Plan B statt Print-Apokalypse: Österreichs Medienhäuser setzen auf neue Strategien

Die jüngsten ÖAK-Zahlen zeigen auf teils explosionsartiges digitales Wachstum und ein Auf und Ab in Sachen Auflagen.

Am Mittwoch wurde die Jahresbilanz der Österreichischen Auflagenkontrolle, und ein erster Blick auf die darin enthaltenen Zahlen und Fakten zeigt, dass heimische Medien immer mehr auf der digitalen Welle surfen und ihre Auflagen-Strategien neu ausrichten.

Aber auch die immer wieder zu vernehmenden Prophezeiungen der Print-Apokalypse widerlegt der Inhalt des ÖAK-Berichts. Beinah durch die Bank in allen Kategorien – Kauf-Wochenzeitungen und wöchentliche Kauf-Magazinen ausgenommen – geben bei einem lebhaften Auflagen-Auf und Ab im Jahresvergleich starke Lebenszeichen von sich.

VGN: TV-Media und Woman im Online-Aufwind

In der ÖAK-Bilanz zum zweiten Halbjahr 2018 und im Jahresschnitt wirkt sich die Repositionierung der Verlagsgruppe News (VGN) schlagend aus. Hier stechen besonders die beiden VGN-Zugpferde TV-Media und Woman hervor. Das wöchentliche Fernsehmagazin vermeldet einen 13-fachen Anstieg bei E-Paper-Abos als im Vorjahr. Das 14-tägige Lifestylemagazin mit Fokus auf die weibliche Zielgruppe verbucht elfmal mehr, allerdings ist hier das Wachstum in Relation zu vergleichsweise überschaubaren Ausgangswerten 2017 zu sehen. – 1.454 beziehungsweise 1.222 Stück auf nun ansehnliche 18.575 und 13.133 Stück. TV-Media brachten die digitalen Zuwächse immerhin rund zehn Prozent Aboplus auf insgesamt 110.090, auch die Woman-Abos legten um 3.072 auf 71.224 zu. 

"Wir haben 2018 neben unseren Print-Abo-Aktionen auch unseren bestehenden und ehemaligen Abonnentinnen und Abonnenten verstärkt das E-Paper angeboten. Davon machen immer mehr Leserinnen Gebrauch, weil sie damit auch Freundinnen oder Familie mit unseren Heften versorgen können. Der angebotene Mehrwert für die Leserinnen zählt doppelt", erklärt Woman-Herausgeberin Euke Frank das kräftige E-Paper-Wachstum gegenüber dem Standard

Die anderen, abomäßig schwächeren VGN-Produkte punkten im Vergleich allerdings generell im Digitalbereich, hier holten die beiden Zugpferde nun auf. So kann man etwa bei News von beinah 12.000 E-Paper-Abos bei 55.709 Abos insgesamt und noch 81.743 Stück Verkaufsauflage sprechen, Profil weist exakt 12.500 E-Paper-Abos bei 43.333 Abos insgesamt und 61.095 verkauften Heften aus. Der Trend kommt auf knapp 9.500 E-Paper-Abos bei 28.539 insgesamt. Vereint weisen die wöchentlichen Titel der VGN unverändert eine Auflage jenseits der halben Million auf. 

Tages-Titel reiten auf der E-Paper-Welle

Auch bei den Tageszeitungen zeigt die ÖAK-Bilanz für 2018 teilweise enormes Wachstum im E-Paper-Segment. So konnten die Oberösterreichischen Nachrichten (ÖN)  ihre E-Paper-Abos beispielsweise mehr als verdoppeln (von 2.119 auf 5.410), und auch die Salzburger Nachrichten (SN) legten hier von 5.330 auf 9.043 deutlich zu. Kleine Zeitung, Kronen Zeitung und Kurier steigerten ihre E-Paper-Abos jerweils um rund ein Viertel. Die Kleine Zeitung von 20.161 auf 25.935, die Krone von 15.990 auf 20.576 und der Kurier von 4.281 auf 5.863 Abos. Die Kronen Zeitung verkauft trotz rückläufiger Werte noch immer mehr Exemplare im bezahlten Abo: 597.886 Abonnements weist sie im zweiten Halbjahr aus, 482.451 davon voll bezahlt. Die Verkaufsauflage der Kronen Zeitung lag im zweiten Halbjahr bei 691.141 Stück im Schnitt von Montag bis Samstag. 

Horst Pensold, Leiter Sales & Services bei MediaPrint, kommentierte in ersten Aussendungen der Medien die Ergebnisse für Krone und Kurier. "Dem Rückgang der Printauflage steht ein anhaltend starkes Interesse an unseren digitalen Produkten gegenüber. Rund 40 Prozent Plus beim E-Paper (sowohl bei Krone als auch Kurier) zeigt, dass unsere Leser die digitalen Erweiterungen annehmen und nutzen. Wir werden diesem Trend weiter Rechnung tragen und unsere Services dahingehend weiterentwickeln", so der Medien-Insider. 

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Interessant zu beobachten sind die unterschiedlichen Taktiken der Medien wie beispielsweise Auflagenrochaden, die man aus dem aktuellen ÖAK-Bericht herausinterpretieren kann. So scheinen manche Auflagen bewusst gesenkt worden zu sein, um sich am Ende des Tages an einer ergiebigeren Kosten-Nutzen-Rechnung erfreuen zu können. So reduzierte doe Kronen Zeitung rbeispielsweise ihre Sonntagsauflage, die Krone bunt, mit minus vier Prozentpunkten interessanterweise in proportional weit größerem Maß als die Wochentagsauflage. Der Kurier wählt die Gegenrichtung und reduzierte seine verbreitete Auflage unter der Woche, hielt dafür aber die Sonntagsausgabe annähernd stabil. Die Presse legte bei E-Paper-Abonnements von 9.795 auf 12.266 zu, der Standard hält im Jahresschnitt 2018 bei 7.067 E-Paper-Abos nach 6.850 im Vorjahr. Der Gesamt-Abostand 2018 des Standard lag bei 50.858 Abonnements, die Verkaufsauflage bei gesamt 56.016 Stück im Jahresschnitt. An dieser Stelle anzumerken ist, dass keine dieser Zahlen weder Einfluss auf Position noch Ranking auf dem Kauf-Tageszeitungsmarkt hatten.

Alles beim Alten bei Gratis-Tageszeitungen

Im zweiten Halbjahr 2018 weist die ÖAK nach Umstieg in die jeweiligen Gratis-Kategorien erstmals zwei Tageszeitungen aus Fellner's Hause aus, was einen konkreten Ganzjahresvergleich in dieser Bilanz nicht möglich macht. ( Die Gratisausgabe von Österreich wurde Ende Juni 2018 in Oe 24 umbenannt, die Kaufversion bleibt , Anm. d. Red.) Das hält die Mediengruppe nicht davon ab, sich in der Eigenwerbung neuerlich an ihrer ÖAK-Meldung für Wien zu erfreuen. Sie weist 338.219 Exemplare (Montag bis Freitag) für Österreich und Oe 24 im zweiten Halbjahr im hauptstädtischen Gratisvertrieb aus. Die direkte Konkurrenz der Dichands, Heute,  kommt hier auf 324.244 Exemplare, verweist jedoch in der Heute-Eigenwerbung höchstwahrscheinlich auf ihre Gesamtverbreitung. Hier gibt die Gratiszeitung 541.218 Stück im Gratisvertrieb (Montag bis Freitag) gegenüber 503.311 bei Österreich bzw. Oe 24 an. Ungeachtet des zugegebenermaßen aktuell stiller weiter geführten Zahlenkriegs der beiden Tagesmedien bleiben die Regionalmedien Austria unangefochtener Auflagenkaiser: mit 3,34 Millionen Exemplaren führen die RMA das Gratis-Ranking mit großem Abstand an. 

Gute Nachrichten für Wochentitel und Monatsmagazine

Ein Blick auf die Wochentitel verrät nichts neues: Die Ganze Woche verteidigt ihren Status als meistverkaufter Wochentitel bei vergleichsweise zarten Rückgängen souverän. Noah Falks Wochenmedium wird mit im zweiten Halbjahr 289.427 Exemplaren größtenteils im Einzelverkauf abgesetzt. Analog die Verhältnisse bei den Monatstiteln, hier bleibt Servus in Stadt und Land aus dem Red Bull Media House, das seine Position bislang gänzlich ohne E-Paper bestreitet, mit 110.487 Heften Ranking-Anführer – ebenfalls mit geringen Rückgängen.

Auch im Segment der Kauf-Monatsmagazine gibt es durchaus positive Neuigkeiten: Von elf Titeln konnten fünf – die Autorevue, Gewinn, Alles Auto, Welt der Frauen und Lust aufs Leben – ihre Auflagen im Jahresvergleich steigern. (rb)

www.oeak.at

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