In der Wiener Hafenkneipe "Spelunke" geht’s so gar nicht förmlich zu

Das neue Lokal von Monika Wlaschek und Werner Helnwein erinnert daran, dass hier einmal das Wiener Hafengebiet war.

Vor knapp zwei Monaten eröffnete am Wiener Donaukanal, genauer gesagt an der Ecke Obere Donaustraße und Taborstraße, das All-Time-Lokal "Spelunke". Mittlerweile gehört es aufgrund seiner unkonventionellen Kommunikation, seines künstlerischen Designs und seiner hervorragenden Küche zu den Lokal-Hotspots knapp außerhalb des Zentrums. Monika Wlaschek und Werner Helnwein zog es nach Jahren am Hanslteich in Wien-Neuwaldegg, wieder zurück in die Großstadt. "Mit dem ,Klee am Hanslteich‘ bekamen wir das Image eines Nobel-Lokals, welches wir nie angestrebt hatten,“ so Werner Helnwein, im Gespräch mit LEADERSNET LUXURY NEWS, „was vermutlich an Monikas Herkunft (sie ist die Enkelin des BILLA-Gründers Karl Wlaschek) lag. Wir haben lange zu tun gehabt, um dieses Image wegzubekommen.“ Der Name des zweiten Lokals der Beiden, „Spelunke“, dient nun auch dazu, diesen Druck rauszunehmen. Und er sagt einiges über den Standort aus, denn früher war hier das Wiener Hafengebiet. „Den Schickimicki-Faktor gibt es hier nicht, aufgrund der Einrichtung, des Ambientes und der Lage sprechen wir ein gemischtes Publikum jeder Altersklasse an. Vom Studenten bis zum Generaldirektor.“


© Sybille Dremel

Geplant war dieses zweite Lokal auch nicht, aber als der Drang zurück in Stadt größer wurde, sahen sich die Beiden erst einmal mehrere Objekte an. Der jetzige Standort, an dem früher ein Büro untergebracht war, gefiel Werner Helnwein, der unter anderem ein Jahr als Restaurantmanager im Michelin-Stern-Restaurant von Kurt Gutenbrunner in New York gearbeitet hat, vorerst gar nicht. "Aber dieser zusammengewachsene Bezirk mit den coolen Leuten, Familien, Geschäftsleuten, den Mitarbeitern großer Firmen, gibt auch charakterlich viel her. Erst dachte ich, die Brücke zur City wäre eine zu große Barriere, aber dann bin ich draufgekommen, auf dieser Seite befindet sich ja das weit interessantere Grätzel, weil es so natürlich und familiär ist, mit einer erfrischenden, bunten Mischung an Leuten. Hier konnte ich ein ganz anderes Konzept kreieren, ein frecheres, eines, nach dem nicht alle Regeln befolgt werden müssen. Zum Beispiel bieten wir sofort das Du-Wort an, das kommt sehr gut an, Etikette draußen lassen und wie etwa auf einer Schihütte entspannen. Besteht doch jemand auf das förmliche Sie, na dann Siezen wir halt.“

Die "Spelunke" hat jeden Tag geöffnet, die Gäste kommen genauso auf ein schnelles Essen oder nur auf einen Kaffee,  in das Restaurant bzw. an die Bar. „Unsere Gäste sollen nicht das Gefühl haben, ein teures Restaurant zu betreten, deshalb haben wir haben die Bar gleich nach dem Eingang platziert, um zu zeigen, dass bei uns jeder willkommen ist und sich wohlfühlt. Was uns bis jetzt auch gelungen ist."


© Sybille Dremel

Spätestens der zweite Blick fällt auf die Wandbemalung, vor allem auf das große, wandfüllende bewegliche Bild, an der Rückseite des Lokals. "Das Bild entstand durch Zufall. Mein ehemaliger Schulkollege Akira Sakurai wechselte von der Gastronomie zur Kunst und ist jetzt mit Grafik und Malerei sehr erfolgreich. Es gelang ihm, auf meinen Wunsch, den Donaukanal hier herauf zu transportieren. Um wiederum ungewolltem Schickimicki-Charakter auszuweichen, arbeiteten wir mit Graffitis, das bringt alles auf den Boden, das Lokal wirkt ein bisschen erdiger. Dank einer besonderen Technik –  aus Zement und schwarzem Sand wird ein Relief erstellt und mit Graffitis noch ergänzt – entsteht ein zuerst graues Bild, das von einem Lichtkünstler belebt wird. Das Werk ist eine Kombination aus Malerei und Projektion, ein lebendes Bild, das sich permanent verändert.“

Auf der Speisekarte geben die Betreiber keine konkrete Richtung vor, sie wollen sich auch nicht auf etwas Spezielles konzentrieren. "Wir orientieren uns vegetarisch, deftig, aus der Pfanne, schon mit einem Schwerpunkt Fisch, allein wegen des Hafenthemas, aber auch nicht zu übertrieben. Unser ,Signatur-Dish‘ ist ein Steckerlfisch. Dieser traditionell an einem Stäbchen gegrillte Fisch vermittelt etwas Bodenständiges, es handelt sich dabei keineswegs um ein Haubengericht, er wird auch nicht elegant serviert. Somit weiß man, hier läuft es nicht nach Etikette.“ Zur ganztägigen Karte, von 11 bis 23 Uhr, kommt ein wöchentlich wechselndes Mittagsmenü mit Suppe oder Salat als Vorspeise, zwei verschiedenen Hauptspeisen und zwei gleichbleibenden Speisen, einen Fischburger zwecks Hafenthema und Eiernockerl als klassische Wiener Küche. Dazu gibt es einen großen Suppentopf, mit wöchentlich wechselndem Inhalt. Die Preise sind sehr moderat, auch das gehört zum bodenständigen Hafenkonzept. Einen Wiener Klassiker, das Wiener Schnitzel sucht man vorerst vergeblich auf der Karte. „Nicht aus Überheblichkeit,“ betont Werner Helnwein, „sondern weil wir uns zu Beginn anders präsentieren wollen. Irgendwann wird es sicher ins Programm aufgenommen.“ Dafür erweist sich das Mehlspeisenangebot als durchaus wienerisch. "Unsere Patissière Bernadette Harbich verfügt tatsächlich über sagenhafte Verführungskünste.“


© Sybille Dremel

Dass den Beiden das Ganztageserlebnis besonders wichtig ist, betont Werner Helnwein mehrmals. "Wir wollen nicht Fisch ,oder‘ Fleisch servieren, wir wollen auch nicht ,das‘ Restaurant oder ,die‘ Bar sein, sondern einfach ein Platz zum Wohlfühlen. Wir gestalten die Karte nach dem Wunsch der Gäste. Es gibt Frühstück, Lunch, nachmittags Kaffee und Kuchen, Abendessen und dann die tolle Bar mit DJ. Und mit Marcus Philipp den ,Bartender des Jahres‘ als Barchef.“ 

Mit einer hochklappbaren Fensterfront zur Taborstraße, die sich komplett öffnen lässt, ist das Lokal schon bestens auf die Sommermonate vorbereitet. Derzeit stehen im späteren Gastgarten noch Strandkörbe mit Sitzheizung als Service für die Raucher. Später wird sich durch die breite, offene Front ein wunderbarer Blick auf die drei Tanks ergeben, die auch so etwas wie ein typisches Erkennungsmerkmal der "Spelunke" sein sollen. Sobald sich im Sommer rundherum alles im Freien abspielt, muss auch der Weg nach draußen offen sein. Im Außenbereich wird es dann 40 bis 45 Plätze geben und eventuell weitere 20 Plätze in einem Schanigarten an der Oberen Donaustraße, mit Blick auf das ehemalige Hafengebiet am Wiener Donaukanal. (et)

spelunke.at