Weitere FPÖ-Interventionen aufgetaucht
So reagieren ORF und Redakteursrat auf die neuen Postenschacher-Chats

| 01.04.2024

Die Protokolle würden ein trauriges Sittenbild zeigen, wie wenig politische Parteien - allen voran die FPÖ - von unabhängigem Journalismus halten.

Der von der ÖVP initiierte Untersuchungsausschuss über "rot-blauen Machtmissbrauch" deckte neue Chatprotokolle aus den Jahren 2017 bis 2019 auf, die belegen sollen, wie die damalige Regierungspartei FPÖ beim ORF intervenieren und Personal umrühren wollte.

Aus den nun veröffentlichten, sechs Jahre alten Chats würde hervorgehen, dass darin primär über ORF-Mitarbeiter:innen gesprochen wurde, aber nicht mit ihnen, so der öffentlich-rechtliche Rundfunk in einer Aussendung.

Neue Postenschacher-Chats

Es ist keine Neuigkeit, dass die Freiheitlichen den ORF umbauen wollten. Chats mit Heinz-Christian Strache samt Interventionstipps kosteten 2022 schon den TV-Chefredakteur Matthias Schrom den Job. Neue FPÖ-Chats zeigen nun, wie der damalige Vizekanzler Heinz Christian Strache, der EU-Abgeordneter Harald Vilimsky, der frühere Infrastrukturminister Norbert Hofer und ORF-Stiftungsräte der FPÖ, den ORF umkrempeln wollten.

Wie verschiedene Medien berichten, gab es etwa mit dem damaligen Vizetechnikdirektor Thomas Prantner, der zuständig für Onlineaktivitäten des ORF war, regen Austausch. Laut dem Standard soll Prantner viele Belege für große und prominent platzierte Berichte über die FPÖ auf ORF.at und in der ORF-TVthek an Strache geschickt haben. Außerdem sei er "zu jeder Tages- und Nachtzeit für die FPÖ da". 

Gefeiert wurde etwa die Installierung der blauen Vertrauensfrau Kathrin Zierhut als ORF-Personalchefin. Das langjährige Parteimitglied ist heute ORF III-Co-Geschäftsführerin. Auch der Fitness-Trainer Philipp Jelinek chattete mit HC Strache. Aktuell ist er für den ORF in der Sendung "Fit mit Philipp" im Einsatz. Er bat den FPÖ-Chef u.a. um Unterstützung, um einen Job als Moderator für "Guten Morgen Österreich" zu bekommen.

Auch Christian Wehrschütz, Ukraine und Balkan Korrespondent des ORF, tauchte in den Chats auf. Es kursierten Vorschläge, ihn "finanziell und politisch im Bereich Auslandskorrespondenz vor Ort mit Russland" aufzuwerten und ihm zusätzlich ein Format wie das "Europastudio" zu überantworten. Während Philipp Jelinek auf die Chats noch nicht reagiert hat, bestätigte Wehrschütz gegenüber Ö1, dass er sich immer wieder für Landesdirektorenposten beworben habe, aber mit Strache habe das nichts zu tun gehabt.

"Trauriges Sittenbild"

In einer Aussendung zu den jetzt bekannt gewordenen internen Chats der FPÖ zum ORF hält der Redaktionsrat fest, dass die Chats ein "trauriges Sittenbild, wie wenig politische Parteien - allen voran die FPÖ - von unabhängigem Journalismus halten". Der ORF soll von Leuten, die der Partei genehm sind, geführt werden, oder aber zusammengestutzt. Das war in Zeiten der FPÖ-Regierungsbeteiligung so und das sei auch heute noch so, wie zahlreiche öffentliche Stellungnahmen der FPÖ in letzter Zeit belegen sollen. Wer unabhängigen Journalismus ruiniert, schadet der Demokratie, so der ORF-Redaktionsrat.

Einmal mehr zeige sich, dass öffentliche Forderungen der Politik - etwa das Ende der Parteipolitik im ORF - nichts damit zu tun haben, was dann tatsächlich im Geheimen vorangetrieben wird. Nämlich eigene Parteiinteressen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk durchzusetzen. Bedauerlich sei, dass es immer wieder Leute gibt, die sich bei Parteien anbiedern und sich dadurch eine Karriere im ORF erhoffen. Das sei ein Schlag ins Gesicht aller Journalist:innen im ORF, die für kritische, objektive und unabhängige Berichterstattung stehen.

Der ORF würde sich gegen jegliche politische Einflussnahme verwehren. Der neue Ethik-Kodex würde neben vielen anderen Regelungspunkten auch klare Regeln für den Umgang mit Politiker:innen sowie politischen Parteien festschreiben.

www.orf.at

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