Gastkommentar Christina Hödlmayr
Zwischen Flexibilität und Fachkräftemangel: Der Spagat in Österreichs Arbeitswelt

| Redaktion 
| 22.04.2024

Gastkommentar von Christina Hödlmayr, Partnerin bei LeitnerLaw Rechtsanwälte.

Die Arbeitswelt in Österreich steht an einem entscheidenden Wendepunkt. Traditionell starre Arbeitszeitmodelle, die wenig Raum für individuelle Bedürfnisse lassen, sowie die Herausforderung für Unternehmen, qualifizierte Fachkräfte zu rekrutieren, erfordern eine dringende Neuausrichtung. Mit dem Inkrafttreten der Gesetzesänderungen zur Transparenzrichtlinie, zur Telearbeit, ergänzt durch die bereits im November 2023 implementierten Anpassungen auf Basis der Work-Life-Balance-Richtlinie bei Elternkarenz und Elternteilzeit, reagiert Österreich auf die Notwendigkeit einer flexibleren Arbeitsgestaltung und der Vereinbarkeit von Privat- & Berufsleben. Christina Hödlmayr von LeitnerLaw Rechtsanwälte beleuchtet die Herausforderungen und Potenziale dieser Entwicklungen im Arbeitsrecht und erläutert, inwieweit die neuen Neuregelungen dazu beitragen sollen, die divergierenden Anforderungen von Arbeitsmarkt und Privatleben in Einklang zu bringen.

Telearbeit: Die Antwort auf moderne Arbeitsanforderungen?

Mit Beginn des Jahres 2025 soll das neue Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz in Kraft treten. Die Änderungen betreffen im Wesentlichen die Rahmenbedingungen für das Homeoffice (= Arbeiten von zu Hause aus), dass künftig unter den Begriff der Telearbeit (=Arbeiten von überall aus) subsumiert wird. Die Ausweitung des Homeoffice zur Telearbeit erscheint auf den ersten Blick als vielversprechende Lösung, da sie die Attraktivität von Arbeitsplätzen steigern und damit dem Fachkräftemangel entgegenwirken kann. Dennoch ist zu bedenken, dass diese Flexibilität auch Herausforderungen mit sich bringt, insbesondere etwa hinsichtlich der Aufrechterhaltung einer starken Unternehmenskultur und der Sicherstellung von Produktivität in einem zunehmend dezentralisierten Arbeitsumfeld. Bisher war die Arbeit im Homeoffice tatsächlich nur auf das "Home" als den Wohnsitz der Arbeitnehmer:innen beschränkt, zukünftig soll mobiles Arbeiten – also Arbeit von überall aus – ermöglicht werden.

Sozialversicherungsrechtliche Änderungen bei Telearbeit

Doch welche Neuerungen bringt die Telearbeit in Bezug auf das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz mit sich? Hier wird klar zwischen Telearbeitsplätzen im "engeren" und "weiteren" Sinne unterschieden, was den Unfallversicherungsschutz bei Telearbeit maßgeblich beeinflusst. Orte im engeren Sinne umfassen die eigene Wohnung und Coworking Spaces, während Orte im weiteren Sinne alle selbstgewählten Arbeitsorte außerhalb dieser Definition einschließen. Diese Unterscheidung ermöglicht eine präzise Definition des Versicherungsschutzes für Arbeitnehmer:innen und trägt zur effektiven Sicherheitsgewährleistung bei. Gleichzeitig könnten sich für Arbeitgeber:innen neue Herausforderungen im Versicherungsschutz ergeben, da sie sich mit zusätzlichen Komplexitäten auseinandersetzen müssen. Diese Regelung spiegelt den modernen Ansatz der Flexibilität in der Arbeitswelt wider und erfordert von allen Beteiligten eine sorgfältige Navigation durch die neuen Bestimmungen.

Neuordnung von Elternkarenz und Elternteilzeit

Die Einführung des "Betreuungspakets" im Rahmen der EU-Work-Life-Balance-Richtlinie am 1. November 2023 brachte bedeutende Veränderungen für Eltern mit sich. Obwohl die Karenzzeit auf 22 Monate verkürzt wird, behalten Eltern, die das "Karenzsplitting" nutzen oder alleinerziehend sind, Anspruch auf 24 Monate. Zusätzlich wird die Elternteilzeit bis zum achten Lebensjahr des Kindes ausgedehnt, was Eltern größere Flexibilität bei der Gestaltung ihrer Arbeitszeit gewährt. Diese Maßnahmen sollten ein Zeichen für ein modernes Verständnis von Arbeit und Familie sein und die Gleichstellung der Eltern fördern. Ob diese gesetzliche Intention tatsächlich ihr Ziel erreicht, erscheint für mich aber fraglich. Oftmals ist eine Aufteilung der Karenz zwischen den Elternteilen aus finanziellen Gründen nicht möglich und hier den Anspruch der Frau zu kürzen, erscheint mir doch etwas kurz gedacht. Unternehmen werden zusätzlich mit Mehraufwand konfrontiert im Hinblick auf Nachweis des Alleinerzieherstatus und komplexen Berechnungen bei der Elternteilzeit. Es bleibt die Frage, ob diese Änderungen ausreichen, um eine tiefgreifende gesellschaftliche Veränderung zu bewirken im Sinne einer
gleichen Verteilung der Care-Arbeit und einer Schließung des Gender-Pay-Gaps.

LeitnerLaw: Navigieren durch den Wandel der Arbeitswelt

Bei LeitnerLaw stehen wir Ihnen in dieser Zeit des Wandels zur Seite, um die Herausforderungen und Chancen, die sich aus den neuen Regelungen zur Work-Life-Balance und Telearbeit ergeben, gemeinsam zu meistern. Kontaktieren Sie uns für eine maßgeschneiderte Beratung, die Ihnen hilft, die Vorteile dieser Änderungen optimal zu
nutzen.

www.leitnerlaw.eu


Kommentare auf LEADERSNET geben stets ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors bzw. der jeweiligen Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion. Im Sinne der Pluralität versuchen wir unterschiedlichen Standpunkten Raum zu geben – nur so kann eine konstruktive Diskussion entstehen. Kommentare können einseitig, polemisch und bissig sein, sie erheben jedoch nicht den Anspruch auf Objektivität.

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV