"Es entsteht etwas Neues und Spannendes"

Im oberösterreichischen Netzwerk "PIER 4" wird die Kreativität und Agilität von Startups erfolgreich mit der Beständigkeit und Weitsicht von Leitbetrieben gematcht. LEADERSNET hat mit den Beteiligten über ihre Erfahrungen gesprochen.

Das oberösterreichische Gründerzentrum tech2b hat mit "PIER 4" ein eigenes Programm am Start, dessen Aufgabe die Vernetzung von oberösterreichischen Industrie-Leitbetrieben mit globalen Startups ist. Die dadurch entstandenen Kooperationen sollen zu Innovationen, Lösungen und Prototypen für die Industrie führen.

Unkomplizierter Zugang

Für die Unternehmen ist dieser unkomplizierte Zugang zur Startup-Szene "sehr wertvoll", wie Rene Adam, Director Research and Technology bei der FACC AG, bestätigt. Als Technologiepartner der globalen Luftfahrtindustrie entwirft, entwickelt und fertigt FACC Leichtbaukomponenten und -systeme für Luftfahrzeuge. In der Luftfahrtbranche sind lange Entwicklungszeiten von sieben bis zehn Jahren keine Seltenheit, wenn es um komplexe Technologien geht.

© Robert Gortana
Rene Adam © Robert Gortana

Adam: "Dadurch ist es nötig sich Trends in ferner Zukunft anzusehen um auch in den kommenden Jahren wirtschaftlich erfolgreich zu sein." Um diese Trends aufgreifen zu können, benötigt es oft den Blick über den Tellerrand hinaus, hinein in andere Branchen und Industriezweige in denen diese Entwicklungen eventuell schon gemacht wurden, aber auch hin zu Startups, die in der Regel um einiges agiler und unkonventioneller agieren als seit Jahrzehnten etablierte Unternehmen.

"Der Prozess und die Kommunikation mit Gründern führt auch zu neuen Ideen, die manchmal komplett in eine andere Richtung gehen. Dadurch entsteht etwas Neues und Spannendes. Somit leistet der Austausch im 'PIER 4'-Netzwerk einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung unserer Kompetenzen", berichtet der FACC-Manager.

Kreativität und Schnelligkeit als großes Plus

Ähnlich sieht es auch Thomas Linde, Chief Innovation Officer (CINO) bei der KEBA Group AG, die Automationslösungen für die Bereiche Industrieautomation, Bank- und Dienstleistungsautomation sowie Energieautomation entwickelt und produziert: "Wir sehen insgesamt einen Vorteil in der Zusammenarbeit mit Startups. Wir profitieren hier vor allem von deren Schnelligkeit und Innovationen – im Sinne von Kompetenzergänzung und einem schnellen Time-to-Market."

Natürlich gebe es manchmal auch nicht so positive Erfahrungen, verrät Linde. Dies sei jedoch dem Umstand geschuldet, dass sich Startups sehr agil bewegen. "Das ist ein Risiko, das man in Kauf nehmen muss. Insgesamt überwiegen die sehr positiven Beispiele und wir profitieren von dieser Zusammenarbeit", zeigt sich der KEBA-CINO zufrieden.

Profitabel sei auch die Zusammenarbeit mit tech2b und "PIER 4". Die Veranstaltungen die angeboten werden, beschreibt Linde als "sehr inspirierend". Man komme über diese Pitch-Events zu Kontakten, die man sonst wahrscheinlich nicht finden würde. "Auf diesem Weg sind schon viele interessante Projekte entstanden. Diese Formate und Aktivitäten sind sehr hilfreich, um den Horizont zu erweitern, sich zu vernetzen sowie Dinge zu entdecken, zu identifizieren und clever zu kombinieren", so Linde.

Das gilt es zu beachten

Das Ziel des 2017 gestarteten Programms "PIER 4" sei es, individuell auf seine Partner in der Begleitung der Projekte eingehen zu können, erzählt "PIER 4"-Programmleiter Manfred Schietz im Gespräch mit LEADERSNET. Damit eine Projektzusammenführung zwischen Industriebetrieb und Startup erfolgsversprechend sei, gelte es ein paar Dinge zu beachten, verrät Schietz.

Die größten Chancen auf Erfolg sind für die Unternehmen dann gegeben, wenn es im Scouting-Prozess eine vertiefende, wechselseitige Abstimmung gegeben hat und auch Erfahrungen von Referenzprojekten miteinbezogen werden. Für Startups erhöhe sich die Chance auf eine Zusammenarbeit, wenn schon einmal ein namhaftes Projekt umgesetzt worden sei. Schietz: "Wichtig ist natürlich auch, dass die Unternehmen bereits im Vorfeld ihre Erwartungen und Zielsetzungen genau abstecken."

Bei "PIER 4" kann man nach rund viereinhalb Jahren auf eine Vielzahl von erfolgreichen Kooperationen zwischen Industrieunternehmen und Startups verweisen. Neben den genannten Beispielen von FACC und KEBA verweist Manfred Schietz auf ein Projekt der Pöttinger Landtechnik, die gemeinsam mit dem Startup mox 3D eine digitale Messelösung entwickelt hat, die es Pöttinger ermöglicht seinen Kunden Produkte im digitalen Format zu präsentieren, wenn – etwa so wie während der Coronakrise – klassische Messen nur sehr spärlich stattfinden. Ein weiteres Best-Practice-Beispiel sei die Kooperation zwischen KTM und dem Startup Firestart. Der österreichische Motorradhersteller führte dabei erfolgreich ein papierloses System ein, um Prozesszyklen zu verkürzen und sämtliche Unterlagen digital zu sichern.

Agieren statt reagieren

Für 2022 und darüber hinaus hat "PIER 4" bereits einiges im Köcher. Man wolle noch stärker und zielgerichteter auf die Bedürfnisse der Unternehmen im Bereich Open Innovation eingehen, um ihnen Leistungen anbieten zu können, die für ihre weitere Geschäftsentwicklung notwendig sind. Schietz: "Wir beobachten zum Beispiel sehr genau, ob es Startups gibt, die Lösungen anbieten, mit denen man beispielsweise auf veränderte politische Rahmenbedingungen – etwa im Bereich Energie und Umwelt – reagieren kann."

Auch im Bereich Medizintechnik oder Pharmazie – nicht zuletzt durch die Ereignisse, die durch Corona ausgelöst wurden – versucht "PIER 4" passende Startups zu scouten, wenn Industrieunternehmen auch Bedarf und Interesse haben, sich in Richtung dieser Bereiche zu entwickeln. "Wir wollen ganz bewusst agieren und nicht reagieren und uns in unserem Netzwerk über Zukunftsthemen – die für die nächsten Jahre relevant sein könnten – austauschen und dadurch auch schneller und zielgerichteter agieren zu können", argumentiert der "PIER 4"-Programmleiter abschließend. (as)

www.pier4.tech

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Ob Ausgründung von Spin-offs an Hochschulen und Forschungseinrichtungen, Inkubation von Startups oder Corporate Open Innovation durch die projektbezogene Kooperation von Jungunternehmen und den Flaggschiffen der heimischen Wirtschaft:

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