Diese Österreicherin hat das Schlüsselwissen um die "ökonomische Königsdisziplin"

Moving Forward Round Table 2020 weist den Weg zur Medizin der Zukunft: "gesunde Mischung" aus ethischen Standards und künstlicher Intelligenz.

Von Österreich in die Vereinigten Staaten und – zumindest zeitweise – zurück: JMC und die Aussenwirtschaft Austria starteten das neue Jahr vergangene Woche mit einem hochkarätig-transatlantischen Wissensaustausch: Bei einem Moving Forward Round Table im Wiener Hotel Lé Meridien blickte Julia M. Puaschunder, Researcherin an der Columbia University und The New School in New York City, in die Zukunft der Medizin und erklärte, wo Europas Chancen liegen.

Österreich kann im Wachstumsmarkt Medizin mit Know-How punkten

"Der Austausch zwischen Wien und New York ist die beste Business-Brücke für expandierende Unternehmen. Die Vernetzung von Wissen und das gegenseitige Verständnis ist die Basis, um erfolgreich in die Vereinigten Staaten zu expandieren. Die am Gemeinwohl orientierte Start-up-Szene an der Ostküste ist ein fruchtbarer Boden für Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich mit dem Gesundheitswesen beschäftigen", so JMC-Gründer Josef Mantl.

"Künstliche Intelligenz ist ein treibendes Thema, das Unternehmen großartige Möglichkeiten zur Skalierung und Internationalisierung bietet. Um von den Chancen der Digitalisierung zu profitieren, braucht es eine herausragende Bildung, die fit für den gewinnbringenden Einsatz neuer Technologien macht. Das Gesundheitswesen zählt zu den Wachstumsmärkten schlechthin, in denen Know-how aus Österreich punkten kann", betonte Christiane Holzinger, Bundesvorsitzende der Jungen Wirtschaft.

Einnahmequelle Medizin statt Kostenfalle Gesundheitssystem

"Medizin ist die ökonomische Königsdisziplin. Sie erzielt die höchsten Margen. Für ihre Gesundheit sind die Menschen bereit, nahezu jeden Preis zu bezahlen", machte Puaschunder gleich einleitend klar. Nicht nur sie prophezeit, dass sich die Kosten im österreichischen Gesundheitssystem sich in der begonnenen Dekade verdoppeln werden. Eine Studie der deutschen Bertelsmann Stiftung warnt vor einer drohenden Staatsverschuldung in der Bundesrepublik, wenn das Pensions- und Gesundheitssystem nicht grundlegend reformiert wird. In Westeuropa mit seiner alternden Gesellschaft werden 70 Prozent der gesamten Gesundheitskosten in den letzten Lebenswochen verursacht. Durch diesen ökonomischen Druck kommt es langfristig zu einer Entdemokratisierung der Gesundheit und einer schlechteren Versorgungsqualität.

Der Trend zur "Glocalisation" und "Slowbalisation" verlangsamt sowohl die globalen Handels- als auch Finanzströme. Im Gegensatz dazu nimmt der globale Datenaustausch durch Artificial Intelligence und vernetzte Technologien exponentiell zu. Puaschunder ist überzeugt davon, dass sich in naher Zukunft Hubs für künstliche Intelligenz bilden werden. Wo diese genau lokalisiert sein werden, lasse sich heute zwar noch nicht sagen, doch dass sie kommen werden, davon ist die Verhaltensökonomin überzeugt.

Smarte Zukunft, Angst um Privatsphäre und Menschlichkeit

Noch nie zuvor gab so viel dezentralisierte Medizin wie heute: personalisierte und massendatenbasierte Präventivmedizin, die durch Wearables und Smart Devices ermöglichen dies. Präzision und Effizienz können durch Big Data erstmals rational bewertet werden, wodurch sich neue weltweite Standards bilden, so Puaschunder, die auch vor Risiken warnt: Diskriminierung, Stratifizierung und soziale Exklusion sind ebenso kritisch zu betrachten wie Fragen hinsichtlich der Privatsphäre oder die Dominanz des Marktes über der Menschlichkeit.

Ängste vor neuen Technologien sind weit verbreitet: Mediziner fürchten um ihre Jobs und öffentliche Verwaltungen haben keine Strategien für den Umgang mit Daten. Einen großen Vorteil hebt die Wissenschaftlerin hervor: "Artificial Intelligence ist korruptionsfrei und unbestechlich."

Wettbewerbsvorteil für die EU und hohe ethische Standards

Die EU habe ungleich bessere Voraussetzungen als China oder die Vereinigten Staaten, um das Gesundheitssystem durch den Einsatz von Daten zu verbessern. Durch das staatliche geprägte Gesundheitssystem verfügt Europa bereits über historisch gewachsene Datensätze und kann durch die Stärken seines Bildungssystems die Technologieführerschaft übernehmen, ohne ethische Standards zu verwässern. Auch die Pharmabranche hat ihren Ursprung in Europa und exportierte Medikamente in die Vereinigten Staaten, lange bevor sich dort ein eigener Markt entwickelt hat. Im fraktionierten U.S.-Markt liegt der Fokus auf Notfallversorgung und rekonstruktiver Medizin. Kompetitive Anbieter erhöhen den Wettbewerbsdruck, wodurch die Klassenmedizin heute schon Alltag ist.

Die EU setzt derzeit auf eine Ethik-Richtlinie im Gesundheitssystem, für die allerdings auch ein Verletzungskatalog entwickelt werden muss. Menschen sollen durch Marktanreize zum Teilen von Daten bewegt werden und dabei die Sicherheit haben, dass Big Data nicht zu ihrem Nachteil verwendet werden – es darf keine Diskriminierung anhand von Daten erfolgen. Puaschunder fordert zudem eine Datensteuer, um Technologieverluste auszugleichen. Im Umgang mit künstlicher Intelligenz und Robotern wird es soziale Normen brauchen, um beispielsweise ein rechtliches Korsett für die Behandlung von Pflegerobotern zu definieren.

"Menschlichkeit wird gewinnen! In einer zunehmend technologisierten Welt gewinnen Empathie, zwischenmenschlicher Austausch, Diversität und Humor an Bedeutung. Es wird einen Unterschied machen, ob ein Patient mit dem Pflegeroboter oder einem menschlichen Pfleger Schach spielt", schloss Puaschunder den Round Table.

Impressionen vom Moving Forward Round Table 2020 zur Medizin der Zukunft finden Sie in unserer Fotogalerie. (red)

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