In Graz bekommen E-Auto-Batterien ein zweites Leben

Ein österreichisches Konsortium errichtete erstmals einen unabhängigen großtechnischen Stromspeicher vollständig aus alten Akkus aus Elektroautos.

Die Zahl von Elektroautos nimmt laufend zu. Das wird in den nächsten Jahren auch dazu führen, dass immer mehr alte Stromer ausgemustert werden. Denn wenn Batterien von Elektrofahrzeugen nicht mehr genügend Leistung erbringen, werden sie entsorgt, da sie für anspruchsvolle Mobilitätsanwendungen nicht mehr geeignet sind. Die steigende Anzahl gebrauchter Batteriesysteme führt zu neuen Herausforderungen. In Graz wurde nun ein Pilotprojekt vorgestellt, das diese langfristig lösen könnte.

Anlage deckt Spitzenlast ab

So hat ein Konsortium bestehend aus AVL List, AVL DiTest, Energie Steiermark, Grazer Energieagentur, Saubermacher sowie der Smart Power erstmals einen von OEM’s unabhängigen großtechnischen Stromspeicher vollständig aus alten E-Autobatterien errichtet. Die Anlage wurde zur Abdeckung von Spitzenlast konzipiert. Gleichzeitig wurden spezielle Instrumente für die Zustandserhebung der E-Autobatterie entwickelt. Die damit entstandene Unabhängigkeit vom Batteriehersteller soll die Voraussetzungen für einen freien Markt für Second Life Batterien schaffen.  

Mit der Überführung des Prototyps zum Saubermacher Ecoport in Feldkirchen bei Graz wurde das Projekt "SecondLife – Batteries4Storage" nun nach rund dreieinhalbjähriger Laufzeit abgeschlossen. "Bereits jetzt muss man sich über die Verwendung der aus dem First Life ausgeschiedenen Batterien aus der E-Mobilität Gedanken machen. Mit dem Projekt SecondLife – Batteries4Storage schaffen wir eine zusätzliche stationäre Nutzung, die die Lebenszeit und die Wertschöpfungskette der Batteriesysteme verlängert und ökologische sowie ökonomische Vorteile schafft," führt Robert Schmied, Geschäftsführer der Grazer Energieagentur, aus.

Mobiles Schnellanalyse-Gerät 

Zur gezielten Planung und Realisierung eines "zweiten Lebens" von Batterien sei es notwendig, den Zustand einer Batterie genau zu bestimmen, und auf Basis des Batteriezustands zu entscheiden, ob und wie die Batterie weiterverwendet könne oder direkt recycelt werden müsse. Von AVL DiTest wurde dazu ein mobiles Schnellanalyse-Gerät entwickelt. Das Gerät erlaube laut den Entwicklern eine rasche und kostengünstige Prüfung und Zustandsanalyse unterschiedlicher Batterien verschiedener Erzeuger.

Darüber hinaus wurde von AVL List ein elektronisches Bewertungswerkzeug entwickelt, das den Wert-Unterschied zwischen Recycling und Wiederverwendung darstellen und zusammen mit einem Planungstool der Grazer Energieagentur, das eine optimale Dimensionierung der Speichersysteme für bestimmte Anwendungen ermöglicht, die bestmögliche Nachnutzung von Automobilbatterien garantieren soll.

Prototyp

Dass das Ganze nicht nur auf dem Papier funktioniert, soll die von Smart Power gefertigte Pilotanlage mit 96 kWh zeigen. Seit Herbst 2020 habe der Prototyp am Saubermacher Standort in Premstätten erfolgreich die Lastspitzen des Entsorgungsunternehmens ausgeglichen. Nun wurde die Anlage in die Firmenzentrale in Feldkirchen bei Graz verlegt und soll dort den Eigenstromverbrauch aus der Photovoltaikanlage optimieren und zur Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit beitragen.

Zentrale Rolle für Speichersysteme

Batterie-Stromspeichersysteme spielen für die Integration erneuerbarer Energiequellen sowie für eine kostenoptimale Stromnutzung, d.h. für den Ausgleich von Stromerzeugung und Verbrauch, eine zunehmend wichtigere Rolle. Darüber hinaus leisten batteriebasierte Stromspeichersysteme auch einen wichtigen Beitrag zur Absicherung gegen Stromausfälle (Stichwort: Blackout), bei der Verbesserung der Netzstabilisierung sowie bei der Integration von dezentral produziertem Strom.

Das sieht auch Theresia Vogel vom Klima- und Energiefonds so. "Energiespeicher sind ein zentraler Schlüssel für die Energiewende, denn wir brauchen ein robustes und sicheres System für den Wirtschaftsstandort Österreich. Wir freuen uns, dass in der Vorzeigeregion „Green Energy Lab“ dieses Thema aufgegriffen wird. Ein SecondLife für Akkus, die einer der teuersten Bestandteile eines Elektroautos sind, zeigt, dass ein zweites, langes und erfolgreiches Leben für Autobatterien möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist. Mit diesem Ansatz wird das System stabilisiert, Ressourcen geschont und ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet."

Zielgruppen für Speichersysteme aus gebrauchten Batteriesystemen sind beispielsweise stromintensive Industriebetriebe (Anwendungsfall Peak-Shaving) sowie Errichter und Betreiber von Wohngebäuden und PV-Anlagen (Anwendungsfall Eigenverbrauchsoptimierung), Anbieter für Elektrotechnik, Betreiber von großen E-Fahrzeugflotten wie Elektrobussen sowie E-Mobilitätsdienstleister.

Künftige Herausforderungen

Aktuell fallen in Österreich pro Jahr etwa 4.000 gebrauchte Batteriesysteme aus der Elektromobilität an – das entspricht etwa 200 Tonnen. Je nach Entwicklung der E-Mobilität werden für das Jahr 2030 bereits zwischen 10.000 und 20.000 Tonnen prognostiziert. Industriebetriebene SecondLife-Speichersysteme im Megawattbereich wären somit durchaus möglich. In welchem Umfang für welche Anwendungen der Einsatz der 2nd Life-Batterien wirtschaftlich darstellbar ist, hänge laut dem Konsortium stark von der Preisentwicklung der Batterien ab. Gleichzeitig sei der Aufwand für die Realisierung solcher Speicher derzeit noch sehr hoch und auch rechtliche Aspekte wie Produkthaftung oder Gewährleistung gelte es noch zu klären. Beispielsweise liege das Haftungsrisiko für gebrauchte Batteriesysteme derzeit beim Anlagenerrichter. (ts)

www.saubermacher.at

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