"Nur was innen glänzt, kann außen funkeln"

Sabine Hübner im Interview über Corona als "Servicebooster", was die beste Investition in die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen ist und warum jetzt Schluss mit dem "Mimimimi" sein muss.

Wer Service verbessern will, muss Menschen bewegen, so das Credo von Sabine Hübner. Wie kann man Business, Kunden und sich selbst sicher durch die Pandemie navigieren? LEADERSNET hat die Service-Performance-Beraterin zum Interview gebeten.

LEADERSNET: Wie kann man Business, Kunden und letztendlich sich selbst sicher durch diese Krise bringen?

Hübner: Indem wir die Krise als Normalität akzeptieren. Pandemie hin oder her: Gastfreundlicher Service hat immer mit logischen Prozessen und gut durchdachten Kontaktpunkten zu tun. Wenn wir unser Business, unsere Kunden und letztendlich uns selbst sicher durch diese Zeit bringen wollen, dann sollten wir die Perspektive ändern. Weniger gefangen sein in der eigenen Befindlichkeit, stattdessen zuversichtlich nach außen schauen. Auf unser Gegenüber schauen – und vertrauen auf die Macht der Empathie. Überspitzt gesagt: Schluss mit dem Mimimimi, zurück zu exzellentem Service!

LEADERSNET: Was hat Empathie damit zu tun?

Hübner: Sehr viel! Mehr denn je ist im Kundenkontakt Fingerspitzengefühl gefragt. Jedes Unternehmen und jede Branche befinden sich in einer anderen Situation. Die Menschen sind dünnhäutig und vielfach aggressiv. Da ist es absolut notwendig, jetzt nicht stumpf irgendwelche Prozesse durchzuturnen. Wir müssen uns in die individuellen Geschichten und Situationen der Menschen hineinversetzen, wir müssen zuhören, wir müssen differenziert reagieren. Und auf Mitarbeiterseite jeden Einzelnen stärken und empowern, das gut zu tun.

LEADERSNET: Welche Bedeutung hat Service eigentlich in Corona-Zeiten?

Hübner: Eine höhere denn je. Wer jetzt nicht klar kommuniziert und sich flexibel und wendig zeigt, verliert schnell die Kundengunst. Service ist kein Bonbon, das es in besseren Zeiten obendrauf gibt. Service IST das Business. Service ist ein knallharter Wirtschaftsfaktor – jetzt einmal mehr.
Die schwierige Lage kann aber auch eine Chance für Unternehmen sein. Mein Tipp: Bauen Sie mit individuellen Service-Ideen Brücken in die Zukunft! Genau jetzt brauchen Ihre Kunden intelligentes Entgegenkommen. Damit sie diese Krise überleben und dann, wenn die Geschäfte wieder besser laufen, Ihr Entgegenkommen mit Loyalität und neuen Geschäften belohnen.

LEADERSNET: Was muss man alles tun, wenn man Service dieser Tage verbessern will?

Hübner: Denken Sie Prozesse konsequent aus Kundensicht und machen Sie Ihren Kunden das Leben leicht. Und damit sich selbst. Ermutigen Sie Ihre Mitarbeiter zu "Menschmomenten": Jetzt punktet der am meisten, der jeden einzelnen Kunden – auch durch die Maske, am Telefon und in der Videokonferenz – emotional abholt. Kundenbegeisterung wird nicht von Marken gemacht, sondern von Mitarbeitern. Mit Humor, aber auch – wegen der vielen Corona-Regeln – mit Klarheit.

LEADERSNET: Unternehmen, die auch schon vorher gut im Thema Service waren, sind es auch jetzt. Trifft das wirklich zu?

Hübner: Ja, nehmen wir meinen Friseur: Der war vorher schon ein Champion seiner Branche und ist deutschlandweit bekannt. Schon am ersten Tag nach dem ersten Lockdown waren seine 17 Läden perfekt aufgestellt: stilvolle Plexischeiben an den Becken, Leihmasken und überall augenzwinkernde Aufkleber auf den Spiegeln mit dem Text "Sie sind mit Abstand unser liebster Kunde!" Und das Beste: fröhliche MitarbeiterInnen, weit und breit kein Absperrband, hässliche Holzverschläge oder Gegrummel und Gejammer.

LEADERSNET: Sind sich jetzt mehr Unternehmen bewusst, dass Servicequalität auch Überleben bedeuten kann?

Hübner: Vier Beispiele für „Ja“! Erstens: Corona-Gewinner wie die Caravaning-Branche, Videokonferenzanbieter oder Essenauslieferer haben so viel zu tun, dass sie gar nicht wissen, wo sie anfangen sollen. Hier müssen die Mitarbeiter im Problemgespräch mit Kunden und Stressabbau gestärkt werden. Das Ziel ist schließlich, die neuen Kunden zu begeistern und neue wie alte zu halten, auch wenn es im Unternehmen drunter und drüber geht. Also: Ja.

Zweitens: Dann gibt es Unternehmen und Branchen, in denen alle Mitarbeitenden in Kurzarbeit sind oder seit Monaten aus dem Home-Office arbeiten. Hier ist das Ziel, die Kunden trotzdem sehr gut zu servicieren, damit diese Umsätze nicht auch noch verloren gehen. Also: Ja.

Drittens Handel: Hier gilt es, entweder Menschen für das Kaufen im Laden zu begeistern und/oder eine super Online-Strategie samt Logistik zu verfolgen, großzügige Rückgabefristen inklusive. Die Läden in den Innenstädten müssen sich jetzt auf die Hinterbeine stellen und neue Konzepte entwickeln, sonst sieht es finster aus. Also: Ja.
Und, viertens, der Luftverkehr. Der Bordservice muss jetzt noch persönlicher und sicherer sein und die Ticket-Flexibilität hoch bleiben, damit überhaupt jemand Reisen bucht. Also noch einmal: Ja.


LEADERSNET: Haben Digitalisierung und Globalisierung die Branchen nachhaltig verändert? Oder macht das jetzt die Corona-Krise?

Hübner: Ich sehe zwei Entwicklungen parallel: Erstens haben hoch erfolgreiche disruptive Geschäftsmodelle plötzlich kaum mehr Boden unter den Füßen – Stichwort Airbnb, hier tun sich möglicherweise Lücken auf für neue Services wie Bürovermietung auf Zeit als Homeoffice-Alternative. Zweitens hat Corona hat jetzt vieles, was mehr oder weniger schon da war oder lange aufgeschoben war, sehr beschleunigt – Stichwort Digitalisierung der Gastronomie, ein super Servicebooster.

LEADERSNET: Warum benötigen sogar hochkarätig besetzte Konzerne außerhalb von Krisenzeiten externe Serviceberater?

Hübner: Weil der Blick von außen neue Impulse setzt, Ideen addiert und die interne Reflexion positiv anregt. Ein externer Berater kann niemals das Know-how der Mitarbeitenden übertreffen, das ist auch nicht sein Job. Er stellt allerdings andere Fragen. Mit diesem anderen Blick können Potenziale der Mitarbeitenden und des Unternehmens gehoben werden. Wichtig ist: Eine exzellente Servicehaltung entsteht dennoch immer von innen heraus – sie fängt mit jedem einzelnen im Unternehmen an.

LEADERSNET: Kann man Service auch als Teil der Unternehmenskultur verstehen? Oder ist es vor allem ein Wirtschaftsfaktor?

Hübner: Es ist beides. Service ist Unternehmenskultur: Service ist jeder im Unternehmen, eine Haltung, die sich wie eine Lebensader durch das gesamte Unternehmen zieht. Nur was innen glänzt, kann außen funkeln. Und Service ist ein Wirtschaftsfaktor: Servicelust ist ein Gewinnbringer. Weil Kunden mehr kaufen, öfter kaufen, weiterempfehlen und so vieles mehr. Mit exzellentem Service machen sich Unternehmen zur Lieblingscompany ihrer Kunden. Da entsteht eine tiefe Bindung, eine Lovebrand, und das ist ganz klar ein Erfolgsfaktor.

LEADERSNET: Woher nehmen Sie die Zeit und die Begeisterung so zahlreich Business Bestseller zu schreiben? Welche Zielsetzungen verfolgen Sie damit?

Hübner: Ich reflektiere mit meinem Team permanent das, was in den Unternehmen unserer Kunden passiert, ich verfolge sehr aufmerksam, wie sich Service im Business insgesamt entwickelt und ich bin jeden Tag selbst Kundin. Auf Grundlage dieser Reflexionen entstehen meine Texte fast nebenbei. Mit meinen Büchern, Blogs, Beispielen und Geschichten möchte ich zum Nachdenken, Überdenken und Neudenken anregen. Für mich ist Serviceoptimierung permanente Reflexion plus Begeisterung.

LEADERSNET: Welche Ziele hatten Sie mit der Gründung ihrer Agentur im Auge?

Hübner: Als Vortragsrednerin begeistere ich Menschen für exzellenten und empathischen Service auf der Bühne. Mit meiner Beratungsagentur und meinem Team helfe ich Unternehmen, das Kundenerlebnis zu perfektionieren und eine ausgeprägte Service-Haltung aufzubauen. Mit Tools und pragmatischen Lösungen, die jeden im Unternehmen für das scheinbar weiche Thema Service begeistern. Viele Organisationen müssen ihre Service-Performance in unserer zunehmend digitalen Welt verändern, damit sie zukunftsfähig bleiben. Wir machen aus dem „Müssen“ ein „Wollen“ und „Können“. Dafür steht auch unser Claim: Service-Haltung mit Herz und Hirn.

LEADERSNET: Wo findet man eigentlich die Wurzeln für ihre liebevolle und intensive Zuwendung zu den Themen Service und Perfomance?

Hübner: Ich bin zwischen Gästen in einer österreichischen Ferienpension aufgewachsen. Das erste Customer-Relationship-Management-System, das ich kennenlernte, war meine Oma. Ihre urtümliche Gastfreundschaft prägte mich von Kindesbeinen an durch alle beruflichen Stationen bei einem internationalen Reiseveranstalter und als Unternehmerin in der Druckindustrie. Seit mittlerweile 21 Jahren berate und begleite ich weltweite Unternehmen auf ihrem Weg zu mehr Kundenbegeisterung. Und weil ich weiß, dass man sich die optimale Frühstücksei-Kochzeit für Dutzende Gäste exakt merken kann, wenn man nur will, weiß ich auch, dass Service kein Projekt ist. Sondern eine Frage der Haltung.

LEADERSNET: Welche Tipps geben Sie den LEADERSNET-Lesern mit auf den Weg?

Hübner: Wenn Sie Ihre besten Kunden und Ihre besten Mitarbeiter halten wollen, machen Sie Service zur Chefsache Nummer eins. Es ist die beste Investition in Ihre Zukunftsfähigkeit. (jw)

sabinehuebner.de

Über Sabine Hübner


Sabine Hübner ist die Service-Performance-Beraterin der Top-Player in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie begleitet Unternehmen bei der Entwicklung von Service-Haltung auf allen Ebenen. Mit ihrer Beratungsagentur forwardservice steht sie für Service Empowerment und optimiert mit ihrem Team und eigens entwickelten Tools Service Performance und Service Design. Die gebürtige Österreicherin ist mehrfache Buchautorin, gefragte Vortragsrednerin und selbst erfolgreiche Unternehmerin. Sie wurde mit dem Conga-Award, dem Red Fox Award und als Speaker of the Year ausgezeichnet. Sie wird in der Liste der 100 besten Trainer und Influencer geführt.

 sabinehuebner.de

Über Sabine Hübner


Sabine Hübner ist die Service-Performance-Beraterin der Top-Player in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie begleitet Unternehmen bei der Entwicklung von Service-Haltung auf allen Ebenen. Mit ihrer Beratungsagentur forwardservice steht sie für Service Empowerment und optimiert mit ihrem Team und eigens entwickelten Tools Service Performance und Service Design. Die gebürtige Österreicherin ist mehrfache Buchautorin, gefragte Vortragsrednerin und selbst erfolgreiche Unternehmerin. Sie wurde mit dem Conga-Award, dem Red Fox Award und als Speaker of the Year ausgezeichnet. Sie wird in der Liste der 100 besten Trainer und Influencer geführt.

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