Gesichtserkennung erfasst Emotionen im Kinosaal

Selbstlernende Software scannt Publikum und prognostiziert den Erfolg.

Forscher des California Institute of Technology (Caltech) arbeiten gemeinsam mit Kollegen von Disney Research an einem neuartigen System zur Gesichtserkennung. Wie die Beteiligung von Disney bereits vermuten lässt, soll die neue Technologie dabei vor allem in Kinosälen zum Einsatz kommen. Dort könnte selbstlernende Software mithilfe komplexer Algorithmen nämlich bald jede einzelne Gesichtsregung des Publikums scannen, um daraus in Echtzeit abzulesen oder sogar vorherzusagen, ob ein Film bei den Anwesenden gut ankommt oder nicht.

„Diese neue Methode nennt sich 'Factorized Variational Autoencoding' (FVAE) und ist sehr vielversprechend, weil sich damit die komplexen Reaktionen des Kinopublikums via Geschichtserkennung wesentlich genauer erfassen und auswerten lassen, als das mit aktuell gängigen Ansätzen der Fall ist“, heißt es von Disney Research. Doch die Technologie geht sogar noch einen Schritt weiter. „Wenn wir damit ein Mitglied des Publikums nur für wenige Minuten beobachten, können wir mit einiger Genauigkeit vorhersagen, wie sich seine Gesichtszüge für die restliche Dauer des Films verhalten werden“, sind die Forscher überzeugt.

„Mimikforschung extrem komplex“

„Bedenkt man, dass große Kinofilme um die 250 Millionen Dollar kosten können, ist es durchaus sinnvoll, dass sich die Marktforschung der Filme annimmt“, meint Roman Schöndorfer, verantwortlich für den Bereich Marktforschung bei der cinecom & media Werbeagentur, gegenüber pressetext. Der Erfolg von Kinofilmen sei allerdings ein Geflecht aus Möglichkeiten und Positionierungen. Besonders wichtig sei etwa der Startzeitpunkt. „Der muss nicht nur zeitlich mit Zielgruppengewohnheiten der Kinonutzung zusammenpassen, sondern sollte auch nicht zu nahe mit einem anderen Film derselben Zielgruppe des Mitbewerbs gewählt werden“, betont Schöndorfer.

Was Disney hier versucht, ist dem Experten zufolge dennoch ein „hochinteressantes Modell, das seinen Stellenwert hat“. Die Mimikforschung sei allerdings ein extrem komplexes Wissensgebiet. „26 Gesichtsmuskeln sind für die Mimik verantwortlich. Hinzu kommt, dass es kulturelle Unterschiede gibt, wie Mimik und Gestik in verschiedenen Kulturkreisen verstanden wird“, so Schöndorfer.

Bei 150 Vorführungen getestet

Um die neue Technologie in der Praxis zu testen, hat das Team von Disney- und Caltech-Forschern kurzerhand einen Kinosaal mit 400 Sitzen mit den neuen FVAE-Systemen ausgestattet und diese bei insgesamt 150 Vorführungen von Filmen wie „Big Hero 6“, „Das Dschungelbuch“ oder "„Star Wars: Das Erwachen der Macht“ eingesetzt. Dabei kamen vier Infrarot-Kameras zum Einsatz, die kontinuierlich die Gesichter des Publikums überwachten.

Das Ergebnis des Testlaufs war ein Datenset von insgesamt 3.179 Mitgliedern des Publikums und rund 16 Millionen individuell unterscheidbaren Gesichtsausdrücken. „Das sind mehr Daten, als ein einzelner Mensch jemals durchsehen kann“, betont Disney-Forscher Peter Carr. „Deshalb setzen wir hier auch auf Computer, damit wir die Daten zusammenfassen und auswerten können, ohne wichtige Details aus den Augen zu verlieren“, so der Wissenschaftler. (ptx)

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