Schuldenregulierungsverfahren in Österreich – Restschuldbefreiung für private Schuldner

| Redaktion 
| 27.03.2024

Zahlungsunfähige Personen haben in Österreich die Möglichkeit, ein Schuldenregulierungsverfahren zu eröffnen. Das ist unter anderem auch als Privatinsolvenz oder Privatkonkurs bekannt. Es dient dazu, den Schuldner über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren von seinen Schulden zu befreien. Zugleich soll das Verfahren sicherstellen, dass die Gläubiger möglichst viel von ihrem Geld erhalten. Der österreichische Staat stellt Privatpersonen dafür verschieden Varianten zur Verfügung. Möglich sind ein Sanierungsplan, ein Zahlungsplan und das Abschöpfungsverfahren. Allerdings müssen jeweils individuelle Voraussetzungen erfüllt werden. 

Wer kann ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnen?

Das Schuldenregulierungsverfahren ist eine Lösung für natürliche Personen. Damit das Verfahren eröffnet wird, müssen jedoch alle formellen Voraussetzungen erfüllt worden sein. Außerdem muss der Schuldner auch wirklich zahlungsunfähig sein. Eingeleitet wird das Verfahren entweder durch den Schuldner oder durch den Gläubiger. Unternehmer können das Schuldenregulierungsverfahren nicht in Anspruch nehmen. Sie müssen stattdessen Insolvenz anmelden. Doch auch bei diesem Verfahren geht es darum, die Schulden abzuarbeiten. 

Wie lange dauert ein Schuldenregulierungsverfahren?

Üblicherweise dauert es fünf Jahre bis der Privatkonkurs aufgehoben wird und die Restschuldbefreiung eintritt. Seit dem 17.07.2021 gibt es aber eine Neuregelung, die eine bestimmte Variante der Schuldenregulierung betrifft. Sofern sich Schuldner für einen Tilgungsplan im Rahmen eines Abschöpfungsverfahren entscheiden, haben sie unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, sich schon innerhalb von drei Jahren zu entschulden. 

Was ist die Restschuldbefreiung?

Das Schuldenregulierungsverfahren zielt auf die wirtschaftliche Sanierung des Schuldners ab und endet deswegen im besten Fall mit der Restschuldbefreiung. Sofern sich der Schuldner an die Regeln des Verfahrens hält, werden ihm nach Ablauf der drei bis fünf Jahre alle Schulden entlassen, die zu diesem Zeitpunkt noch bestehen. Das bedeutet, dass er nicht die tatsächliche Höhe seiner Schulden an die Gläubiger zurückzahlen muss, sondern nur das, wozu er wirtschaftlich in der Lage ist. 

Ablauf eines Schuldenregulierungsverfahrens

Der Schuldner wendet sich mit seinem Antrag für das Schuldenregulierungsverfahren an das zuständige Bezirksgericht. Dort kann er das ausgefüllte Antragsformular einreichen. Außerdem sollte er direkt einen Antrag auf einen Sanierungsplan, einen Zahlungsplan oder ein Abschöpfungsverfahren stellen. Wie es weitergeht, hängt davon ab, welche Variante des Schuldenregulierungsverfahrens gewählt wurde. 

1. Sanierungsplan – Rückzahlung von mindestens 20 Prozent der Schulden

Der Sanierungsplan ist darauf ausgelegt, dass der Schuldner einen Teil seiner Schulden in Form von Raten abzahlt. Dabei sollten mindestens 20 Prozent in einem Zeitraum von fünf Jahren abgezahlt werden können. Außerdem muss die Mehrheit der Gläubiger ihre Zustimmung erteilen. Wenn das Gericht ebenfalls einverstanden ist und der Sanierungsplan vom Schuldner eingehalten wird, werden ihm nach Ablauf der fünf Jahre die restlichen Schulden erlassen. 

Hinweis: Schuldner sollten unbedingt beachtendass sie neben den vereinbarten Zahlungen im Sanierungsplan auch die entstandenen Gerichtskosten zahlen müssen. Erst dann kann die Aufhebung des Schuldenregulierungsverfahrens erfolgen.

2. Zahlungsplan – keine Mindestquote vorgeschrieben

Genau wie beim Sanierungsplan muss auch beim Zahlungsplan die Mehrheit der Gläubiger ihr Einverständnis geben. Allerdings gibt es bei dieser Variante keine vorgeschriebene Mindestquote. Vielmehr geht es darum, dass der Schuldner innerhalb seiner finanziellen Möglichkeiten einen gewissen Teil seiner Schulden abbezahlen kann:

  • Der Schuldner kann also eine Quote vorschlagen. Sie sollte sich aber an seinem erwartbaren Einkommen orientieren. Ein Zahlungsplan kann auch für sieben Jahre erstellt werden. Eventuell sind dann die Chancen höher, dass er von den Gläubigern akzeptiert wird. 
  • Eine Voraussetzung für den Zahlungsplan ist, dass vorher eine Vermögensverwertung stattgefunden hat. 
  • Schuldner sind verpflichtet, den vereinbarten Zahlungen nachzukommen. Wenn sie das nicht tun, scheitert der Zahlungsplan. Allerdings haben sie die Möglichkeit eine Änderung der Raten zu beantragen, wenn sich ihre wirtschaftliche Lage im Laufe der fünf oder sieben Jahre unverschuldet verschlechtert. 
  • Auch diesem neuen Zahlungsplan muss die Mehrheit der Gläubiger zustimmen. Ansonsten mündet die Schuldenregulierung im Abschöpfungsverfahren. 

3. Abschöpfungsverfahren – Restschuldbefreiung innerhalb von drei Jahren möglich

Wenn der Sanierungsplan oder der Zahlungsplan abgelehnt werden, wird das sogenannte Abschöpfungsverfahren angewendet. Dafür müssen die Gläubiger keine Zustimmung erteilen, allerdings bedeutet das für die Schuldner auch, dass ihnen jeden Monat nur noch ein geringer Betrag zu Lebensführung zur Verfügung steht. Das restliche Einkommen wird gepfändet und von einem Treuhänder verwaltet. Gleichzeitig bietet diese Variante im Vergleich zum Sanierungs- und zum Zahlungsplan die Möglichkeit, sich bereits innerhalb von drei Jahren zu entschulden. Das hängt davon ab, ob ein Tilgungsplan oder ein Abschöpfungsplan gewählt werden. 

Voraussetzungen für den Tilgungsplan

Beim Tilgungsplan ist die Restschuldbefreiung unter bestimmten Voraussetzungen bereits nach drei Jahren möglich. Nachdem die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners vor Gericht bestätigt worden ist, muss er sich innerhalb von 30 Tagen darum kümmern, seine finanziellen Probleme zu bewältigen. Da er vermutlich nicht dazu in der Lage sein wird, entsprechende Zahlungen zu leisten oder Kredite aufzunehmen, sollte er sich stattdessen an eine Beratung über Entschuldungsmöglichkeiten wenden. Dabei sollte es sich um eine staatlich anerkannte Schuldenberatung handeln. Falls er diese Voraussetzung nicht erfüllt, wird auf den Abschöpfungsplan zurückgegriffen, der sich über fünf Jahre erstreckt. Schuldner sollten also unbedingt sofort nach der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit reagieren, sonst verspielen sie ihre Chance auf Restschuldbefreiung nach nur drei Jahren.

Obliegenheiten für das Abschöpfungsverfahren

Unabhängig davon, ob ein Tilgungsplan oder ein Abschöpfungsplan angewendet werden, müssen Schuldner für die Dauer des Abschöpfungsplans eine Reihe von Regeln befolgen.

  • Sie müssen eine Erwerbstätigkeit ausüben oder sich darum bemühen.
  • Es dürfen keine neuen Schulden gemacht werden. 
  • Ein Wohnsitzwechsel oder der Wechsel des Arbeitsplatzes ist beim Treuhänder anzumelden. 
  • Erbschaften oder die Gewinne aus Glücksspielen müssen herausgegeben werden. 

Die Entschuldung inklusive Restschuldbefreiung ist auch dann möglich, wenn kein pfändbares Einkommen zur Verfügung steht. Dann muss der Schuldner dem Gericht aber glaubhaft versichern, dass er sich um eine Erwerbstätigkeit bemüht. Außerdem muss er trotz allem die Gerichtskosten tragen. 

Abbruch des Abschöpfungsverfahren

Wenn der Schuldner eine der oben genannten Obliegenheiten missachtet, kann das Abschöpfungsverfahren abgebrochen werden. Das bedeutet wiederum, dass die Restschuldbefreiung erst einmal verwirkt wurde und alle Forderungen vor der Einleitung der gerichtlichen Schuldenregulierung wieder aufleben. 

Wie hoch sind die Kosten für ein Konkursverfahren?

Wer in Österreich einen Antrag auf ein gerichtliches Schuldenregulierungsverfahren stellt, muss die Kosten dafür selber tragen. Sie kommen also zu den ohnehin schon angehäuften Schulden noch dazu. Die Verfahrenskosten selbst sind in der Regel relativ gering. Bei einem Abschöpfungsverfahren muss allerdings auch der Treuhänder entlohnt werden. Das kann dann schon deutlich teurer werden. 

Der außergerichtliche Ausgleich 

Nicht immer ist ein Schuldenregulierungsverfahren notwendig. Manchmal gelingt eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern. Auch hierbei kann ein Zahlungsplan erstellt werden, in dem sich der Schuldner verpflichtet bestimmte Zahlungen zu leisten. Im Gegenzug erlassen ihm die Gläubiger einen Teil der Schulden. Anders als beim gerichtlichen Verfahren muss in diesem Fall aber nicht nur die Mehrheit der Gläubiger zustimmen. Tatsächlich muss jeder einzelne Gläubiger einverstanden sein. Wenn allerdings nur Schulden bei einer geringen Anzahl von Gläubigern oder nur bei einem Einzigen entstehen, kann diese Variante eventuell sinnvoll sein. 

Frühzeitig eine Schuldnerberatung in Anspruch nehmen

Eine drohende Zahlungsunfähigkeit kündigt sich häufig schon lange im Voraus an. Wer merkt, dass es ihm immer schwerer fällt, rechtzeitig seine Rechnungen zu bezahlen und bereits viele Schulden angehäuft hat, sollte sich frühzeitig an eine Schuldenberatung wenden. So kann die Privatinsolvenz unter Umständen noch abgewendet werden. In Österreich gibt es eine Reihe von gemeinnützigen Institutionen, die eine kostenlose Beratung anbieten. Sie leisten zum Beispiel Unterstützung bei der einem außergerichtlichen Ausgleich oder bei der Erstellung eines Zahlungsplans. Darüber hinaus können andere Möglichkeiten wie finanzielle Hilfe durch staatliche Stellen aufgezeigt werden. In Abhängigkeit vom Einkommen besteht möglicherweise Anspruch auf Wohnbeihilfe oder auf andere soziale Leistungen.

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