlafen, obwohl 60 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher Arzttermine gerne virtuell wahrnehmen würden. Und da bin ich wieder bei der Präzisionsmedizin – sie ist das Stichwort! Denn patientenorientiertes Denken ist das Um und Auf, um den Patientinnen und Patienten in Zukunft einen noch hochwertigeren, individuell zugeschnittenen Service bieten zu können. (red)

www.sanofi.at

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