"Luxury Secondhand ist die Zukunft"

"Vestiaire Collective" ist schon lange kein Geheimtipp mehr. Der Marktplatz für Premium-Vintage Mode und Taschen boomt enorm. CEO Max Bittner im Talk über die ertragreiche Zukunft von gebrauchter Designerware. 

Second-Hand Luxusgüter mischen den Markt auf: Diesen Trend kann man einfach nicht mehr ignorieren. Einigen Konsumenten von Premiumprodukten, die oft sogar in Handarbeit gefertigt wurden, ist bewusst, dass der Wert über die Zeit hält, in manchen Fällen sogar steigt, man denke nur an Chanel oder Hermès. Durch den Wiederverkauf könnte die Luxusbranche der Billigmode immer mehr Marktanteile abringen. Doch es gibt noch Luft nach oben.

Der Trend zum Resell befeuert auch den Nachhaltigkeitsaspekt. Studien von McKinsey belegen, dass den Konsumenten immer wichtiger wird, welchen Beitrag die Modeindustrie zur Klimaveränderung hat. So wird der Modewiederverkauf dem Modehandel immer mehr Marktanteile abnehmen. Durch den Kauf einer gebrauchten Designerhandtasche anstatt einer neuen könnten zum Beispiel 90 Prozent der CO2-Emissionen vermieden werden.

Unter Jugendlichen weltweit ist der Second-Hand-Trend bereits angekommen. "Fashion Activists" auf Social Media machen es vor und sie kaufen und verkaufen regelmäßig sogenannte "preloved" Mode über Online-Plattformen und Vintage-Shops. Wohingegen ältere Generationen noch Berührungsängste haben oder sich erst mit dem Gedanken auseinandersetzen müssen, dass Premiumartikel in Ihren Schränken auch nachgefragt werden. 

 
 
 
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It-Piece der 90er wird zum Key-Piece 2021

Max Bittner, CEO der französischen Secondhand-Plattform Vestiaire Collective, schätzt, dass aktuell  eine Trillion US-Dollar (entspricht einer halben bis zu einer Billion Euro, Anm.) an Luxusmodeartikeln ungetragen in den Schränken der Weltbevölkerung verstaubt. Den wenigsten ist bewusst, dass sie auf einem ungeborgenen Vintage-Schatz sitzen, aber bei Fashionistas und Modezeitschriften ist bekannt, dass aus einem It-Piece der 90er schnell das Key-Piece eines Looks von heute werden kann. Mittlerweile konnten sich auch schon mehrere Plattformen zum Wiederverkauf von Luxusartikeln erfolgreich etablieren.

"Wenn 15- oder 16-jährige es heute tun, dann stehen die Chancen sehr gut, dass du und ich spätestens in ein paar Jahren genau dasselbe tun werden", so Bittner. Seine Online-Plattform, die sich auf den Wiederverkauf von Premium und Luxusprodukten spezialisiert und ihren Sitz in der Modemetropole Paris hat, zählt heute bereits mehr als zehn Millionen Mitglieder auf der ganzen Welt. Bittner ist davon überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis auch der Rest der Welt ein Verhalten übernimmt, das die jungen Konsumentinnen bereits heute an den Tag legen: Und zwar das Kaufen und Verkaufen von (Premium-)Second-Hand Kleidung.

 
 
 
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Immenser Anstieg für "Nachhaltige Mode"

"Menschen auf der ganzen Welt legen verstärkt einen Fokus auf den Nachhaltigkeitsaspekt in ihrem Konsumverhalten. Konsumentinnen und Konsumenten werden sich immer bewusster, dass vor allem die Modeindustrie als großer Verursacher eine wichtige Rolle in vielen ökologischen Problemen unseres Planeten spielt",  sagt Bittner. Gleichzeitig werden sich immer Menschen mehr der Tatsache bewusst, dass sie auch als Einzelpersonen sehr konkrete Gegenmaßnahmen ergreifen können und dass ihr Handeln eine direkte Auswirkung auf den negativen oder positiven Impact von Mode hat. Indem man den Lebenszyklus der Produkte, die man über einen Zeitraum von nur neun Monaten trägt, beobachtet, kann man Bittner zufolge dabei helfen, die CO2-Emissionen der Modeindustrie um 30 Prozent reduzieren. Indem man sich anstatt einer neuen Handtasche für eine Secondhand-Bag entscheidet, kann man den CO2-Ausstoß der Modeindustrie sogar um bis zu 90 Prozent verringern.

 
 
 
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"Diese Tatsachen werden Konsumentinnen und Konsumenten auf dramatische Art und Weise bewusst. Eine Google Trends Chart zeigt allein für den Zeitraum zwischen 2018 und Ende 2020 einen immensen Anstieg in den Suchanfragen für "Nachhaltige Mode" oder "Nachhaltige Kleidung" an", führt der Experte weiter aus.

"Secondhandware wird definitiv eine enorm große Rolle in der Fashionwelt der Zukunft spielen. Ich persönlich denke, dass das eine unvermeidliche Entwicklung ist, da wir alle gemeinsam auf diesem Planeten leben – der gerade definitiv "brennt" oder dem das Wasser bis zum Halse steht, je nachdem wo man lebt – und dieser Trend ist irreversibel, er ist nicht rückgängig zu machen", ist sich Bittner sicher.

Parallelen zur Autoindustrie

Niemand werde  neue Kleidung in dem Bewusstsein tragen wollen, dass der Fertigungsprozess dieser Kleidungstücke dazu geführt hat, dass Menschen dafür leiden oder sogar ihr Leben lassen mussten. Konsumenten verlangen, dass gehandelt wird, und genau deshalb sind auch die Regierungen der Welt dazu gezwungen, zu handeln. "Sehen Sie sich nur die Automobilindustrie an: Auch sie stand und steht unter enormem Druck was ihre negativen Auswirkungen auf unsere Umwelt anbelangt. Der Verkauf von Gebrauchtwägen repräsentiert 50 Prozent aller verkauften Autos auf der ganzen Welt – wenn nicht sogar mehr. Dies könnte auch ein Hinweis auf die Richtung sein, in die sich die Modewelt gerade entwickelt. Ich sehe eine signifikanten und schnellen Trend in Richtung nachhaltige Kleidung und nachhaltiges Verhalten", stellt Bittner fest.

Tiefergehendes Verständnis für den Vermögenswert

Eine andere Sache sei ein viel tiefergehendes Verständnis für den Vermögenswert von Produkten – und deren Restwert auch längere Zeit nach dem Kauf – auf Konsumentenseite. "Das Wachstum des Luxus Markts wird beschleunigt werden, weil die Menschen sich der Tatsache bewusst werden, dass es viel mehr Sinn macht, Produkte zu kaufen, die langlebig sind und mit echter Handwerkskunst hergestellt wurden. Solche Produkte haben einen viel höheren Vermögenswert und werden dementsprechend auch einen signifikanten Restwert behalten, der es Konsumentinnen und Konsumenten ermöglicht, diese Produkte auch zu einem guten Preis wieder zu verkaufen", so der Vestiaire-Chef abschließend. (jw)

de.vestiairecollective.com