Interview mit Gerald Heerdegen
"Aber ich tue es, weil ich daran glaube – das Wichtigste ist die Menschlichkeit"

Gerald Heerdegen ist CEO bei Fahnen Gärtner. Im Interview spricht er über den Produktionsstandort Österreich, den Einfluss von KI sowie die Bedeutung von Nachhaltigkeit und Menschlichkeit.

LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Heerdegen, Fahnen Gärtner feiert bald 80. Jubiläum. Welche Entwicklungen hat Ihre Branche in den vergangenen Jahren hingelegt? Was sehen Sie negativ, was positiv?

Gerald Heerdegen: Es ist immer ein Zusammenspiel aus Positivem und Negativem. Die technische, aber auch die Marktentwicklung als Ganzes ist positiv zu sehen, weil hier viel Neues in Bezug auf Nachhaltigkeit und im Digitaldruck geschieht. Das Negative sind die allgemeinen Wirtschaftsthematiken: die Tendenz, günstige Produkte aus dem Ausland zu kaufen in Kombination mit hohem bürokratischem Aufwand und zu hohen Material- und Personalkosten in Österreich.

LEADERSNET: Was glauben Sie, muss sich verändern, damit ihre Branche weiterhin Bestand hat?

Heerdegen: Es geht natürlich um Services, Dienstleistungen, aber auch um die Kund:innen und ihre Wünsche – also Themen, bei denen wir es einfach besser machen können, damit der Wert nicht nur mehr am Produkt, sondern auch in anderen Bereichen gesehen wird. In Europa waren wir schon immer gefordert, vor allem technisch führend zu sein, denn den Preiskampf werden wir nie gewinnen. Außerdem ist es wichtig, nicht nur über Veränderungen zu sprechen, sondern sie auch zu leben.

LEADERSNET: Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit bei all dem?

Heerdegen: Wir sind schon über 15 Jahre in diesem Bereich aktiv, weil wir generell eine soziale, nachhaltige Kultur intern haben. Wir arbeiten unter anderem mit neuen Stoffen, Recyclingmaterialien und bieten einen Reparaturservice an. Was jetzt neu dazu kommt, sind chemische Recyclingverfahren, um wirklich aus Stoff wieder Stoff zu machen.

LEADERSNET: Wie viel Einfluss hat die Digitalisierung und besonders der Einsatz von KI auf Ihre Branche?

Heerdegen: Besonders im Bereich der Werbung hat KI einen starken Einfluss. Da der Einsatz, meiner Meinung nach, mit Blick auf Datenbearbeitung und Kundenansprache, große Chancen bietet, zielgerichteter an die Kund:innen heranzutreten. Dennoch dürfen wir uns nicht nur auf das Digitale konzentrieren. Das Wichtigste ist die Menschlichkeit. Ja, es kostet Geld und schmälert die Gewinne. Aber am Ende des Tages bleiben zufriedene Mitarbeiter:innen und ein ruhigeres Gewissen.

LEADERSNET: Welche Herausforderungen, aber auch Möglichkeiten ergeben sich dadurch?

Heerdegen: Es geht um eine Kombination aus digitalen und physischen Werbemitteln und darum, möglicherweise über die KI einen neuen Zugang zu finden. Das ist auch gleichzeitig die Herausforderung.

LEADERSNET: Wie schwierig ist es heutzutage, seinen Standort in Österreich zu haben?

Heerdegen: Unsere Mitbewerber:innen sitzen in China oder im günstigen europäischen Ausland wie Kroatien, Polen, Ungarn oder Tschechien. Das ist ein Problem, denn die gestiegenen Material-, Personal- und Energiekosten, aber auch die Inflation, sorgen für massive Preisanstiege. Es ist schwierig, den Standort Österreich als Produktionsbereich aufrecht zuhalten in Anbetracht der preiswerten Konkurrenz. Aber es ist eines meiner größten Ziele. Ich bin momentan sehr gefordert und geprüft, weil ich nicht mehr alles in Österreich produzieren kann.  Die größte Problematik ist also, mit dieser hohen Werteorientierung als Unternehmer zu agieren. Aber ich tue es, weil ich daran glaube.

LEADERSNET: Haben europäische Erzeugnisse generell eine Zukunft?

Heerdegen: Das österreichische Produkt ist teurer. Wir müssen es schaffen, den Kund:innen den Mehrwert, der in den regionalen Produkten steckt, begreifbar zu machen. Denn wir müssen uns die Frage stellen, ob es uns langfristig nicht mehr kostet, wenn wir die heimische Wertschöpfung für kurzfristige Gewinnmaximierung verlieren. Genau davon müssten wir die Kund:innen überzeugen. Wir leisten unseren kleinen Beitrag dazu, um etwas besser in der Welt zu machen. Und ich denke, wir machen das jetzt seit vielen Jahren sehr gut. 

www.fahnen-gaertner.com

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