"Wir brauchen Resilienz auf allen Ebenen"

Valerie Höllinger, CEO von Austrian Standards, und Doris Pulker-Rohrhofer, Technische Geschäftsführerin des Hafen Wiens, sprechen im LEADERSNET-Interview über modernes Management.

LEADERSNET: Frau Höllinger und Frau Pulker-Rohrhofer, Sie sind beide in führenden Management-Positionen. Die Zeiten sind herausfordernd. Welchen Managementstil benötigt es momentan?

Höllinger: In der Standardisierung braucht es viele kluge Köpfe, um erfolgreich zu sein und ein gutes Produkt auf den Markt zu bringen. Denselben Anspruch habe ich auch an Führung. Ich bin der Meinung, gewinnen können wir nur im Team.

Meine Kolleginnen und Kollegen können nur gute Ergebnisse erbringen, wenn sie den Rahmen kennen. Dabei geht es mir um die Schaffung einer gemeinsamen Zukunftsvision, hinter der wir alle stehen. In den aktuell herausfordernden Zeiten sehe ich meine Aufgabe auch darin, die Resilienz meiner Kolleginnen und Kollegen zu fördern und zu stärken.

Pulker-Rohrhofer: Ich sehe es als meine Aufgabe, für Klarheit und Kontext zu sorgen. Ich pflege einen kooperativen Führungsstil und arbeite eng mit meinen Führungskräften zusammen. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen mit Kreativität und Engagement die bestmögliche Leistung erbringen. Wenn es eine Letztentscheidung benötigt, liegt die Verantwortung natürlich bei mir.

LEADERSNET: Frau Pulker-Rohrhofer, wie fördern Sie das Empowerment bei Ihren Mitarbeiter:innen?

Pulker-Rohrhofer: Wertschätzung und Loyalität sind zwei wesentliche Werte, um Stärken zu aktivieren. Bei größeren Projekten ist mir Teamarbeit und bereichsübergreifendes Arbeiten sehr wichtig. Ich habe in den letzten Monaten gelernt, dass Flexibilität und Resilienz gelebt werden müssen. Das gelingt umso besser, wenn man breit und divers aufgestellt ist.

LEADERSNET: Frau Höllinger, was haben Sie in den letzten Monaten gelernt?

Höllinger: Viel! Und ich lerne jeden Tag immer noch Neues. Standards wirken als unsichtbare Kraft in all unseren Lebensbereichen. Angefangen von der einfachen Schraube, die unser Bettgestell zusammenhält, über den Quantencomputer, der Berechnungen blitzschnell durchführt, bis hin zur Handhabung von Schiffsabfällen auf Binnenschiffen.

LEADERSNET: Wie können Standards gerade in Krisenzeiten dazu beitragen, Unternehmen resilienter zu machen?

Höllinger: Standards regeln bestimmte Abläufe und ermöglichen ein reibungsloses Zusammenspiel. Nach Standards hergestellte Produkte sind sicher und schaffen dadurch Vertrauen.

So helfen z. B. Standards Unternehmen, Produkte und Abläufe nachhaltig zu entwickeln, Risiken zu minimieren und speziell in Notfällen für mehr Kontinuität zu sorgen. Wir brauchen Resilienz auf allen Ebenen.

LEADERSNET: Wie resilient ist der Hafen Wien?

Pulker-Rohrhofer: Der Hafen Wien ist ein trimodaler Logistikknotenpunkt. Wir verbinden die CO2-sparenden Verkehrswege Schiene und Binnenwasserstraße. Mit unserer Lage haben wir eine wichtige Funktion für die Versorgung der Stadt Wien und der gesamten Ostregion.

Resilienz steckt in unserer DNA, das haben wir in der Krise durch unser vielseitiges Angebot bewiesen. Wir haben drei Häfen, wir liegen an drei transeuropäischen Korridoren, wir schlagen mehr als 3 Mio. Tonnen an Gütern um, wir liefern je zu rund einem Drittel auf Straße, Schiene und Wasserweg, und wir haben drei Mio. Quadratmeter Fläche.

LEADERSNET: Der Hafen Wien ist einer von vielen österreichischen Leitbetrieben, die mit Standards den Erfolg ebnen. Was macht den Wert von Standards aus, gerade wenn sich Geschäftsbereiche weiterentwickeln?

Höllinger: Standards sind Sprungbretter. Wir wissen aus Erfahrung, dass Produkte und Dienstleistungen mit Standards eine schnellere Marktakzeptanz erlangen. Die Markteintrittsbarrieren wären international gesehen ohne gemeinsame Standards wahrscheinlich unüberwindbar.

LEADERSNET: Wo setzt der Hafen Wien ganz konkret Standards ein?

Pulker-Rohrhofer: Die Einsatzbereiche sind zahlreich. Ich denke an Euro-Paletten oder Containergrößen, an Umschlagsgeräte, an Zertifizierungen im Qualitäts-, Umwelt- oder im Zollbereich. Unsere Arbeiten gehen mit Standards schneller, genauer, besser und sicherer.

Höllinger: Der Hafen Wien ist ein gutes Beispiel für die Bedeutung von Standards im Logistikbereich: Beladen, Transportieren, Entladen, Tracking, Pünktlichkeit, Kosten – Standards sind die Voraussetzung für global funktionierende Logistikprozesse.

Pulker-Rohrhofer: Nicht nur das. Wenn alle Zahnräder ineinandergreifen, erreicht man Kosten- und Ressourcenoptimierungen. Wir können mit Standards die Qualität und Transparenz unserer Leistungen erhöhen. Wir lösen damit Versprechen für unsere Kundinnen und Kunden ein.

LEADERSNET: Welches Versprechen gibt Austrian Standards ab?

Höllinger: Unser Claim, der uns auch als Organisation antreibt, ist #DrivenbyMakingSense. Der Sinn besteht darin, dass Standards – somit auch wir mit unseren Dienstleistungen – beständig die Rahmenbedingungen unserer Wirtschaft, der Gesellschaft und der Umwelt verbessern. Und das nachhaltig!

LEADERSNET: Warum sollten Standards CEO-Sache sein?

Pulker-Rohrhofer: Prozesse zu vereinfachen und effizient zu gestalten, ist immer auch eine CEO-Sache. Standards sind ein Werkzeug dafür. Etablierte europäische und internationale Standards vereinfachen uns die Zusammenarbeit mit Lieferantinnen und Lieferanten – quer durch alle Geschäftsfelder.

Wir haben zum Beispiel ein übersichtliches Dokumentenmanagement. Alle Kolleginnen und Kollegen können jederzeit Prozesse und Zuständigkeiten einsehen, mit den dazugehörigen Verantwortlichkeiten.

Zudem legen wir sehr viel Wert auf Ausbildung. Deshalb ist es mir sehr wichtig, meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umfangreiche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.

LEADERSNET: Die Wirtschaft braucht mehr Problemlösungskompetenzen als je zuvor. Wie können Standards dabei unterstützen?

Höllinger: Ein Standard ist mehr als das Dokument, in dem er beschrieben wird. Der Nutzen liegt nicht nur darin, einen Standard zu lesen und anschließend abzuheften. Es ist entscheidend, Standards in die Geschäftsprozesse zu integrieren und aktiv anzuwenden.

So ist gewährleistet, dass Unternehmen das Rad nicht immer neu erfinden müssen. Es kann einfach auf bereits Bewährtem aufgebaut werden.

Noch nicht ausreichend bekannt ist, dass sich Organisationen auch aktiv im Standardisierungsprozess involvieren können. Eine Teilnahme bietet einen Blick in die Zukunft, was übermorgen "State of the Art" sein wird sowie die Möglichkeit, zukünftige Herausforderungen im Kollektiv zu lösen.

LEADERSNET: Welche Herausforderungen hat der Hafen Wien mit Standards gelöst?

Pulker-Rohrhofer: Ich denke hier insbesondere an unsere Qualitätsmanagementabteilung. Mit unseren jährlichen internen und externen Zertifizierungen werden Verbesserungspotenziale erhoben, dokumentiert und schnell einer Optimierung zugeführt. So können wir gezielt Maßnahmen setzen, um zum Beispiel CO2-neutral zu werden.

Unser Ziel ist "Hafen Wien goes green". Wir möchten den Standort ausbauen, neue Technologien fördern und erneuerbare Energien einsetzen. Standards sind dabei ein Wegweiser und Zertifizierungen bieten den Nachweis, dass wir es auch tatsächlich gemacht haben.

Wir möchten mehr Klimaneutralität für den Hafen Wien erreichen. Das bedeutet mehr grüne Energien und mehr Güter auf Schiene und Wasserstraße. Wir werden bis 2040 insgesamt 40 Millionen Euro investieren. Ein wichtiges Signal für Wettbewerbsfähigkeit.

www.austrian-standards.at

www.hafen-wien.com

Valerie Höllinger

ist seit Jänner 2022 Managing Director von Austrian Standards und ist seit 2021 Mitglied der Geschäftsführung. Die Juristin, Managerin und Unternehmerin verantwortete als Geschäftsführerin des BFI Wien u. a. die Geschäftsbereiche der Privat- & Firmenkunden, geförderte Bildungsprojekte, die digitale Transformation sowie Finanzen. Die gebürtige Wienerin war in den Branchen IT, Telekommunikation, Getränkeindustrie und Erwachsenenbildung als Managerin tätig und langjährige stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Bundestheater-Häuser.

© feelimage/Matern

Doris Pulker-Rohrhofer

ist Generalistin mit langjähriger Managementtätigkeit und Konzernerfahrung. Nachdem sie unterschiedliche leitende Funktionen bei der ÖBB Personenverkehr AG und der City Air Terminal Betriebs GmbH innehatte, war sie Mitbegründerin eines Start-ups und ist nun seit 2016 technische Geschäftsführerin des Hafen Wien. Dort ist sie unter anderem für die Technik, die Produktion und den Vertrieb verantwortlich und sorgt zusammen mit Friedrich Lehr für die Prozessoptimierungen.

© Feel Image/Matern

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Valerie Höllinger

ist seit Jänner 2022 Managing Director von Austrian Standards und ist seit 2021 Mitglied der Geschäftsführung. Die Juristin, Managerin und Unternehmerin verantwortete als Geschäftsführerin des BFI Wien u. a. die Geschäftsbereiche der Privat- & Firmenkunden, geförderte Bildungsprojekte, die digitale Transformation sowie Finanzen. Die gebürtige Wienerin war in den Branchen IT, Telekommunikation, Getränkeindustrie und Erwachsenenbildung als Managerin tätig und langjährige stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Bundestheater-Häuser.

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Doris Pulker-Rohrhofer

ist Generalistin mit langjähriger Managementtätigkeit und Konzernerfahrung. Nachdem sie unterschiedliche leitende Funktionen bei der ÖBB Personenverkehr AG und der City Air Terminal Betriebs GmbH innehatte, war sie Mitbegründerin eines Start-ups und ist nun seit 2016 technische Geschäftsführerin des Hafen Wien. Dort ist sie unter anderem für die Technik, die Produktion und den Vertrieb verantwortlich und sorgt zusammen mit Friedrich Lehr für die Prozessoptimierungen.

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