„Das Topmanagement nimmt zunehmend Sparring in Anspruch"

Coaching-Expertin Aumaier im Interview über Work-Life-Balance, das Eingestehen von Schwächen und für wen Coaching eigentlich Sinn macht. 

Führungskräfte sind  durch die immer dynamischeren und komplexeren Themenstellungen so stark gefordert, dass es zu emotionalen Belastungen, Themenüberflutungen und ungesunden Stresserscheinungen kommen kann.  Parallel dazu steigern sich kontinuierlich die anspruchsvollen Erwartungen der Mitarbeiter und Chefs an einen wirksamen Führungsauftritt mittels einer gewinnenden, selbstsicheren und überzeugenden Persönlichkeit. Hier setzt  Veronika Aumaier, Gründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der Aumaier Coaching Consulting GmbH an. Im leadersnet-Interview erklärt die Expertin, wer sich ein Coaching gönnen soll, Krisen- und Change-Management als Nährböden und warum Coaching bald einen  "Benefit-Charakter" erhalten wird.

leadersnet: Was braucht ein guter Coach? Welche besonderen Stärken muss er aufweisen?

Aumaier: Aus meiner Sicht benötigt ein guter Coach mehrjährige eigene Führungserfahrung, um die Anforderungen der KundInnen zu kennen. Coaches, die einen Human Ressource-Hintergrund haben, sind besonders prädestiniert, weil sie Organisationswissen haben und state-of-the-art Führungs-instrumente beherrschen. Ein Business Coach kennt idealerweise auch unterschiedliche Branchen und Unternehmenskulturen. Akademische Ausbildungen, um Spezialwissen aus einem Bereich auch theoretisch untermauern zu können, und systemisch-lösungsorientierte Coachingausbildungen sind außerdem eine ideale Ergänzung. Mindestens genauso wichtig ist aber die Persönlichkeit. Man braucht Empathie, um sich in die Lage der KundInnen versetzen zu können, ausgezeichnete Zuhörqualitäten und hohe Kontaktfähigkeit, um schnell eine Vertrauensbasis für die Coachingarbeit herstellen zu können. Gleichzeitig ist ein guter Coach professionell distanziert, um kritisch hinterfragen und zu Perspektivenwechsel einladen zu können. Von Vorteil ist, wenn ein Coach die Fähigkeit hat, den „Finger in die Wunde zu legen“, um die KundInnen aus ihrer Komfortzone zu holen, zum Reflektieren einzuladen und die persönliche Weiterentwicklung zu unterstützen.

leadersnet: Wer benötigt heutzutage Coaching, wo sind die Zielgruppen zu finden? Wer kann und sollte sich ein Coaching leisten?

Aumaier: Coaching wird von den unterschiedlichsten Managementzielgruppen in Anspruch genommen:  Junge Führungskräfte bis Mitte 35 lieben Coaching, weil es schnell, effektiv und am Punkt ist. Sie nützen es für Inputs, Praxistransfer und Reflexion und sehen es als Ergänzung sowie Begleitung zu Führungskräfteseminaren. Diese Zielgruppe wird in Konzernen üblicherweise von der HR-Abteilung bedient, die über einen Coachpool verfügt aus dem sie der einzelnen Führungskraft einen Coach empfiehlt.

Das erfahrene Mittelmanagement bis Ende 40 schätzt eine kontinuierlichere Begleitung mit einem breiten Themenansatz: Organisation, Beziehung sowie persönliche Themen oder Gesundheitsprävention. Ihnen sollte eine eigenständige kontinuierliche Auswahl aus dem Coachpool ermöglicht werden. HR sollte hier lediglich den Rahmenvertrag aushandeln.

Das Topmanagement nimmt zunehmend Sparring in Anspruch: ein regelmäßiger Austausch mit einem Coach, dem kritisches Hinterfragen auf Augenhöhe erlaubt ist, der andere Perspektiven einbringt und so Handlungsmöglichkeiten erweitert. Wir bieten für diese Zielgruppe mit dem Aumaier Coaching Club unlimitierte, exklusive Coachings zu einer monatlichen Flatrate. Die KundInnen können via Internet ihre Coaches diskret und direkt zu den unterschiedlichen Themen buchen: Organisation, Beziehungsmanagement, Persönlichkeit und Gesundheit.

Sehr zurückhaltend hingegen sind derzeit noch GeschäftsführerInnen von KMUs. Sie nehmen traditionell eher Beratung in Anspruch. Dabei ist die Zielgruppe in der Unternehmerrolle sehr gefordert und hat üblicherweise keine professionellen AustauschpartnerInnen im betrieblichen Umfeld. Meine Empfehlung: Ein externer Coach wäre hier ideal.

leadersnet: Wird Coaching noch immer als "Eingeständnis von Schwächen" angesehen?

Aumaier: Ja, gerade im Topmanagement herrscht diese Meinung noch vor. Es ist bis dato üblich, sich als TopmanagerIn stark, überlegen, entscheidungsstark und unerschütterlich zu zeigen. Um diesen Anforderungen aber auf Dauer gerecht werden zu können, ist es empfehlenswert, vertrauensvoll einen Zugang zu professionellen Coaches zu haben. Aufgrund der sehr knappen Zeitressourcen im Topmanagement bieten wir sogenannte „C-Days“: Tage, an denen unterschiedliche Coaches mit den TopmanagerInnen kompakt und effektiv zu diversen Themen und Fragestellungen arbeiten.

leadersnet: Führt eher der individuelle Bedarf von Führungskräften zum Coaching oder wird es auch als Instrument allgemeiner betrieblicher Weiterbildung angenommen?

Aumaier: Bisher wird Coaching vor allem als Instrument für den individuellen Bedarf gesehen und genutzt. Gängige Beispiele sind etwa das Coaching für neue FunktionsträgerInnen im Zuge einer Neubesetzung, für Schlüsselpersonen mit wichtigen Restrukturierungsaufgaben oder für Führungskräfte, die sich weiterentwickeln wollen.

Coaching als allgemeines, betriebliches Weiterbildungsinstrument ist hingegen noch relativ neu, aber im Kommen. Es kann, gerade bei erfahrenen Führungskräften, bisher übliche Führungskräfteprogramme ablösen, da es größere Effektivität und Nachhaltigkeit bietet. Wir haben dafür u.a. ein spezielles Setting entwickelt: den „Coaching Cycle“. Er bietet Führungskräften die Möglichkeit, programmatisch an Einzelcoachings zu einem bestimmten Thema, wie beispielsweise Change-Vorhaben, teilzunehmen. Die Einzeltermine werden dann innerhalb eines definierten Zeitraumes mit unterschiedlichen Coaches zu unterschiedlichen Anforderungen zum Thema Change, abgehalten.

leadersnet: Wo liegen die Schwerpunkte Ihres persönlichen Engagements in diesem Bereich?

Aumaier: Unsere Leidenschaft bei Aumaier Coaching|Consulting liegt darin, die Leistungsstärke von Führungskräften dauerhaft zu sichern, indem wir sie inhaltlich, physisch, emotional und mental unterstützen. Wir entwickeln dafür maßgeschneiderte, innovative und zielgruppenorientierte Coachingformate, die nachhaltig und effektiv sind. Wir sind derzeit die Einzigen, die Derartiges anbieten. Für das Topmanagement haben wir den Aumaier Coaching Club entwickelt: 12 Monate Einzelcoaching mit monatlicher Flatrate, diskret und unlimitiert online buchbar, mit insgesamt 9 Coaches zu unterschiedlichen Themenschwerpunkten. Dem Mittelmanagement bieten wir mit dem Coaching Cycle ein strukturiertes Coachingprogramm mit 3 wechselnden Coaches, das wir in diesem Jahr auch als Pop-up-Format an verschiedenen Orten anbieten. Und wir bieten exklusiv für den C-Level in Kürze die C-Days an.

leadersnet: Hat der zunehmende Bedarf auch mit Work-Life-Balance zu tun?


Aumaier: Der zunehmende Coachingbedarf hat mit der Geschwindigkeit, Globalisierung und Komplexität unserer Wirtschaftswelt zu tun. Diese stehen im Zusammenhang mit Work-Life-Balance. Denn einerseits rufen die technischen Kommunikationsmittel wie E-Mail und Smartphones sehr schnell das Gefühl einer 24/7-Erreichbarkeit hervor, andererseits löst das Arbeiten in virtuellen, globalen Teams mit unterschiedlichen Zeitzonen klassische Nine-to-Five-Jobs auf. Das Alles und die generelle Volatilität der Wirtschaft heute erfordern hohen Energieeinsatz und Belastbarkeit. Coaching ist eine sehr nützliche Unterstützung, um dies dauerhaft erfolgreich zu managen.

leadersnet: Sind auch die oft beschworene Krisen und Change-Management Nährböden für den Bedarf?

Aumaier: Ja, denn sie erfordern oftmals schnelle Entscheidungen, die weitreichend und schwerwiegend sind und aufgrund der Komplexität der Themen und Fragestellungen sowie der unsicheren Rahmenbedingungen oft schwer zu erkennen und zu treffen sind. Coaching unterstützt dabei, komplexe Themen zu klären, zu strukturieren, aufzuarbeiten und entscheidungsreif aufzubereiten. Das hilft, gedanklich auch mal „aufgeräumt“ zu sein. Führungskräfte brauchen gerade in Krisen- und Change Management-Zeiten zunehmend Coachingmethoden, die emotional und mental ausreichend entspannen. Denn sie haben Andere mit ihrem Mut, Zuversicht und Optimismus anzustecken. Sport und gesunde Ernährung sind eine wichtige Ergänzung, schaffen aber mittlerweile alleine den notwendigen Ausgleich nicht mehr.

leadersnet: Wie sieht die Zukunft des Coachings aus?

Aumaier: Coaching wird sich als Begleitmaßnahme für das Topmanagement und das Senior-Management etablieren. Es wird nicht mehr als Qualifizierungsmaßnahme oder gar „Reparaturmaßnahme“ von Defiziten verstanden werden. Es wird einen selbstverständlichen "Benefit-Charakter" erhalten so wie ein Handy, ein Laptop, ein Firmenauto etc. Es werden sich Coachingnetzwerke bilden, die die gesamte Vielfalt der Organisations-, Beziehungs- und Persönlichkeitsthemen abdecken können. Und es wird über die technologische Entwicklung von bspw. Virtual Reality ortsungebunden werden.

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