Interview mit Martin Madlo
"Rechenzentren sind ein Grundbaustein der Digitalisierung eines Landes"

| Redaktion 
| 28.05.2024

Martin Madlo, GF von Digital Realty in Österreich, spricht im LEADERSNET-Interview u. a. über den Aufwand, der hinter dem Bau und Betrieb eines Rechenzentrums steht, die Auswirkungen von KI auf die Datenmenge und die Nachhaltigkeitspläne, die Nutzung von Abwärme für die Heizung anderer Gebäude sowie einen neuen, 200 Millionen Euro teuren Standort in Wien.

LEADERSNET: Sie sind der Geschäftsführer von Digital Realty in Österreich. Was steckt hinter dieser Marke?

Martin Madlo: Digital Realty ist ein Unternehmen, das sich global damit beschäftigt, Rechenzentren zu planen, zu entwickeln, zu bauen und zu betreiben. In Österreich haben wir als Teil eines europäischen Unternehmens (Interxion) vor zirka 24 Jahren begonnen. Es wurde als Drehscheibe für Daten entwickelt. Wir haben uns auf die Dienstleistungen, die rund um das physikalische Gebäude notwendig sind, spezialisiert – also die Zurverfügungstellung von elektrischer Energie, der Kältetechnik und Sicherheitstechnik, um IT-Systeme optimal zu betreuen.

LEADERSNET: Wie viele Firmen nehmen Ihre Dienstleistungen an? Und wie kann man sich die Arbeit im Rechenzentrum vorstellen?

Madlo: Ungefähr 200 Unternehmen nutzen unsere Dienstleistungen direkt. Aber viele Kund:innen kommen aus dem Managed Service oder IT-Service-Bereich, die wiederum selbst eine Vielzahl von Unternehmen als Kunden hier in diesem Rechenzentrum betreiben und ihnen Services zur Verfügung stellen.

LEADERSNET: Die Anforderungen an Rechenzentren werden immer größer. Künstliche Intelligenz benötigt Unmengen an Rechenleistungen. Wo führt diese Entwicklung hin und was heißt das für die Zukunft? Was brauchen wir künftig, damit wir diese Rechenleistungen überhaupt administrieren können?

Madlo: Artificial Intelligence (Anmerk. Red. "AI") ist in aller Munde. Wenn man es vergleicht, vor rund 15 Jahren hat die Cloud Technologie Datacenter revolutioniert und Hybrid IT-Systeme sind Standard geworden, bei denen ein Teil an physischer Hardware von einem Unternehmen oder von deren Managed Service Partner betrieben und der Teil der Workloads in Cloud Systemen abgewickelt wird. Eine ähnliche Entwicklung sehen wir für AI als Ergänzung bestehender IT-Systeme. Es gibt hier zwei Herausforderungen: Zum einen die Dichte an Computersystemen, die deutlich steigen wird. Das heißt, der Energiebedarf pro Quadratmeter Rechenzentrum wird deutlich nach oben gehen, wodurch auch der Kühlungsbedarf steigt und neue Technologien erforderlich werden. Und zum anderen sehen wir einen großen Nutzen durch die AI ein Rechenzentrum effizienter betreiben zu können, den Energiebedarf zu senken und die Nutzung der Abwärme zu optimieren.

LEADERSNET: Sie sind also nicht selbst der Betreiber, sondern errichten die Gebäude. Worauf kommt es bei der Einrichtung an? Worin sind Sie die Spezialist:innen?

Madlo: Auf der einen Seite kommt es auf die Technologie an, sprich optimierte Energieversorgungssysteme, Kältesysteme und die Gestaltung der Gebäude, um die IT-Betriebe optimal nutzen zu können. Doch in den vergangenen Jahren sind einige Facetten dazugekommen, wie Nachhaltigkeit, Energieeffizienzgesetze oder rechtliche Rahmenbedingungen, die es zu berücksichtigen gilt beim Betrieb von Rechenzentren. Auf der anderen Seite spielt Flexibilität eine Rolle, um unterschiedliche Workloads im Datacenter abbilden zu können. Das sind die großen Herausforderungen und das ist das, was wir als Digital Realty können.

LEADERSNET: Sie haben es schon angesprochen – Nachhaltigkeit ist in Ihrem Haus ein Thema. So verwenden Sie etwa Ihre Abwärme zum Heizen Ihres Nachbarn, dem Krankenhaus Nord. Was hat es damit auf sich?

Madlo: Wir haben sehr lange an diesem Projekt gearbeitet, um die Abwärme, die im Rechenzentrum entsteht, einer sinnvollen Weiternutzung zuzuführen. Durch die räumliche Nähe des Krankenhauses Nord hat sich die Möglichkeit ergeben, diese Abwärme direkt an das Krankenhaus zu liefern, bzw. sie an Wien Energie zu übergeben, die die Abwärme transportiert und mit Wärmepumpen auf das Temperaturniveau bringt.

LEADERSNET: Wer sind denn heute Ihre Kunden und was muss ich können oder tun, um bei Ihnen Kunde zu werden?

Madlo: Grundsätzlich sind unsere Kund:innen aus unterschiedlichen Branchen und Industrien. Jede:r, der:die hoch vernetzte IT-Systeme nutzt, ist ein:e potenzielle:r Kund:in von Digital Realty. Aber auch jemand, der einerseits hohe Flexibilität, was Datenanbindungen global betrifft, benötigt oder der Zugang zu HyperScale Cloud Service Providern oder Content Service Providern braucht. Oder jemand, der mit seinen Daten Zugang zu vielen End-Usern sucht.

LEADERSNET: Es wird ein zweites Datencenter geben. Wo wird das sein und was wird das können?

Madlo: Das zweite Datencenter wird in der Siemensstraße in Floridsdorf realisiert. Der Standort wird im Endausbau ungefähr eineinhalbmal so groß sein wie der bestehende. Wir sind jetzt schon der größte Rechenzentrumsanbieter in Österreich und erweitern in den nächsten Jahren das Portfolio deutlich. Die ersten Arbeiten finden bereits auf dem Grundstück statt und werden mit 2026 dort zusätzliche Kapazitäten bieten. Digital Realty wird in den nächsten Jahren über 200 Millionen Euro in den neuen Rechenzentrumsstandort investieren.

LEADERSNET: Der Wirtschaftsstandort Österreich ist unter anderem auch durch eine Standortgarantie mit Rechenzentren manifestiert. Warum ist das so?

Madlo: Es ist wichtig, dass auch in Österreich weiterhin Rechenzentren entstehen und errichtet werden. Sie sind einer der Grundbausteine der Digitalisierung in einem Land. Sich der Illusion hinzugeben, dass alles durch Rechenzentrum Services, die im fernen Ausland abgewickelt werden können, wird nicht funktionieren. Einerseits aus gesetzlichen Vorgaben und andererseits durch einfache technische Rahmenbedingungen.

LEADERSNET: Mit Hinblick auf die Digitalisierung und künstliche Intelligenz – dürfen wir uns auf die Zukunft freuen oder müssen wir sie mit großem Respekt erwarten?

Madlo: Was wir als Digital Realty tun – und auch in der Austria Data Center Association, die ich vertrete, ist, den Rechenzentrumsbetrieb so nachhaltig wie möglich zu machen. Wir versuchen durch den Einsatz modernster Technologien, den Energieverbrauch zu senken und durch Kreislaufwirtschaft die Abwärme wiederzuverwerten, um den ökologischen Fußabdruck so weit wie möglich zu reduzieren. Ich denke, es geht nicht um das Thema, zusätzliche Energiequellen zu erschließen, sondern die vorhandenen Quellen sinnvoll zu nutzen – und das in unterschiedlichen Bereichen. Doch als Mensch, der sich grundsätzlich auf die Zukunft freut, glaube ich, dass wir die vielen Herausforderungen meistern werden.

Das gesamte Interview können Sie im LEADERSNET-Podcast nachhören.

 

www.digitalrealty.at

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