"Ich lasse es mir selbstverständlich nicht nehmen, den Gin persönlich im Helikopter auszuliefern"

| 08.06.2021

Die Destillateurin, Pilotin und Wirtschaftswissenschaftlerin Julica Renn im Interview über den Spagat zwischen Tradition und Moderne sowie die Brennerei und ihr exklusives Hotel.

Julica Renn bringt öfters mal einen Gin per Helikopter zum Kunden. Zeitgleich kümmert sie sich um ihr traditionelles Weingut und verkauft ihre Produkte in den nobelsten Restaurants und Shops. Luxury News hat sie zum Interview gebeten. 

Luxury News: Was hat sie dazu gebracht nach glänzenden Aussichten auch in anderen Branchen den elterlichen Burgunderhof zu übernehmen?

Renn: Zunächst einmal war es für mich sehr wichtig, mich in jede Richtung zu orientieren. Ich habe Praktika im Bereich Politik, Gastronomie oder auch auf einem Weingut in Südafrika gemacht. So durfte ich beispielsweise den Regierungssprecher begleiten als ich im Bundespresseamt Berlin war, habe bereits in der Traube Tonbach gearbeitet oder auch in einer Anwaltskanzlei in Stuttgart.

Danach konnte ich für mich ziemlich klar festlegen wie meine berufliche Zukunft aussehen soll, konnte allerdings auch bestimmte Richtungen für mich ausschließen…  Nach längerer Zeit im Ausland sowie dem Einblick in die verschiedenen Branchen war mir klar, dass ich zu Hause einsteigen möchte.

Luxury News: Wie sind sie auf die Idee gekommen, einen eigenen Gin zu kreieren?

Renn: Ich wurde tatsächlich auch von dem Gin Hype in Deutschland infiziert. Viele meiner Freunde sind auf mich zu gekommen und haben zu mir gesagt Julica, mach doch bitte auch einen Gin. Wenn einer das kann dann du… Voller Stolz und Überzeugung habe ich dann meinen Vater mit ins Boot genommen, der darauf meinte: "Gin? Das macht doch jetzt jeder Depp…" daraufhin dachte ich, Herausforderung angenommen!

Luxury News: Welche Erfolge und Anerkennung hat ihr eigenständiges Produkt bisher erfahren?

Renn: Bisher konnten wir einige Medaillen und Auszeichnungen weltweit bekommen. Beispielsweise konnte ich den World Spirit Awards in Wien mit Gold gewinnen, habe Preise in San Francisco bei der Worlds Spirit Competition gewonnen oder auch in der Geburtsstadt des Gins, London, konnte ich mehrere Preise in verschiedenen Kategorien abräumen. Zudem wurde mein Produkt mit dem German Brand Award 2019 ausgezeichnet. Hier wird eben besonderes Augenmerk auf Design und Produktaufmachung gelegt. Das war natürlich wie ein Ritterschlag.

 Luxury News: Was zeichnet ihre Produkte besonders aus?

Renn: Meiner Ansicht nach ist die Besonderheit meines Produkts die Verbindung zwischen Tradition und Moderne. Ich habe versucht, ein Produkt mit langer Geschichte in die heutige Zeit zu transportieren. Zudem legen wir sehr viel Wert auf den Herstellungsprozess und die Verarbeitung von regionalen, biozertifizierten Produkten höchster Qualität. Um die Authentizität zu bewahren, habe ich dem Produkt meine Geschichte verliehen, sprich ich wollte meine Leidenschaft für Freiheit, das Fliegen und meine Zeit über den Wolken in einem Produkt an den Kunden bringen

 Luxury News:  Wie sind Sie auf den Namen und auf die Produkteigenschaften gekommen?

Renn: Mein primäres Ziel war es einen Gin hervorragender Güte mit einer ansprechenden Story und einer einzigartigen Flasche zu verbinden. Die Geschichte vom Mile High Club hat mich tatsächlich seit dem Beginn meiner Fliegerkarriere interessiert und sie ging mir nicht mehr aus dem Kopf. da die Entwicklung des Gins parallel zu meinem Erwerb der Lizenz für Helikopter lief, kamen so nach und nach Produkt und meine Leidenschaft zusammen

 Luxury News: Wie heben Sie sich von der Konkurrenz ab?

Renn: An meinen Marktbegleitern habe ich mich ehrlich gesagt noch gar nie orientiert. Mir war es wichtig, meine Leidenschaft, Vision und Idee eines Produktes  ganzheitlich zu verwirklichen. Ich habe einen Gin kreiert, den ich auch selbst kaufen würde. Das ist das ganze Geheimnis dahinter

Luxury News: Steht in ihren persönlichen Interessen eigentlich eher das renommierte Weingut oder die Destillerie im Vordergrund?

Renn: Mein elterliches Unternehmen besteht eigentlich aus drei Betriebszweigen, welche sich hervorragend ergänzen. Es ist zum einen das Hotel, das Weingut und die Destillerie mit Gin-Brennerei. Alle Teile sind mir gleichermaßen wichtig und ich hoffe alle Bereiche in eine erfolgreiche Zukunft führen zu können

Luxury News: Fühlt man sich als Persönlichkeit mit zwei Studienabschlüsse als Landwirtin auch manchmal ein wenig unterfordert?

Renn: Für mich liegt die Spannung und Herausforderung in meinem Beruf tatsächlich in der Abwechslung. Ich denke, dass Bildung als Grundlage gepaart mit einer guten Bodenständigkeit ein gutes Rezept für eine erfolgreiche Laufbahn sein kann. Mir hilft der Ausgleich und die Arbeit in der Natur um mit beiden Beinen auf der Erde zu bleiben, was man ja manchmal bei Höhenflügen anderer Art verlieren kann… So bleibe ich geerdet und kann alle meine Facetten ausleben

Luxury News: Hat auch die Corona Krise Auswirkungen auf ihre Arbeit und ihr Leben?

Renn: Selbstverständlich. Wir betreiben ja neben dem Weingut und der Destillerie/ Gin-Brennerei auch noch ein kleines, exklusives Hotel. Dies ist selbstverständlich massiv durch Corona beeinträchtigt und wir haben dieses Jahr noch keinen Gast bei uns auf dem Betrieb gesehen. Ach privat hat es mich vor einige Herausforderungen gestellt und auch tatsächlich dazu gebracht, mich wieder auf wesentliche Dinge in meinem Leben zu konzentrieren und vor allem auch den roten Faden nicht zu verlieren. Es gibt definitiv auch irgendwann eine Zeit nach Corona, das sollten wir nicht vergessen. 




 Luxury News: Wo sind Ihre Produkte erhältlich? Wie ist der Vertrieb aufgestellt?

Renn: Hier kann man sagen, dass ich quasi alle Aufgaben rund um das Produkt in Personalunion übernehme. Das schöne ist, dass ich noch nie auf einen Kunden zugegangen bin, sondern alle Anfragen tatsächlich an mich gerichtet worden. Sozusagen nach dem Pull-Effekt im Markt. Ich habe versucht die Produkte über Social Media bekannt zu machen und so wurden sie dann auch immer mehr nachgefragt… Das hat nun zum Ergebnis, dass es meinen Gin europaweit gibt. Besonders stark ist ja auch in der Schweiz vertreten und auch deutschlandweit erhältlich. Über renommierte Adressen wie das KaDeWe in Berlin, Käfer in München, die Sansibar in Sylt, viele Onlinehändler.

Luxury News: Wir haben gehört, dass Sie sogar bei Helikopter liefern?

Renn: Sie können sich vorstellen, dass viele meiner Kunden irgendeine Verbindung zur Fliegerei haben. Daher kommt es natürlich hin und wieder auch so, dass ich Fliegerkollegen  treffe oder in der Kundschaft habe. Wir haben hier vor Ort in Hagnau ein HeliPad, so dass der ein oder andere auch gerne mit dem Helikopter bei mir vor Ort in Hagnau zum Einkaufen vorbeikommen. Wenn sich für mich eine solche Gelegenheit bietet, lasse ich es mir selbstverständlich auch nicht nehmen, den Gin persönlich im Helikopter auszuliefern.

 Luxury News: Welche Visionen verfolgen Sie aktuell?

Renn: Aktuell bin ich an der Kreation eines neuen, alkoholfreien Gins dran. Das ist wirklich eine ganz spannende, neue Welt für mich und wird mit Sicherheit alle bereits bestehenden Fans von  MILE HIGH 69® überraschen

 Luxury News: Ihr Lieblingstrink, der immer passt?

 Renn: Tatsächlich bietet einem Gin als Basis für Getränke ein Füllhorn an Variationen. Ob pur oder gemixt, kann man je nach Stimmung immer das passende Getränk anbieten. Deswegen habe ich auch zwei Varianten Tonic für meinen Gin im Angebot, der von der Rezeptur genau abgestimmt ist auf die Botanicals in meinem Produkt. Und dazu möchte ich eben auch möglichst schnell die alkoholfreie Variante anbieten. So hat man tatsächlich viele Varianten für jeden Geschmack, Stimmung und Tageszeit.

Luxury News: Welche Tipps haben Sie für Jungunternehmer parat?

Renn: Wenn ich zurückblicke und reflektiere, kann ich für mich auf jeden Fall sagen dass eine solide Ausbildung oder Studium die Basis meines beruflichen Weges war. Auch hat es mir sehr viel gebracht, in verschiedene Bereiche ein Blick zu nehmen und so auch für mich Geschäftsbereiche ausschließen zu können. So habe ich beispielsweise ein Praktikum in einer Rechtsanwaltskanzlei gemacht und sehr schnell gemerkt, dass das nicht mein Weg sein wird … (jw)

www.burgunderhof.de