"Unternehmen werden es sich nicht mehr erlauben können, kein Mobile Office anzubieten"

| Christoph Aufreiter 
| 29.05.2023

Thomas Aringer, Geschäftsführer 5p-Consulting und Fred Mahringer, Personalchef von A1, sprechen im LEADERSNET-Interview über "New Work" und wieso es eine neue Führungskultur brauche.

LEADERSNET: Die Corona Pandemie wird vielfach als "Turbo" gesehen, der die Transformation hin zu "New Work" – Stichwort hybrides Arbeiten – beschleunigt hat. Inwieweit hat dieser Umstand die Arbeit von Personaler:innen geprägt?

Mahringer: Die Personalabteilungen haben aus meiner Sicht in vielen Organisationen schlagartig einen neuen Stellenwert bekommen. Nicht nur die technische Abwicklung der Covid-Maßnahmen hat uns beschäftigt. Es waren vor allem auch Themen wie z.B. "Wie schaut die Zusammenarbeit in Organisationen unter diesen geänderten Umständen aus? Wie müssen wir unsere Leadership-Modelle adaptieren? Wie kümmern wir uns – wirklich, wirklich – um unsere Mitarbeiter:innen, aber auch wie finden wir trotz all dieser Rahmenbedingungen neue Mitarbeiter:innen?" Es waren somit viele inhaltlich Herausforderungen für Personaler:innen – diese alle gleichzeitig und unter hohem Zeitdruck.

LEADERSNET: Wie schnell ist es Ihnen im Unternehmen gelungen, während des ersten Lockdowns auf hybrides Arbeiten umzustellen?

Mahringer: Technisch erfolgte das über das Wochenende – gefolgt von einer kurzen Phase, welche der Stabilisierung der Operations gedient hat. Bereits nach wenigen Wochen war das hybride Arbeiten auf einem völlig neuen Niveau, geprägt durch ständiges Experimentieren und Lernen – und auch jetzt lernen wir hier immer noch dazu und werden besser und besser.

Aringer: Bei den meisten Unternehmen hat es nur einige Wochen gedauert, bis nicht nur einzelne Assessment Center, Coachings oder Leadership Trainings, sondern auch ganze Change Projekte weitestgehend digital umgesetzt wurden. Die in Präsenz durchgeführten Teile wurden dann wiederum zu besonderen Highlights.

LEADERSNET: Beobachten Sie gerade einen Wunsch zur Rückkehr ins Büro, oder setzt sich hybrides Arbeiten durch?

Mahringer: Ja, es gibt von vielen Mitarbeiter:innen diesen Wunsch – aber nicht mehr für fünf Tage. Bei uns in der Organisation setzt sich ein Mix-Modell durch, welches ich als zukunftsfit erachte. Die Frage muss sein: WOZU komme ich ins Büro und nicht WANN! Innovationsworkshops, Strategiethemen und Teambuildings sind für mich Themen, die in Präsenz und Onsite erfolgen. Das hybride Arbeiten ist aber zweifellos gekommen, um zu bleiben. Wir dürfen aber auch nie vergessen, dass für viele unserer Mitarbeiter:innen Homeoffice aufgrund der Arbeitsanforderungen nicht möglich ist, wie z.B. der technische Außendienst oder die Kolleg:innen in unseren A1 Shops. Sie waren immer da, ich weiß auch das extrem zu schätzen.

Aringer: Die Rückkehr zur täglichen Arbeit im Büro ist eine Wunschvorstellung vieler Führungskräfte, doch Unternehmen werden es sich kaum mehr erlauben können, kein mobile office anzubieten. Es ist eine Basis-Anforderung bei Bewerber:innen – und wird in der Folge von bestehenden Mitarbeiter:innen als Option erwartet werden. Ein attraktives Büro wird durchaus geschätzt. Jene, die ausschließlich im Büro arbeiten wollen, sind zugleich eine schrumpfende Minderheit.

LEADERSNET: Wie gelingt es, Mitarbeiter:innen in Zeiten von Home Office und Teams-Calls ans Unternehmen zu binden? Wie schafft man die Identifikation mit dem Unternehmen, wenn der persönliche Kontakt nicht mehr jeden Tag stattfindet?

Mahringer: Wie bereits gesagt, bei uns gibt es kein Modell, bei dem 100 prozentiges Remote-Arbeiten möglich ist. Damit ist der Kontakt mit dem Unternehmen, mit den Kund:innen und auch den Kolleg:innen ständig gegeben. Eine hohe Verantwortung tragen dabei auch unsere Führungskräfte. Sie müssen in jeder Phase den Kontakt und die gute Einbindung sicherstellen – und da ist auch digital einiges möglich.

Aringer: Fünf Elemente haben sich besonders bewährt:
1. Online stärkt arbeitsteilige Einzelarbeit, die wenig Bindung bewirkt. Diese gilt es zu ergänzen um die gemeinsame Arbeit an Zielen und deren Umsetzung, etwa mit Hilfe von OKRs (Führen mit Zielen) in Online-Workshops, mit geteilten Dokumenten, KANBAN Boards und anderen Kooperationstools.
2. Der laufende persönliche Austausch der Führungskraft im virtuellen Kontakt. Teils ist dieser sogar persönlicher, da wir über mobile office auch mehr vom privaten Leben von einander mitbekommen.
3. Ein bewusstes Gestalten der Präsenz-Treffen in Bezug auf Austausch und Vertiefung der Beziehung.
4. Kommunikation mit dem Management zu Erfolgen, Strategie, Veränderungen, je unkomplizierter und dialogischer desto besser. Statt aufwändig erstellter Info-Videos und Berichte bewähren sich regelmäßige virtuelle Treffen mit offenen Fragen & Antworten.
5. Für alle mit Entwicklungsambitionen gewinnt Talent Management wieder massiv an Bedeutung, vor allem, wenn es - wie in vielen Unternehmen - in den Jahren der Pandemie verständlicher Weise vernachlässigt wurde.

LEADERSNET: Braucht es eine neue Führungskultur? Wenn ja, welche?

Mahringer: Definitiv hat sich Führung weiterentwickelt, und diese Entwicklung darf auch nie stoppen. In jedem Moment lohnt es sich hier kritisch in Form von Selbstreflexion und Feedback besser zu werden. Wir bei A1 setzen dabei sehr stark auf Transparenz & Autonomie, persönliches Wachstum & Inspiration, gute Verbindungen & Flexibilität und auf Purpose & Well-being.

Aringer: In den meisten Unternehmen ist die Führungskultur aktuell stark in Bewegung, brüchig und unsicher, mit wenig Zeit sie zu reflektieren und bewusst zu gestalten bzw. zu beeinflussen. Viele Führungskräfte haben in der Krise operativer und vorgebender geführt, andere haben enormen Freiraum gegeben. Beides war kurzfristig erfolgreich, beides hat massive Nachwirkungen. Mitarbeiter:innenbindung und -entwicklung sind noch wichtiger geworden, so schwierig externes Recruiting geworden ist.
Der Bedarf an Transparenz der Ergebnisse ist gestiegen – angesichts der häufig empfundenen Intransparenz was die Mitarbeiter:innen "den ganzen langen Tag tun". Mitarbeiter:innen werden zudem verstärkt von mehreren Menschen geführt, vor allem in agilen Formen der Zusammenarbeit. Umso wichtiger ist ein Dialog über Rollen, Haltungen und Leistungen in der Führung.
"One size fits all" funktioniert nicht. Zwei Aspekte der Führung gilt es zugleich nahezu überall zu verstärken: Eine Kultur mit hohem Leistungsanspruch und psychologischer Sicherheit zu etablieren, die Mitarbeiter:innen einlädt, sich mit ihren Sichtweisen, Ideen und Anliegen einzubringen und Verantwortung zu übernehmen. Und das Verständnis und die Wirksamkeit von Führungskräften als Entwicklungspartner:innen zu stärken, um Mitarbeiter:innen in ihren Kompetenzen, Beiträgen und Leistungen zu fördern.

LEADERSNET: Kommen wir noch zur Digitalisierung: Welche Chancen oder Risken bringt die Digitalisierung für die Arbeitswelt?

Mahringer: Wir setzen bei A1 unter anderem eine AI-basierte Lösung im Bereich Skill-Management ein. Damit gehen für unsere Mitarbeiter:innen völlig neue Lern- und Entwicklungsperspektiven auf. Die Digitalisierung bietet viele Chancen, ist aber immer in irgendeiner Form auch mit Veränderung verbunden. In Konzepten wie dem "Digitalen Humanismus" sind viele Ideen wie wir auch die möglichen Risiken gut mitigieren können.

Aringer: Die Chancen reichen von enormen Effizienzvorteilen über die Möglichkeiten räumlich und zeitlich noch flexibler und zudem sprachunabhängiger zusammenzuarbeiten bis zum Empowerment von Mitarbeiter:innen durch AI-Assistenz.
Herausfordernd ist es, die Kapazitäten und Kompetenzen der Mitarbeiter:innen synchron zur Digitalisierung zu entwickeln – und Organisation und Führung dafür vorzubereiten.

www.a1.net

www.5p-consulting.com

Christoph Schwarz
Das Thema New Work ist vielmehr als hybrides arbeiten, und neue generalistische Regeln. New Work ist eine Haltung und eine Entscheidung vom Individium, Team, Führungskraft, Organisation mehr das zu tun was wir wirklich wollen. Tool und Arbeitssetup ist ein kleiner Teil dazu.

Jede Innovation bringt immer Chancen, sowie Risken, .... Die Frage ist eher wie schaffen wir Perspektiven die uns helfen Ziele zu erreichen und dies in einer Art und weise die uns Glücklich macht und in den Team Flow bringt.

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