Alexander Oswald kontert MCÖ
"Aufruf zur Selbstverantwortung ist realitätsfern"

| Redaktion 
| 28.01.2024

Die Diskussion um eine strengere Regulierung von Lebensmittelwerbung geht in die nächste Runde. Nachdem sich MCÖ-Präsident Andreas Ladich gegen eine gesetzliche Einschränkung aussprach, meldet sich nun Alexander Oswald, Präsident der Österreichische Marketinggesellschaft, in einem offenen Antwortbrief zu Wort. 

Gesundheitsminister Rauch fordert aufgrund der Ergebnisse einer aktuellen Studie die strengere Regulierung von Lebensmittelwerbung, die an Kinder gerichtet ist. Der Marketing Club Österreich (MCÖ) sprach sich gegen gesetzliche Einschränkungen bei Marketing und Werbung aus (LEADERSNET berichtete).  "Viel zu oft wird hierzulande der Ruf nach Werbeverboten laut, obwohl es eine Vielzahl an geeigneteren Strategien und Maßnahmen gibt, um gesellschaftliche Herausforderungen zu meistern", so Andreas Ladich, Präsident des Marketing Club Österreich. Die Österreichische Marketinggesellschaft (ÖMG) sieht das anders. Alexander Oswald, Präsident der ÖMG richtete sich mit einem offenen Antwortbrief an Andreas Ladich.

Der Antwortbrief im Wortlaut

Sehr geehrter Herr Ladich,

herzlichen Glückwunsch! Es ist schon fast bewundernswert, wie konsequent Sie im MCÖ die Augen vor den alarmierenden Zahlen verschließen - zum Beispiel aktuell zu Übergewicht in Österreich. 16,6 Prozent der Bevölkerung sind betroffen, jedes vierte Volksschulkind ist zu dick – das ist die harte, unangenehme Realität!

Jetzt zu behaupten, Werbeverbote wären schädlich für den Wirtschaftsstandort, klingt beinahe zynisch, wenn man die enormen Folgen von Übergewicht für die österreichische Gesellschaft, die Volkswirtschaft und das Gesundheitssystem betrachtet.

Wollen wir – im Jahr 2024 – tatsächlich noch die Gesundheit unserer Kinder für Einnahmen opfern? Sind wir nicht längst klüger geworden? Hat uns die Krise beim Klima nichts gelehrt?

Ihr Aufruf zur Selbstverantwortung ist realitätsfern. Es ist, als würden man ein brennendes Haus betrachten und sagen: "Nun, es wäre wirklich besser, wenn das Feuer sich selbst löschen würde." Die Fakten sprechen eine deutliche Sprache: Jedes vierte Volksschulkind ist zu dick! Wir brauchen dringend effektive Maßnahmen statt leerer Worte.

Ja, es stimmt, Werbeverbote sind wirklich kein präferiertes Mittel und reichen alleine nicht aus. Allerdings haben viele Kampagnen, Maßnahmen und Initiativen der letzten Jahre, ganz klar, nicht das gewünschte Ergebnis erzielt. Da muss man lernfähig sein und es anders machen.

Dazu müssen wir weiter gehen. Wir brauchen leider strengere Grenzwerte für Zucker, Fett und andere ungesunde Inhaltsstoffe in Lebensmitteln. Produkte, die diese Grenzwerte überschreiten, sollten höher besteuert und von der Werbung ausgeschlossen werden. Großbritannien geht diesen Weg und ist erfolgreich. So können wir zumindest einen Teil des volkswirtschaftlichen Schadens, der durch Übergewicht verursacht wird, ganz klar kompensieren. Marken sind dafür eindeutig der vertrauenswürdige Absender:

Die aktuelle Studie des Markenartikelverbands zeigt eine bemerkenswerte Vertrauensbasis in Marken auf. Josef Braunshofer, Präsident des MAV, hebt hervor, dass Marken-Qualität beim Konsum Sicherheit und Vertrauen vermittelt, gerade in unsicheren Zeiten. Diese Vertrauenswürdigkeit von Marken, insbesondere bei den 16- bis 29-Jährigen, wo fast die Hälfte dieser Altersgruppe den Markenprodukten großes Vertrauen schenkt, ist nicht zu unterschätzen.
Günter Thumser, Geschäftsführer des Markenartikelverbandes, betont, dass Marken für konstante Qualität und Verantwortungsbewusstsein gegenüber Kund:innen, Gesellschaft und Umwelt stehen. Im Sinne der Verantwortung für die Gesellschaft (und den realen Zahlen zu Zivilisationskrankheiten & Übergewicht) muss das auch die Sensibilisierung für die Auswirkungen ungesunder Lebensmittel umfassen. Marken, die so viel Vertrauen genießen, haben also auch die Pflicht, dieses Vertrauen in positive gesellschaftliche Veränderungen umzusetzen. Dies umfasst die Förderung einer ausgewogenen Ernährung, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen.

Die Diskussion um Werbeverbote und Gesundheitsmaßnahmen ist 2024 mehr als eine Debatte über Wirtschaft und Marketing, es ist vielmehr eine Frage der gesellschaftlichen Verantwortung. Denn es ist an der Zeit, dass alle Wirtschafsbereiche der gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden und ihren Beitrag leisten, um eine gute Zukunft für unsere Kinder zu gestalten.

Mit nachhaltigen Grüßen

Alexander Oswald

Präsident der Österreichischen Marketinggesellschaft

www.marketinggesellschaft.at


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