"Digitalisierung macht dann Sinn, wenn daraus Mehrwert entsteht"

Thomas Lutzky, Geschäftsführer von Phoenix-Contact, im LEADERSNET-Interview über Smart Automation, 5G und wann e-Mobility den morgendlichen Kaffee überholt.

Das Familienunternehmen Phoenix Contact entwickelt und produziert seit mehr als 90 Jahren innovative Produkte für die Elektro-, Netzwerk- und Automatisierungstechnik, die zu technologischen Schrittmachern wurden und weltweite Standards prägen. Im Jahr 2018 erwirtschafteten weltweit 17.400 Mitarbeiter einen Umsatz von 2,38 Milliarden Euro. In Österreich ist das Unternehmen an drei Standorten (Wien, Linz und Graz) vertreten.

Anlässlich der bevorstehenden Messe Smart Automation in Linz hat LEADERSNET Thomas Lutzky, den Geschäftsführer von Phoenix Contact Österreich, zum Interview gebeten.

LEADERSNET: Die Digitalisierung schreitet in allen Wirtschaftsbereichen kontinuierlich voran. Welche Entwicklungen gibt es dazu bei Phoenix Contact?

Lutzky: Digitalisierung macht dann Sinn, wenn daraus Mehrwert entsteht. Das Know-how unserer rund 2.000 Ingenieure ermöglicht uns eine Spitzenposition bei der Entwicklung neuer Produkte, Systeme und Lösungen in den Bereichen Energie, Infrastruktur, Fabrikautomation und Gebäudeautomatisierung. Ergänzend dazu bieten wir viele Dienstleistungen zu den Themen Maschinensicherheit, Internet Security, Programmierung und Instandhaltung an – in Summe über 60.000 Produkte.

LEADERSNET: Wie entwickelt sich das laufende Geschäftsjahr in Österreich?

Lutzky: Bisher sehr zufriedenstellend. Aus heutiger Sicht gehen wir von einem weiteren Wachstumsjahr aus. Einerseits entwickelt sich die lokale Nachfrage trotz der aktuellen Konjunkturprognosen stabil, andererseits gelingt es uns mit neuen Produkten und Dienstleistungen neue Kunden zu gewinnen und neue Applikationen zu adressieren. Das verdanken wir auch dem großen persönlichen Engagement unserer qualifizierten Mitarbeiter, sei es direkt vor Ort beim Kunden oder an einem unserer drei Standorte in Wien, Linz und Graz.

LEADERSNET: Mit der Smart Automation öffnet die österreichische Messe für Automatisierungstechnik vom 14.-16. Mai im Design Center Linz Ihre Tore. Welche Bedeutung hat diese Messe für Sie?

Lutzky: Die Smart Automation Linz ist der Branchentreffpunkt schlechthin. Die hohe Innovationskraft der gesamten Branche und die immer kürzer werdenden Entwicklungszyklen in der Automatisierung machen diese Messe für Fachbesucher jedes Jahr aufs Neue attraktiv. Viele Unternehmen treffen jetzt richtungsweisende Investitionsentscheidungen für ihre Digitalisierungsprojekte, da gibt es ein hohes Informationsbedürfnis. Wir erwarten daher einen regen Besucherzustrom aus ganz Österreich. Schließlich wird gerade in Zeiten fortschreitender Digitalisierung der persönliche Kontakt, das Gespräch unter Experten und die unmittelbare Information von vielen Besuchern sehr geschätzt. Zusätzlich bieten wir unseren Besuchern mehrmals täglich direkt am Messestand informative Multimedia-Präsentationen zu den Themen "PLCnext Technology" und "Sicherheit in industriellen Netzwerken nach IEC 62443".

LEADERSNET: Welche Highlights wird Phoenix Contact in Linz zeigen?

Lutzky: Wir präsentieren kreative Lösungen für eine smarte Welt. Sie sind Ausdruck unserer Innovationskraft, damit befähigen wir unsere Kunden noch effizienter, innovatives und noch verlässlicher für deren Kunden zu werden. Im Mittelpunkt unseres Messeauftrittes heuer steht die PlcNext Technology. Sie ist die Basis unserer neuen, offenen Steuerungsplattform und erlaubt das parallele Programmieren mit herkömmlichen SPS-Programmiersprachen ebenso wie mit Hochsprachen. Mit PLCnext sind wir sehr nah an der so genannten Edge – also der Welt zwischen Cloud und dedizierter Hardware-Lösung. So kann man mittels PLCnext einfach Daten auf die Plattform bringen, auf der unsere Kunden ihre Anwendungen laufen lassen können. Sie bietet auch die Möglichkeit für andere, ihre Produkte für unsere Kunden zugänglich zu machen. Wenn ein Anbieter von Analytics eine von ihm entwickelte App über den PLCnext Store anbietet, kann er sich neue Kunden erschließen. Und unseren Kunden eröffnet sich plötzlich ein ganzes Spektrum neuer Möglichkeiten. Das Ecosystem, das wir hier schaffen, bringt eine enorme Beschleunigung. Das ist eine Zukunftsperspektive für das Thema Enhanced Connectivity.

LEADERSNET: 5G ist in aller Munde. Wie bereitet sich Phoenix Contact darauf vor?

Lutzky: Der Übertragung großer Datenmengen und der Übertragung in Echtzeit kommt künftig eine immer größere Bedeutung zu. Phoenix Contact ist einer der Initiatoren der 5G-ACIA, weil wir glauben, dass diese Technologie in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird. Wir beobachten und analysieren laufend welches Technologieversprechen hinter 5G steckt und machen uns Gedanken darüber, wo in diesem Kontext unsere Rolle liegt und was wir an Wertschöpfung liefern können.

LEADERSNET: Welche Position nimmt Phoenix Contact zu Plattformen ein?

Lutzky: Durch Plattformen entstehen alternative Zugänge zum Kunden. Wenn eine Plattform dazu führt, dass sich jemand zwischen Kunde und Anbieter schiebt, kann das disruptive Auswirkungen auf bestehende Geschäftsmodelle haben. Wir wollen daher die digitale Schnittstelle zu unseren Kunden nicht aus der Hand geben, etwa indem wir aus dem Engineering des Kunden direkt die Bestellung ableiten. Außerdem erhalten viele Produkte künftig ihre eigentliche Funktionalität erst durch eine Applikationssoftware. Bietet jemand eine Funktionalität an, die aus einem herkömmlichen Produkt eine ganz spezielle Lösung macht, ist die Differenzierung bei ihm, nicht mehr beim eigentlichen Produkthersteller. So könnte eine Schachtel geliefert werden, die ihre Funktion erst dann bekommt, indem man von einer Plattform die richtigen Applikationen darauf lädt. Das adressiert zum Beispiel unsere PLCnext Technology mit dem dazugehörigen App-Store.

LEADERSNET: Welche Veranstaltungen sind heuer noch geplant?

Lutzky: Am 1. Oktober sind wir beim IO-Link Forum in Laakirchen, am 17. Oktober veranstalten wir in Asten einen weiteren Network Innovation Day zum Thema „Fundamentals of Cyber Security" mit einem speziellen Schwerpunkt auf der NIS-Richtlinie und am 27. und 28. November beteiligen wir uns beim Technologieforum der Deutschen Handelskammer in Linz.

LEADERSNET: Wie entwickelt sich das Engagement von Phoenix Contact im Bereich Forschung und Bildung?

Lutzky: Phoenix Contact fördert mit dem internationalen Hochschulnetzwerk EduNet den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und der Industrie im Bereich der Automation. Mithilfe des Netzwerks integrieren Forschende und Lehrende Anwender- und Herstellerwissen der Automatisierungstechnik in ihre Arbeit. Das Studium in gemeinsam konzipierten Laboren, ausgestattet mit modernster Technik, unterstützt Studierende vor ihrem Einstieg in die Berufswelt. Mittlerweile umfasst EduNet 130 Hochschulen aus 30 Ländern weltweit, darunter auch Österreich, und wir werden bis zum 3. Quartal voraussichtlich auf 140 Hochschulen und 33 Ländern wachsen. Vom 17. bis 20. Juni laden wir Vertreter aller Partneruniversitäten zum EduNet Congress nach Leipzig. Dort bieten wir neben einem attraktiven Programm eine Plattform zum fachlichen Austausch und zum Vernetzen über Landesgrenzen hinweg.

LEADERSNET: Last but not least eine Frage zum Thema e-Mobility: Wie schnell kann man heute schon ein Elektro-Auto aufladen?

Lutzky: Wenn ausreichend Strom an der Ladesäule zur Verfügung steht und das Fahrzeug es zulässt, erzielen wir mit gekühlten DC-Ladekabeln inzwischen Ladeleistungen bis zu 500 kW. Damit laden Sie 100 Kilometer Reichweite in nur drei bis fünf Minuten. Schaffen Sie Ihren Kaffee in drei Minuten?

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