"Ich kann versprechen: Es wird lustig!"

Im Interview verrät Cecilia Bartoli, künstlerische Leiterin der Pfingstfestspiele, warum es bei den Festspielen einen Flamenco-Abend gibt und wie es ihr gelingt, das Who is Who der Opernbühne in ihrem Programm zu vereinen. 

Die Osterfestspiele starten in Kürze und auch bis zu den Salzburger Festspielen Pfingsten ist es nicht mehr lange. Heuer stellt die Künstlerische Leiterin Cecilia Bartoli Sevilla ins Zentrum: Eine Stadt, die unvergleichlich viele Komponisten inspirierte. 153 Opern soll es geben, die rund um Sevilla spielen.

Luxury News:  Bald geben sich die Stars der Opernbühne die Klinke in die Hand: Maria Agresta, Rebeca Olvera, Piotr Beczala, Plácido Domingo, John Osborn, Rolando Villazón, Ildar Abdrazakov. Wie ist es, mit diesen Größen zu arbeiten ?

Bartoli: Wir haben diesen Gala-Abend "Carmencita & Friends" übertitelt – eine Anspielung auf Carmen, vielleicht die berühmteste sevillanische Opernfigur überhaupt. Im Laufe meiner Karriere hatte ich das Glück mit vielen fantastischen Sängern und Musikern die Bühne zu teilen, und ich freue mich sehr, dass so viele Kollegen meiner Einladung nach Salzburg gefolgt sind: Gemeinsam werden wollen wir als Schlussbouquet ein Feuerwerk der Salzburger Festspiele Pfingsten 2022 zünden.

Luxury News: Heuer setzen Sie ja auch auf eine Erweiterung. Sie bringen erstmals einen Flamenco-Abend zu den Festspielen und laden ergänzend zur Filmreihe Reflexión ins Kino. Wie kam es dazu?

Bartoli: Die klassische Musik und vor allem die Oper berühren viele Themen: Theater, Literatur, Musik, Tanz, bildende Künste, Geschichte und vieles mehr. Auch eine Stadt wie Sevilla wirkt auf uns als Gesamtbild, in der Essen, Trinken, Kultur und Geschichte zu einem einzigen großartigen Eindruck zusammenwachsen – genau so möchte ich auch das Programm zu Pfingsten auf das Publikum wirken lassen: je mehr verschiedene Brillen wir aufsetzen, um ein Bild zu betrachten, desto interessanter und tiefer sind die Erlebnisse und Einsichten, die wir darausziehen.

Luxury News: Flamenco zählt zum Immateriellen Kulturerbe der Welt. Was fasziniert Sie an dieser urspanischen Tradition?

Bartoli: Während meiner Teenagerjahre in Rom ging ein Mädchen aus meiner Schulklasse zu Tanzstunden, und eines Tages ermunterte mich mein Vater, sie zu begleiten und zu schauen, was dort gemacht wurde. Als ich hineinkam, verschlug es mir auf der Stelle die Sprache: So etwas hatte ich noch nie gesehen. Dieses Studio barg Dinge, die nirgendwo in meiner Welt existiert hatten. Flamenco, was für eine Entdeckung! Damals konnte man dem Flamenco noch nicht in den Medien begegnen – man musste tatsächlich hingehen und daran teilhaben. Eine unwiderstehliche Kraft zog mich an, bis ich mich schließlich für eine Zeit lang einer semiprofessionellen Gruppe anschloss. Abgelegt habe ich dieses Faible aber bis heute nicht.Wenn Sie rufen, kommen alle.

News: Viele Komponisten und Autoren haben Sevilla als Ort des Geschehens ihrer Werke genutzt, obwohl sie nie dort waren. Was macht Sevilla für Sie besonders?

Bartoli: Sevilla ist zuerst eine Stadt mit überwältigendem Licht, voll glühender Hitze, berauschendem Orangenblütenduft, einem einzigartigen Gemisch von stolzen Kulturen – und natürlich mit der vielseitigen Musik, die diese Stadt hervorgebracht und inspiriert hat. Wenn ich nach Sevilla komme, begebe ich mich in irgendein unscheinbares Tablao in der Hoffnung, vom echten Flamenco – seiner Musik und seinem Tanz – aufs Neue mitgerissen zu werden. Und als große Bewunderin von María Pagés besuche ich ihre Aufführungen, wann immer es mir möglich ist.

Luxury News: Warum haben Sie Rolando Villazón als Regisseur für Il barbiere di Siviglia angefragt? Worauf dürfen sich die Zuseher bei seiner Inszenierung freuen?

Bartoli: Ich kann versprechen: Es wird lustig! Rolando inszeniert den Il barbiere di Siviglia, eine durch und durch komische Oper, die wunderbar zu ihm und seinem quirligen Wesen passt. Mit dem berühmten Verwandlungskünstler Arturo Brachetti hat Rolando übrigens noch eine neue Figur in die Handlung eingebaut – wir sind gespannt!

Es mag Zufall gewesen sein oder auch nicht, aber mein professionelles Debüt als Opernsängerin gab ich als Rosina. Dieses herrliche Werk bildete den Grundstein meiner internationalen Karriere, und es freut mich, zum vielleicht letzten Mal, zu ihm zurückzukehren – zusammen mit einigen meiner absoluten Lieblingskollegen: mit Gianluca Capuano als Dirigenten und einer Besetzung mit großartigen Sängerkollegen!

Luxury News: Viele sind schon auf Iberia gespannt. Was ist das Besondere an Javier Perianes‘ Klavier-Matinee, bei der Werke dreier spanischer Komponisten zu hören sein werden?

Bartoli: Manuel de Falla, der berühmteste Komponist der iberischen Halbinsel, wurde im andalusischen Cádiz geboren und studierte bei Felip Pedrell. Der katalanische Komponist und Musikologe Pedrell gilt als Vater des spanischen Nationalstils. Alle seine Schüler, zu denen außer de Falla auch Namen wie Isaac Albéniz und Enrique Granados zählen, schrieben bemerkenswerte Werke, die von Melodien und Rhythmen lokaler Volksmusik durchdrungen sind und haben eine eigene, höchst virtuose pianistische Sprache entwickelt. Javier Perianes, einer der herausragendsten spanischen Pianisten dieser Generation, entführt uns in die Musikwelt seines Heimatlandes zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Neben anderen Werken wird er de Fallas höchst selten aufgeführte Fantasía Baetica – eine Hommage an die Gegend um Cádiz – sowie jene Sätze aus Albéniz’ bekannter Suite Iberia, die Granada und Sevilla gewidmet sind, spielen.

Luxury News: Spanische Barockklänge mit der Vihuela sind im "Siglo de Oro" zu hören. Was erwartet uns?

Bartoli: Gemeinsam werden wir dieses wunderbare, in Mitteleuropa aber noch viel zu wenig bekannte Erbe erkunden. Dank Komponisten wie Francisco Guerrero und Cristóbal de Morales erlebte die polyphone Sakralmusik im Sevilla der Renaissance im 16. Jahrhundert eine große Blüte. Jordi Savall und seine Ensembles werden auf dieser Reise unsere erfahrenen Führer sein: Zwar stammen sie aus Katalonien, doch sind sie wahrscheinlich die weltweit bedeutendsten Experten im Bereich der Alten Musik aus Spanien, dem Mittelmeerraum und dem Nahen Osten – ideale Partner also, um uns mit diesem Aspekt der vielfältigen Musiktradition Sevillas vertraut zu machen.

Wir werden außerdem Ohrenzeugen eines der für Christina Pluhar so typischen genreübergreifenden Konzerte. Das Programm mit Liedern und Tänzen von beiden Seiten des Atlantiks – Spanien und Südamerika – macht hörbar, wie Elend und Bitterkeit, die über ein Volk gebracht wurden, oft in tief empfundener Musik sublimiert werden – und der Blick zurück öffnet unsere Herzen dem Mitgefühl und der Liebe. (red)

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