"Die Leute wollen sich besser absichern"

leadersnet.at im Interview mit den HDI Vorständen Weiß und Lackner über die Vertrauenskrise in der Finanzwelt, die Versicherungsbranche im Web 2.0 und die umkämpfte KFZ-Sparte.


Während es den Anschein hat, dass sich weltweit in den letzten Jahren Banken und Staaten von einem Rettungspaket zum Nächsten hanteln, scheint die Versicherungsbranche von der anhaltenden Vertrauenskrise in vielen Teilen nichts zu spüren. Im Gegenteil, manche Sparten florieren und verzeichnen positives Wachstum.

leadersnet.at traf sich mit den Vorständen der HDI Versicherung, Günther Weiß und Thomas Lackner um über die Vertrauenskrise in der Finanzwelt, den (Un-)Trend Onlinekunde, die Bodenbildung am KFZ-Markt und warum man am besten einen Unfall mit einem HDI-Kunden haben sollte, zu sprechen.

leadersnet.at: Die Finanzwelt wurde in den vergangenen Jahren regelmäßig durch neue Vertrauenskrisen erschüttert. Sehen Sie die Gefahr, dass diese auch auf die Versicherungsbranche übergreifen?

Weiß: Die Wirtschafts- und Vertrauenskrise macht sich vor allem im Lebensgeschäft, welches von unserer Tochter HDI Gerling Leben abgewickelt wird, bemerkbar. Das sieht man auch an den Zahlen der Gesellschaften, die für das vergangene Jahr bereits veröffentlicht wurden. Im Schaden- und Unfallgeschäft merkt man es bei den Kaskoversicherungen. Die Behaltdauer von Vollkaskoversicherungen ist zurückgegangen. Generell werden Autos nun länger behalten und es gibt einen Trend zu kleineren Fahrzeugen. Bei Zusatzprodukten, wie Rechtsschutz- und Haushaltsversicherungen, spürt man es eher positiv. Die Leute wollen sich mehr absichern.
Prinzipiell kann man aber sagen, dass 2011 und 2012 sehr positive Jahre in punkto Veranlagung waren und sind. Das vergangene Jahr war überhaupt eines unserer besten.

Lackner: Im Industriebereich und in den Sparten, in denen wir uns bewegen, ist die Vertrauenskrise überhaupt kein Thema. Die Versicherungen werden benötigt, um betriebliche Risiken abzusichern. Natürlich hat man in den letzten Jahren gesehen, dass die wirtschaftliche Situation auf die Umsätze der Unternehmen gedrückt hat und Optimierungen, auch bei Versicherungen, immer wieder ein Thema waren. Generell würde ich aber sagen, dass ich keine Vertrauenskrise in der Versicherungswirtschaft sehe. Die Branche ist sehr stabil unterwegs. Das gilt auch für die Ostmärkte, in denen wir uns bewegen, beispielsweise Tschechien und die Slowakei. Einzig Ungarn ist auf Grund der politisch sensiblen Situation eine Ausnahme. Runter gebrochen auf unser Haus würde das bedeuten, dass wir ein A Rating mit Outlook stable von Standard & Poors, was vor allem für die Industrie nicht ganz unwesentlich ist, haben.

leadersnet.at: Bleiben wir gleich bei dem von Ihnen vorher erwähnten KFZ-Bereich. Dieser zählte in den letzten Jahren zu den besonders umkämpften Sparten in der Versicherungsbranche. Wie sehen Sie die Entwicklungen auf diesem Feld?

Weiß: Im Bereich der KFZ-Haftpflichtversicherungen ist es in den letzten Jahren verstärkt zu einer preislichen Bodenbildung gekommen. Die Differenzen zwischen den einzelnen Anbietern sind minimal, nichtsdestotrotz waren wir in den letzten 20 Jahren immer vorne mit dabei. Wichtiger werden Zusatzangebote, die früher nicht so stark im Vordergrund standen.

Lackner: Diesbezüglich haben wir sehr gute Erfahrungen und viel positives Feedback für beispielsweise unser HDI Werkstättennetz bekommen. Wenn der Kunde in eine Partnerwerkstätte fährt, zahlt er einerseits nur den halben Selbstbehalt, andererseits bekommt er bei sonstigen Tätigkeiten wie Reparaturen oder Wartungen 11% Nachlass. Da sich unsere Partner preislich meist unter dem regionalen Schnitt bewegen, kann sich der Kunde im Endeffekt bis zu 25% sparen. Das System basiert nicht auf dem Routingprinzip, d.h. der Kunde muss die Werkstatt nicht ansteuern, sondern es bleibt ihm vollkommen frei, ob er dieses Service nutzt oder nicht. Momentan haben wir Österreichweit 150 Werkstätten in unserem Partnerprogramm. Ziel war es, dass jeder Kunde in einem Umkreis von 25 km Zugang dazu hat. Aber nicht nur HDI-Kunden können die Vorteile dieses Services genießen,  mit dem Werkstattnetz 2.0 wollen wir auch den HDI-Geschädigten ansprechen. Fährt dieser zu einem unserer Partner, bekommt er bis zu 111 Euro rückerstattet – eine Art von Schmerzensgeld, wenn man so will. In dieser zweiten Ausbaustufe liegen wir im Moment bei ca. 100 Werkstätten. Das Service wird von unseren Kunden sehr gut angenommen. Je nach Region bzw. Bundesland wickeln wir 15% bis 23% aller Schadensfälle derzeit über unser Werkstättennetz ab.

leadersnet.at: Ein starker USP, wenn man so will.

Lackner: Ja, ein kräftiger und wichtiger USP. Natürlich wollen wir schauen, dass der Geschädigte durch das Service und die Leistung überzeugt wird und somit zukünftig vielleicht einmal ein HDI-Kunde wird.

Weiß: Das Service passt in die Zeit. In wirtschaftlich eher schlechteren Zeiten schaut man natürlich mehr auf das Geld. In eine ähnliche Richtung geht auch unser Angebot der Onlineschadensmeldung oder das Anwaltstelefon. Wenn der Kunde den Schaden online meldet, bekommt er binnen zwei Stunden eine Rückmeldung zur Deckung und Haftung, was früher vielleicht bis zu einer Woche gedauert hat, wenn man auf den Referenten warten musste. Das alles hat seinen Wert und wiegt oft kleine Preisdifferenzen auf.

leadersnet.at: Heißt das, dass Service wieder etwas kosten darf, wenn es ein wirklich gutes Gesamtpaket ist?

Weiß: Das ist schwierig. Es darf, glaube ich, nicht wirklich mehr kosten. Der Preis und das Service müssen passen, die entsprechenden Zusatzleistungen müssen enthalten sein. Das wertet der Kunde dann auch.

Lackner: Ich glaube auch, dass das Paket stimmen muss. Beim Preis muss man in einer gewissen Bandbreite dabei sein, die Serviceleistungen müssen genauso passen wie auch die Abwicklung. Sei es jetzt beim Vertrag oder beim Schaden. Das bewertet der Kunde am meisten. Man hätte schon Probleme, wenn man ein Servicepaket anbietet, welches dann noch einmal X Euro zusätzlich kostet. Das an die Frau und den Mann zu bringen wäre in der momentanen Situation schwierig.

leadersnet.at: Gibt es bei Ihnen ein Handling bezüglich "Freischaden"?

Weiß: In den untersten Bonusstufen. Diese erstrecken sich bei uns von Null bis minus Sieben. Wenn man einen Schaden bei minus Sieben hat und springt dann auf minus Vier, ist die Prämie die gleiche. Es heißt nicht Freischaden, aber durch unser Bonussystem ist dieser impliziert. Wenn man sich im oberen Bereich befindet, dann nicht. Fast dreiviertel unserer Kunden sind in den Stufen Null bis minus Sieben. Im Markt sind es auch Zweidrittel, die um Null sind.

leadersnet.at: Sie haben vorher bereits die Onlineschadensmeldung erwähnt. Wie wichtig ist das Netz für Sie in punkto Kundenkontakt und –feedback? Gibt es einen Trend in Richtung Onlinekunden?

Lackner: Es ist definitiv wichtig. Vor allem in dem bereits erwähnten Bereich der Schadensmeldung. Der Trend in diese Richtung ist da, aber der wirkliche Onlinekunde entwickelt sich in Österreich erst. Das Segment ist langsam aber stetig steigend, der große Boom blieb bis jetzt aber aus. Ich glaube, dass man hier zwischen den verschiedenen Produkten etwas differenzieren muss. Eine klassische KFZ-Haftpflichtversicherung wird man online abschließen können, bei differenzierteren Produkten mit mehreren Bausteinen, gerade im Haushalt- und Eigenheimbereich, ist schon ein gewisser Beratungsbedarf vorhanden. Kurz- bis mittelfristig sehe ich nicht, dass der Trend sich verstärkt in Richtung Online entwickeln wird.

Weiß: Wir überarbeiten gerade unsere Homepage und planen unter anderem auch eine Kundenplattform zu implementieren, wo diese selbstständig ihre Versicherungsverträge verwalten können, wie bei einem Bankkonto. Aus unserer Erfahrung wird das Internet vor allem stark beim Preisvergleich genutzt. Dort sucht man sich dann heraus, wer gut im Markt ist und attraktive Angebote hat, ruft dann jedoch meist an, geht direkt hin oder wickelt den tatsächlichen Abschluss über einen Makler ab. Natürlich gibt es bei uns auch die Möglichkeit, die Versicherung online abzuschließen. Die Menge der Nutzer ist allerdings mit knapp 1000 Kunden überschaubar. Man merkt es auch im Markt. Dieser rechnet auch nicht mit mehr als ein bis maximal zwei Prozent reine Onlinekunden in den nächsten fünf bis zehn Jahren.

leadersnet.at: Wie gestaltet sich die allgemeine Geschäftsaufteilung bei HDI, wie setzt sich das Vertriebsgeschäft zusammen?

Weiß: Es teilt sich fast genau 50% Firmen- und 50% Privatgeschäft. Im Privatgeschäft liegt der Schwerpunkt mit 80% auf KFZ. Von dem kommen wir. Das Rechtsschutz- und Eigenheimgeschäft haben wir in den letzten Jahren sehr stark aufgebaut. In diesen drei Bereichen wollen wir auch zukünftig noch wachsen.
Wir haben im Privatbereich mit ca. 12% ein starkes Direktgeschäft, bei dem der Kunde direkt zu uns kommt. Die restlichen 88% entfallen auf das Maklergeschäft. Wir haben selbst keinen Außendienst oder eine Art von Generalagentur. Wenn sind es Mehrfachagenten oder –makler. Wir sehen in den beiden Bereichen keine Konkurrenz. Der Kunde zahlt das Gleiche, ob er nun direkt zu uns kommt oder die Versicherung über einen Makler abschließt.

Lackner: Gerade der Direktkunde ist uns wichtig, nicht nur vom Prozentsatz her. Wir werden im April in Wien-Nord ein neues Kundenbüro eröffnen, da wir über der Donau nicht präsent sind und es ein stark wachsendes Gebiet ist. Würde der Trend, wie vorher bereits erwähnt, nur in Richtung Online gehen, hätten wir diese Entscheidung nicht getroffen.

leadersnet.at: Wie schaut es bezüglich unisex-Tarife bei HDI aus?

Weiß: Die haben wir nicht. Die Trennung Frau Mann ist in der Lebensversicherung ein Thema, aber in der Sachgesellschaft bei KFZ hatten wir nie etwas wie beispielsweise „Lady-Rabatt“ oder ähnliches. Beim Gender-Thema waren wir mit unserer Gleichheit immer gut aufgestellt.

Lackner: Bei der Rabattflut haben wir nie mitgemacht. Wir standen immer für gute Produkte, die auch klar verständlich sind und bei denen jeder seine Prämie rasch ausrechnen kann.

leadersnet.at: Gutes Stichwort, bleiben wir gleich bei Prämien. Der Verband der Versicherungsmakler rechnet dieses Jahr in punkto Prämienentwicklung mit einer Steigerung von 1,8%. Teilen Sie diese Einschätzungen?

Weiß: Im Schadens- und Unfallmarkt ja, weil sich der KFZ-Markt stabilisierte. Im Lebensmarkt wird man es noch sehen, ob es sich wirklich ausgeht. Dort werden wir zumindest eine Festigung sehen bzw. hängt es davon ab, was vor allem Anfang 2012 noch alles passiert, ob der Stabilitätsgrad weiter wächst oder nicht. Ende März, Anfang April werden wir mehr wissen.

www.hdi.at



Geschäftsbericht 2011 HDI Versicherung

Die wichtigsten Eckdaten:

Abgegrenzte Bruttoprämien (Österreich, Tschechien, Ungarn und Slowakei): 188 Mio. Euro (-1,7%)*

Brutto Combined Ratio: 84,3%

Verrechnete Prämien in Gesamtrechnung: 188,6 Mio. Euro (-1,9%)*

Aufwendungen für Versicherungsfälle: 120,4 Mio. Euro (-17,9 %)*

Brutto Schadenquote: 64,04% (-12,67%)*

Ergebnis gewöhnliche Geschäftstätigkeit: 9,5 Mio. Euro (2010: 11,3 Mio. Euro)

Jahresgewinn: 6,4 Mio. Euro (2010: 7,4 Mio. Euro)


* Prozentangaben beziehen sich auf die Vergleichswerte aus 2010

Geschäftsbericht 2011 HDI Versicherung

Die wichtigsten Eckdaten:

Abgegrenzte Bruttoprämien (Österreich, Tschechien, Ungarn und Slowakei): 188 Mio. Euro (-1,7%)*

Brutto Combined Ratio: 84,3%

Verrechnete Prämien in Gesamtrechnung: 188,6 Mio. Euro (-1,9%)*

Aufwendungen für Versicherungsfälle: 120,4 Mio. Euro (-17,9 %)*

Brutto Schadenquote: 64,04% (-12,67%)*

Ergebnis gewöhnliche Geschäftstätigkeit: 9,5 Mio. Euro (2010: 11,3 Mio. Euro)

Jahresgewinn: 6,4 Mio. Euro (2010: 7,4 Mio. Euro)


* Prozentangaben beziehen sich auf die Vergleichswerte aus 2010

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