"Krisenmanagement ist Teamarbeit"

Katharina Zeitlhofer, Vice President Corporate GRC I Group Accounting & Taxes bei Palfinger, erläutert im Interview, wie sie das Unternehmen durch die Covid-Krise navigiert hat, wie man Risikomanagement als Steuerungsinstrument einsetzt, was es mit dem Taskforce Setting auf sich hat und ob die Branche wirklich noch männerdominiert ist.

In Krisenzeiten lautet die Devise meist reagieren anstelle von agieren. Doch für (Industrie-)Unternehmen gilt es aus Krisen zu lernen, um für die Zukunft gewappnet zu sein und eine nachhaltige Resilienz zu entwickeln

LEADERSNET: In Zeiten von Krisen heißt es ja  für viele eher reagieren statt agieren. Wie stellt sich ein Unternehmen mit Krisenmanagerin an vorderster Front dieser Situation?

Zeitlhofer: Im Krisenmanagement geht es tatsächlich um schnelles Reagieren und Steuern. Damit man aber im Krisenfall richtig reagiert und effizient steuert, sollte man bestmöglich vorbereitet sein. Die Vorbereitung auf mögliche Krisen diskutieren wir im Risikomanagement. Damit ist ein gutes Risikomanagement die Basis zur Unternehmenssteuerung im Krisenfall.

LEADERSNET: Wie haben Sie Palfinger durch die Pandemie navigiert?

Zeitlhofer: Krisenmanagement ist Teamarbeit. In enger Abstimmung mit dem Vorstand und den relevanten Fachbereichen haben wir bereits Mitte Februar 2020 – also bevor es einen ersten Fall in Österreich gab – die Covid-19 Taskforce ins Leben gerufen. In Summe haben wir bereits in den ersten Monaten in der Taskforce mehr als 200 Maßnahmen konzipiert und implementiert. Ziel war immer, dass wir maximal handlungsfähig bleiben. Dabei war die Gesundheit unserer Mitarbeiter:innen immer oberste Priorität.

LEADERSNET: Proaktiv kommunizieren oder reagieren?

Zeitlhofer: Das eine bedingt das andere. Tritt der Krisenfall ein, gilt es schnell zu reagieren und das Team, die Organisation durch die Krise zu steuern. Dazu ist Kommunikation ein wesentlicher Schlüssel. Gerade in unsicheren Zeiten gilt es die richtige Information an die richtige Zielgruppe über den richtigen Kommunikationskanal zu bringen. Das haben wir bislang in der Covid Krise aber auch in der Cyberkrise gelernt und erfolgreich umgesetzt. Während in der Pandemie die Herausforderung war, Mitarbeiter:innen im Homeoffice zu erreichen, mussten wir in der Cyberkrise die Kommunikation über andere Kanäle sicherstellen.

LEADERSNET: Was sind die Do‘s and Dont‘s in Krisenzeiten?

Zeitlhofer: Gute Vorbereitung hilft in jedem Fall. Schnell und entschlossen zu entscheiden und dennoch flexibel zu bleiben. Entscheidend ist hier die enge Zusammenarbeit im Team, verlässliche Kommunikation und Vertrauen. Wichtig ist, die Krise zentral zu steuern, dabei aber lokale Gegebenheiten nicht zu vernachlässigen. So haben wir beispielsweise im Covid-Krisenmanagement eine zentrale Taskforce und lokale Taskforce Teams, die im ständigen Austausch miteinander stehen.

LEADERSNET: Wo werden die Riskmanager:innen bei Palfinger überall eingebunden?

Zeitlhofer: 
Grundsätzlich in alle Bereiche, in denen elementare Risiken identifiziert werden. Unsere Mitarbeiter:innen des Risikomanagements evaluieren gemeinsam mit den Verantwortlichen und Experten regelmäßig die wesentlichen Themen. Dabei geht es darum, Risiken transparent zu machen und strategische Entscheidungsprozesse zu verbessern. Der Prozess beginnt bei der Identifikation und Bewertung und schließt mit der Maßnahmendefinition und dem Umsetzungsmonitoring ab.

LEADERSNET: Wie setzt man Risikomanagement als Steuerungsinstrument in Krisen richtig ein?

Zeitlhofer: Risikomanagement definiert präventiv Maßnahmen, Prozesse und Strukturen, um auch im Krisenfall eine wirtschaftliche, sichere und effiziente Unternehmensführung zu ermöglichen.

LEADERSNET: Wo liegen in einem Unternehmen mit hoher Diversifikation und Internationalisierung die Hauptansatzpunkte für das Krisenmanagement?

Zeitlhofer: Wichtig ist eine hohe Sensibilisierung auf den Eintritt einer möglichen Krise und dann rechtzeitig in den Krisenmodus zu wechseln. Damit ersetzt eine Krisenorganisation bei PALFINGER die Regelorganisation. Als Krisenorganisation hat sich bei uns das Taskforce Setting bewährt, das auch im Zuge des Russland-Kriegs eingesetzt wird.

LEADERSNET: Was sind die größten Fehler, die man hier begehen kann?

Zeitlhofer: Nicht oder falsch zu kommunizieren, Experten nicht zu hören oder laufend die Richtung zu wechseln. Im Covid-Krisenmanagement waren wir von Anfang an mit unserem Stufenplan erfolgreich. An jede Stufe sind Maßnahmen geknüpft. Natürlich haben wir im Laufe der Zeit die Maßnahmen weiterentwickelt und angepasst, aber immer auf Grundlage des Stufenplans. Das schafft Klarheit in der Organisation und erleichtert die Umsetzung.

LEADERSNET: Wie hängen Risiko- und Krisenmanagement zusammen?

Zeitlhofer: Risikomanagement beschäftigt sich präventiv mit potenziellen Risiken und Krisen des Unternehmens. Tritt ein Risiko ein, das das Unternehmen in eine Krise stürzt, übernimmt das Krisenmanagement. Dabei gilt es, durch die Krise zu steuern, um Schaden möglichst gering zu halten. Risikomanagement arbeitet mit Weitblick und strategisch – Krisenmanagement operativ, mit schnellen Entscheidungen. Potenzielle Krisen werden im Risikomanagement in Szenarien analysiert und Handlungsmaßnahmen vorbereitet, nach der Krise laufen die Learnings wieder ins Risikomanagement zurück.

LEADERSNET: Welche Probleme standen und stehen in der Covid-Krise im Vordergrund?

Zeitlhofer: Das wichtigste war und ist immer die Gesundheit der rund 11.700 Mitarbeiter:innen zu schützen. Natürlich ist es als internationales Technologie- und Maschinenbauunternehmen essentiell die Produktion und Lieferfähigkeit aufrecht zu erhalten und damit Arbeitsplätze, Wirtschaftlichkeit und Liquidität zu sichern.

LEADERSNET: Ist es eher eine Ausnahme, dass eine Frau als Krisenmanagerin bei einem weltweit erfolgreichen Kran-Unternehmen tätig ist? Die Branche erscheint auf den ersten Blick noch immer recht männerdominiert?

Zeitlhofer: Sie nehmen in Ihrer Frage schon ein Stück der Antwort voraus… In meinem Team ist der Frauenanteil über 50 Prozent und wir arbeiten in allen Bereichen daran Diversität zu fördern. Qualifikation ist nicht durch das Geschlecht bedingt, aber Diversität im Team erzeugt Kreativität und bringt uns zu besten Ergebnissen.

LEADERSNET: Wie war ihr Erfolgsweg bis in die Position als Vice President Corporate GRC / Group Accounting & Taxes?

Zeitlhofer: Ich habe ein Wirtschaftsstudium abgeschlossen und war lange Zeit bei KPMG im Bereich Audit & Advisory tätig. In dieser Zeit habe ich viel Erfahrung in unterschiedlichen Bereichen und verschiedenen Branchen gesammelt. Mein Fach-Know-How habe ich durch die Steuerberater- und Wirtschaftsprüferprüfung vertieft. Seit 2012 bin ich bei Palfinger in unterschiedlichen leitenden Funktionen tätig.

LEADERSNET: Was waren die größten Meilensteine auf dem Weg dorthin?

Zeitlhofer: 
Ein persönlicher Meilenstein in meiner Karriere war sicherlich ein spannendes Projekt für ein Luxusresort auf einer Insel im Südpazifik. Die Herausforderung bestand darin in einem interdisziplinären und interkulturellen Team ein höchst anspruchsvolles Bauprojekt umzusetzen. Meine Aufgabe bestand in der Steuerung der Finanzthemen und -prozesse und Abstimmung mit dem Eigentümer.

Fachlich hat mich die Teilprojektleitung eines Finance Transformation Projekts für einen führenden globalen Industrie- und Technologiekonzern geprägt sowie auch die Verantwortung und Leitung der globalen Audits der Palfinger Standorte. Spannend war hier insbesondere Prozesse kennen zu lernen, gemeinsam im Team Standards zu entwickeln und ein internationales Netzwerk im Konzern aufzubauen.

LEADERSNET: Führen Frauen anders als Männer?

Zeitlhofer: Pauschal würde ich das mit Nein beantworten. Führungsstil liegt meines Erachtens nicht am Geschlecht, wohl aber an der Persönlichkeit. Mir persönlich ist wichtig, dass meine Mitarbeiter:innen Perspektiven, klare Ziele und dann viel Freiraum haben, ihren Aufgabenbereich gestalten zu können. Ich sehe mich als Enabler und Sparring Partner für meine Mitarbeiter:innen und insbesondere für mein Führungsteam. Dabei ist wichtig, gemeinsam und auf Augenhöhe zu lernen, Fehler machen zu dürfen und gemeinsam daran zu wachsen.

LEADERSNET: Wie kann ein Unternehmen wie Palfinger nachhaltige Resilienz entwickeln?

Zeitlhofer: In erster Linie braucht es ein solides wirtschaftliches Fundament. Gemeinsame Vision und Ziele, mit denen sich Mitarbeiter:innen identifizieren können und ein gemeinsames Wertebild – eine Unternehmenskultur, die verbindet. (jw)

www.palfinger.com

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