Wrabetz legt "12 Thesen zum Medienstandort Österreich" vor

| 19.09.2017

ORF-Generaldirektor pocht auf "Eigenständigkeit. Qualität. Vielfalt."

Unter dem Titel "Eigenständigkeit. Qualität. Vielfalt." hat ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz "12 Thesen zum Medienstandort Österreich" vorgelegt, die die "Rahmenbedingungen für eine zukunftssichere Weiterentwicklung des Medienstandorts Österreich zum Vorteil des Publikums und der österreichischen Medienhäuser darlegen". Wrabetz fordert gemeinsame Lösungsansätze der heimischen Medienhäuser, um in der globalen Konkurrenz zu bestehen. Unter anderem soll durch die Schaffung einer gemeinsamen "Media Agenda 2025" die Produktion österreichischen Qualitäts-Contents im Digital-Zeitalter langfristig abgesichert werden.

Medien als "Kitt der Gesellschaft"

These 1 lautet "Im digitalen Zeitalter wird eine funktionierende Medienwelt immer wichtiger für einen gelingenden gesellschaftlichen Zusammenhalt." Mit Google, Facebook und Co. seien neue Player mit gigantischer Innovations- und Finanzkraft auf den Plan getreten. "Sie dringen in die nationalen Märkte und unterlaufen die Geschäftsmodelle der klassischen Medien", so Wrabetz. Die neuen Medienplattformen und die Sozialen Netzwerke würden die Mediennutzung vor allem beim jungen Publikum massiv verändern. Fragmentierung der Nutzung, die Gefahr von Filterbubbles und Manipilation durch Fake-News seien die Folge. "Für die Zukunft Europas und der europäischen Gesellschaften ist die Aufrechterhaltung eines unabhängigen, vielfältigen, transparenten und nachhaltig lebensfähigen Medienökosystems von zentraler Bedeutung."

"Starke Medien sind als Träger der Identität, 'Kitt der Gesellschaft' und für die Weiterentwicklung der Demokratie gerade für ein kleines Land in einem großen Sprachraum besonders wichtig", so die zweite These. In der dritten These fordert der ORF-Chef: "Medien brauchen ein funktionierendes Medienökosystem." Wrabetz hebt dabei die Wichtigkeit eines funktionierenden dualen Systems, wie es in Österreich besteht, hervor und betont die Bedeutung des ORF: "In neun der zehn 'lebenswertesten' Staaten gibt es ein starkes nationales öffentlich-rechtliches Medienunternehmen."

Dennoch fürchtet Alexander Wrabetz in seiner vierten These, dass der "österreichische Medienstandort durch die Dominanz deutscher Medienkonzerne im TV, die Übermacht globaler Player im Online-Bereich und ebenfalls global agierende Pay-Konzerne bedroht" sei. Deshalb müsse das gemeinsame Ziel aller österreichischen Medienhäuser sein, möglichst viel Werbegeld und Wertschöpfung zur Finanzierung und Produktion von Medieninhalten in Österreich zu halten.

"Marketplace Austria" als Gegengewicht zu Google, Facebook und Co.

"Die Zukunft des Medienstandorts erfordert eine 'Media Agenda 2025', um langfristig die ausreichende Herstellung von österreichischem Qualitäts-Content zu ermöglichen", so die fünfte These. Diese "Media Agenda 2025" müsse einen permanenten "Medien-Round-Table" unter Führung der RTR mit Teilnehmern aus Regierung, Parlament, betroffenen Media-Stakeholdern, VÖZ (Verband Österreichischer Zeitungen) und österreichischen privaten TV- und Radio-Sendern enthalten. Auch ein "Marketplace Austria", als Gegengewicht zur Dominanz von Google, Facebook und Co. in der Online-Werbung, sei notwendig. Wrabetz: "Diese gemeinsame Marktinitiative führender heimischer Medienanbieter dient als Lösungsansatz, um weiteren Abfluss von Online Werbemitteln im Bereich des Programmatic Advertising zu verhindern."

"Ein starker ORF ist unverzichtbar für einen starken österreichischen Medienstandort", konstatiert der ORF-General wenig überraschend in seiner sechsten These. "Beschränkungen des ORF haben nicht den anderen österreichischen Playern genutzt, sondern nur das österreichische Medienökosystem geschwächt", so These 7. Die TV-Werbeeinnahmen des ORF, der jedes Jahr mehr als 90 Prozent seiner Gesamterträge in Österreich investiere, seien seit dem Jahr 2000 um 134 Millionen Euro netto gesunken. Gleichzeitig seien die Werbeerträge der schon 16 deutschen Werbefenster auf rund 600 Millionen Euro brutto im Jahr 2016 angewachsen. "Damit fließen 68 Prozent der für den heimischen Markt und seine Medienhäuser überlebensnotwendigen TV-Werbemittel ab", so Wrabetz.

Realität hat Mediengesetzgebung überholt

Für eine Weiterentwicklung des öffentlichrechtlichen Auftrags fordert Alexander Wrabetz "klare Spielregeln für den ORF" in seiner achten These: "Diese sollen aber dem Publikum nutzen und nicht den internationalen Wettbewerbern." Als gebührenfinanzierter Rundfunk der Gesellschaft sei klar, dass der ORF nicht alles können soll, was den kommerziellen Mitbewerbern erlaubt sei. Dennoch habe bei den Neuen Medien hat die Realität die Mediengesetzgebung teilweise überholt. "Der ORF benötigt in Teilbereichen größeren Handlungs-Spielraum, um seinen Auftrag erfüllen zu können."

Dementsprechend müsse "in einer sich ändernden Medienwelt" auch der "ORF verändern und für das Publikum weiterentwickeln", so die neunte These. These 10 lautet: "Der ORF kann seine Rolle als 'Rundfunk der Gesellschaft' nur als Flotte und nur mit einem multimedialen Gesamtangebot erfüllen, um den 'Generationen-Abriss' zu verhindern." Vor diesem Hintergrund seine eine Privatisierung von Teilen der ORF-Flotte, wie z.B. ORF eins oder Ö3, wie von kommerziellen Mitbewerbern gefordert, kontraproduktiv und somit abzulehnen.

Europäischer Schulterschluss notwendig

These 11 sieht mittelfristig eine Weiterentwicklung des Gebührenmodells als notwendig an. "Aus Sicht des ORF steht dabei die staatsferne Festsetzung und die Absicherung der dualen Finanzierung des ORF aus Programmentgelt und Werbeeinnahmen im Mittelpunkt", so Wrabetz. Statt der GIS eine Finanzierung aus dem staatlichen Budget einzuführen lehnt der ORF-Generaldirektor ab, da dies "zu einer massiven politischen Einflußnahme auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk" führen würde.

Die letzte These sagt: "Das österreichische Medienökosystem funktioniert nur im Rahmen des europäischen Medienmarktes. Auch auf europäischer Ebene ist ein Schulterschluss nötig." Es brauche gemeinsame Anstrengungen, die Benachteiligung österreichischer und europäischer Medien gegenüber Google, Facebook und Co. zu beseitigen.

Das gesamte Thesenpapier von Alexander Wrabetz kann hier runtergeladen werden. (as)

www.orf.at

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