Wir brauchen keine Revolution, Evolution ist angesagt

| Ernst Trestl 
| 09.11.2023

Julien Rossier, Managing Director von Bucherer Wien, beschrieb im Luxury News-Interview den Status Quo der Uhren- und Schmuck-Branche und seine erklärte Liebe zu Wien.

Seit der hinlänglich bekannten Schwierigkeiten, die nahezu alle Branchen in den letzten Jahren hatten, ist die Wirtschaft generell auf gutem Weg, sich deutlich zu erholen. So auch die Luxus-Branche, über die sich Luxury News mit Julien Rossier, Managing Director von Bucherer Wien unterhalten konnte.

Für den gebürtigen Schweizer, der bereits mehrere Führungspositionen in der Luxus-Branche innehatte, hat sich die Branche in letzter Zeit etwas verändert.

"Es kommt mir vor, als hätte man einen 'Reset-Button' gedrückt", erläutert Rossier. "Wir konnten starke Bewegungen mit Touristen verzeichnen, genauso pflegten wir jedoch unsere treuen, lokalen Kunden. Wir hatten also einen guten, repräsentativen Kunden-Mix. Es gab eine starke Nachfrage nach bestimmten Marken und es war schwierig, einige Modelle zu bekommen. Dann kam die Pandemie und die Touristen blieben aus. Jetzt zeigte sich, wie stark unser heimischer Markt – ich kann als Country Managing Director für Wien nur über den lokalen sprechen – tatsächlich ist. Trotz des Ausbleibens zahlungskräftiger Touristen kamen wir dank unseres treuen lokalen Klientels gut über diese Zeit und profitieren auch jetzt noch davon."

Eine weitere Folge des öffentlichen Stillstands war laut Rossier das Thema Investitionen. Das betraf nicht nur das Sicherheitsdenken, sondern hatte auch viel mit Emotion zu tun. Immobilien, Autos, Einrichtungen, sogar teure Weine, und vieles mehr, waren sehr gefragt.

Bucherer-Fine-Jewellery_C_Bucherer_2023
Bucherer Fine Jewellery © Bucherer

"Es dominierte in dieser Zeit allerdings nicht nur die Investmentperspektive, eine Nachfrage nach weniger bekannten Uhrenmarken, nach Brands wie Moser & Cie., Girard Perregaux etc., war ebenfalls bemerkbar. Nischen, die jetzt in der Post-Corona-Zeit deutlich an Bedeutung gewonnen haben. Denn nicht allein der Name ist wichtig, die Kunden legen großen Wert zum Beispiel auf exklusive Komplikationen.Hier bieten wir ein ganz spannendes Portfolio an Marken, auch nicht so bekannte."

Ein Stein für Generationen

Ebenso stark erwies sich die Nachfrage im Schmuckbereich. "Hier spielt der Investmentgedanke doch eine wichtige Rolle," erklärt Rossier, "ein Diamant behält seinen Wert, er kann heute einen Verlobungsring zieren, morgen ein Collier. Der Stein bleibt trotzdem in der Familie und erhält seinen Wert. Edelsteine und Gold sind nach wie vor für viele der Inbegriff von Luxus." Der Branche geht es also derzeit gut, die Begehrlichkeit wäre da, allerdings ist auch hier die Nachfrage größer als die Verfügbarkeit.

Shopping ist in

Wie selten zuvor genießt die Bevölkerung ihre Freiheit, shoppen ist angesagt. "Die Menschen wollen raus, niemand hat gesagt, ich freue mich auf Onlineshopping oder Netflix schauen. Dabei ist Emotion ein wichtiger Faktor. Darauf hat der Einzelhandel besonders stark reagiert. Luxuriöse, elegante Shops, teils mit klingenden Namen, sind speziell in der Wiener City, in der auch wir zuhause sind, entstanden. Daneben finden sich Top-Restaurants und First-Class-Hotellerie aber auch kleine Geschäfte oder Würstelstände, ein wunderbarer 360 Grad Mix, der neben den vielen kulturellen Sehenswürdigkeiten, den besonderen Reiz der Stadt ausmacht", schwärmt der Schweizer über seinen derzeitigen Lebensmittelpunkt. "Ich bin überzeugt, dass früher oder später auch die zahlungskräftigen Touristen zurückkommen, denn Österreich ist einfach wunderschön. Derzeit kommen viele Besucher aus den Nachbarländern, aus Ungarn und der Slowakei, aus Budapest bzw. Bratislava und sogar aus Slowenien nach Wien, das sind ebenfalls wichtige Märkte für uns."

Bucherer_Master_Pieces_C_Bucherer_2023© Bucherer

Berufe mit großer Akzeptanz

Auf gut geschultes Personal legt Rossier ebenfalls großen Wert. "Der Uhrmacher- oder Goldschmied-Beruf ist einfach sexy. Wir beobachten immer wieder, wie unsere Kunden beeindruckt sind, wenn der Uhrmacher oder die Uhrmacherin mit der Lupe und im weißen Mantel vor ihnen steht, oder die Goldschmiedin bzw. der Goldschmied einen Edelstein analysiert. Allerdings suchen nicht nur wir, sondern auch die Hersteller, ständig nach gutem Personal." Deshalb unterstützt Bucherer unter anderem die Uhrmacherschule der HTL Karlstein.

Zeit für Kontinuität

Für Julien Rossier ist jetzt die Zeit für Kontinuität in der Luxus-Branche. "Keine riesige Revolution, Evolution ist angesagt. Bucherer ist ein Multibrand Retailer und bleibt ein Multibrand. Das ist extrem wichtig und geht sehr tief, wir haben schöne Standorte, faszinierenden Schmuck und hochwertige Uhren der unterschiedlichsten Marken. Wir setzen auf langjährige Partner, wie die Partnerschaft mit Rolex zeigt, wir gehen mit dem Markt und setzen voll auf Kontinuität. Und dennoch gelingt es uns, unsere Kunden immer wieder neu zu überraschen."

www.bucherer.com

Julien Rossier

Der gebürtige Schweizer hatte mehrere Führungspositionen in der Luxus-Branche inne, unter anderem bei der Uhrenmarke Baume & Mercier in Genf, Brüssel und Straßburg und bei Moët Hennessy in Wien. Zu Bucherer Wien wechselte Julien Rossier 2019 als Deputy Managing Director und 2021 stieg er zum Country Managing Director auf.

Julien Rossier absolvierte Studien am Collège Sainte-Croix, Fribourg (Law & Economics), an der Université de Fribourg (Bachelor of Arts Management, Exonomics), an der Humboldt-Universität Berlin sowie an der EHL (Executive MBA in Hospitality Administration).

Julien Rossier

Der gebürtige Schweizer hatte mehrere Führungspositionen in der Luxus-Branche inne, unter anderem bei der Uhrenmarke Baume & Mercier in Genf, Brüssel und Straßburg und bei Moët Hennessy in Wien. Zu Bucherer Wien wechselte Julien Rossier 2019 als Deputy Managing Director und 2021 stieg er zum Country Managing Director auf.

Julien Rossier absolvierte Studien am Collège Sainte-Croix, Fribourg (Law & Economics), an der Université de Fribourg (Bachelor of Arts Management, Exonomics), an der Humboldt-Universität Berlin sowie an der EHL (Executive MBA in Hospitality Administration).