Gastkommentar
EWG erstickt im ESG-Wahn: Existenzgrundlagen in Gefahr

| Redaktion 
| 04.04.2024

Gastkommentar von Hans Harrer, Vorstandsvorsitzender Senat der Wirtschaft.

Die meisten Jüngeren wissen mit dem Begriff "EWG" nichts mehr anzufangen: "Einer wird gewinnen" war zweieinhalb Jahrzehnte eine der beliebtesten deutschsprachigen Samstagabendsendungen mit Hans-Joachim Kulenkampff. Teilnehmer:innen aus ganz Europa traten gegeneinander an, um mit Wissen, Schlagfertigkeit und Humor gegeneinander zu bestehen - bis der "Beste" übrigblieb. Gewonnen hatten aber vor allem alle Zuschauer:innen, die einen unterhaltsamer und intelligenter Abend genießen konnten und den Produzent:innen Traumquoten lieferten. Nebenbei wurde - durch die Gäste aus ganz Europa - der europäische Gedanke gefördert und die Abkürzung "EWG" bewusst mit einem Augenzwinkern zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gewählt.

Mit den ESGs sieht es nun anders aus: Unter ESG-Kriterien versteht man die Berücksichtigung von Kriterien aus den Bereich Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance). Ab dem 1. Jänner 2026 sollen auch kleine und mittlere Unternehmen sich dem ESG-Reporting unterwerfen, sofern sie kapitalmarktorientiert sind und bestimmte Kriterien erfüllen. Mindestens zehn Mitarbeiter:innen, eine Bilanzsumme von mindestens 450.000 Euro sowie Umsatzerlöse von mindestens 900.000 Euro. Klingt gut? Weit gefehlt! Während Großkonzerne ohnehin über Compliance-Abteilungen verfügen und sich den bürokratischen Hürden stellen können, droht kleinen, regionalen Produzent:innen der Untergang. Die daraus abgeleiteten Lieferkettengesetze verlangen z.B. in Österreich eine:n Bevollmächtigte:n, der:die für deutsche Versandbuchhändler:innen die Entsorgung sicherstellt. Wie stellt man sich in Brüssel vor, wie ein Antiquariat mit ein bis zwei Personen so eine:n "Bevollmächtigte:n" finanzieren soll? Diese Auflagen sind nicht nur absurd, sondern auch existenzbedrohend für Kleinunternehmen.

Während das erwähnte EWG trotz seines Namens etwas für "Alle" war, erreichen ESG-Richtlinien das Gegenteil: Den Menschen in Ländern der Dritten Welt, für die diese Richtlinien eigentlich gedacht sind, wird mit der zu erwartenden Papierflut dabei gar nicht geholfen, KMUs werden bewusst in Geiselhaft genommen und sabotiert. Insgesamt wird die Wirtschaft massiv geschädigt, Arbeitsplätze gehen verloren, mit Ausnahme der Klage- und Beratungsindustrie.

Während unsere Wirtschaft durch die bürokratischen Fesseln der ESG-Richtlinien erstickt, lachen sich China, Mittlerer Osten, Amerika uvm. ins Fäustchen. Sie halten sich selbst nicht an diese überbordenden Vorschriften, Europa schafft sich selbst die Bürokratie und damit auch sich selbst ab. Es wird endlich Zeit, aufzuwachen und sich in die eigenen Angelegenheiten einzumischen!

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