Druck wurde zu groß
So fallen die Reaktionen auf den Rücktritt von WKÖ-Präsident Harald Mahrer aus

Nach anhaltender Kritik an Gehaltsanpassungen und Doppelbezügen hat der mächtige Funktionär die Konsequenzen gezogen. Eine interimistische Nachfolgerin gilt so gut wie fix.

Jetzt ist der Druck doch zu groß geworden: Harald Mahrer hat am Donnerstagnachmittag seine Ämter als Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und als Obmann des Wirtschaftsbundes zurückgelegt. Das teilte er via Social-Media-Video mit. WKÖ-Vizepräsidentin Martha Schultz soll am Freitag von den Landespräsident:innen zur (interimistisch) Nachfolgerin ernannt werden.

Der Rücktritt kündigte e sich bereits an, denn zuletzt war er mit offenen Rücktrittsaufforderungen aus den Reihen der Wirtschaftskammer sowie aus dem Umfeld der ÖVP konfrontiert. So forderten ihn unter anderem die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und die WKÖO-Chefin Doris Hummer am Mittwoch zum Rücktritt auf. 

Video-Statement von Mahrer

"Ich setzte mich seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten für die Anliegen der Wirtschaft ein, weil eine erfolgreiche österreichische Wirtschaft die Basis unseres gesamten Lebens- und Gesellschaftsmodells ist. In den vergangenen, oft sehr fordernden Jahren, konnten wir für die Betriebe vieles erreichen. [...] Ich habe in meinen bisherigen politischen und interessenpolitischen Aufgaben nicht nur wirtschaftliche Freiheit, Leistungskraft und die Bedeutung des Eigentums als zukunftsentscheidende Werte betont, sondern auch den Wert der Verantwortung", erläutert Mahrer in seinem Statement, und führt weiter aus: "Persönliche Ressentiments und Populismus haben die mediale Debatte der letzten Tage bestimmt, ohne Mehrwert für die Wirtschaft und unser Land. Das ist nicht mein Spielfeld. Ich sehe derzeit keine Möglichkeit, verantwortungsvolle Beiträge für eine positive Zukunftsentwicklung zu leisten. Ich werde daher meine Funktionen in der Wirtschaftskammer Österreich und im Wirtschaftsbund zurücklegen und ich werde in beiden Funktionen für einen geordneten, zeitnahen Übergang sorgen."

Gehaltserhöhungen als Ausgangspunkt

Bei einem internen Treffen der Präsident:innen der WKÖ sowie der neun Landeskammern hatte Mahrer am Sonntag auf eigenen Wunsch die Vertrauensfrage gestellt. Laut Jochen Danninger, Generalsekretär der WKÖ, sei ihm das Vertrauen "geschlossen und einstimmig ausgesprochen" worden (LEADERSNET berichtete). Dennoch galt die Stimmung innerhalb der Organisation als angespannt. Kritik gab es auch von zahlreichen Unternehmen, die angekündigt haben, die verpflichtende Kammerumlage künftig nicht mehr bezahlen zu wollen.

Hintergrund der Auseinandersetzung waren geplante Gehaltserhöhungen in der WKÖ, die mit 4,2 Prozent deutlich über der Inflationsrate lagen. Und das, obwohl die Wirtschaftskammer bei allen KV-Verhandlungen stets auf niedrige Abschlüsse drängte. Auch Funktionsentschädigungen hatten zu Kritik geführt. Mahrer hatte öffentlich von "Fehlern" gesprochen und eine Halbierung der Anpassung angekündigt, später stellte sich jedoch heraus, dass die Erhöhung nur verschoben werden sollte. Dieser "beschönigende Kniff" brachte das Fass schlussendlich zum Überlaufen.

Reaktionen

Der Rücktritt von Harald Mahrer als Präsident der Wirtschaftskammer Österreich hat parteiübergreifend und in der Wirtschaft zahlreiche Reaktionen ausgelöst. IV-Präsident Georg Knill würdigte Mahrers Einsatz für die österreichische Wirtschaft und sprach von einer "vertrauensvollen und konstruktiven Zusammenarbeit", betonte aber zugleich die Notwendigkeit tiefgreifender Reformen innerhalb der Kammer. Der burgenländische WK-Präsident Andreas Wirth erklärte, man akzeptiere die Entscheidung und werde sich nun wieder auf die Kernaufgabe konzentrieren, den Betrieben im Land ein verlässlicher Partner zu sein.

ÖVP-Generalsekretär Nico Marchetti dankte Mahrer für sein jahrelanges Engagement und nannte ihn einen "Visionär und Kämpfer" für Bildungs- und Wirtschaftsreformen. Dem schloss sich auch ÖVP-Klubobmann August Wöginger an und würdigte Mahrers langjährigen Einsatz für Wirtschaft und Partei, erinnerte an die gemeinsam gemeisterten Regierungsverhandlungen und betonte seinen Respekt für dessen Arbeit als Staatssekretär, Bundesminister sowie Präsident der Wirtschaftskammer und des Wirtschaftsbundes.

Auch aus dem Kanzleramt kamen versöhnliche Worte: Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) dankte Mahrer für seinen Einsatz und betonte, dass die Kammer gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten eine rasche Neuaufstellung brauche, um den Betrieben Stabilität und Orientierung zu geben. Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) zeigte sich hingegen besorgt über die Auswirkungen auf die Sozialpartnerschaft: "Die Schwäche der Wirtschaftskammer ist problematisch für das Gleichgewicht der Sozialpartner – und damit schlecht für Österreich", so Marterbauer.

Die Grüne Wirtschaft wiederum sieht im Rücktritt die Folge einer jahrelangen Reformverweigerung und fordert eine umfassende strukturelle und inhaltliche Neuausrichtung der Kammer. Auch UNOS – Unternehmerisches Österreich sprach von einem nachvollziehbaren Schritt und plädierte für einen echten Neustart mit klaren Reformen, mehr Transparenz und einer modernen, effizienten Organisation.

Scharfe Kritik kam von den NEOS, die den Rücktritt zwar als überfällig bezeichneten, darin aber keine Lösung der grundlegenden Probleme sehen. Wirtschaftssprecher Gerald Loacker forderte die sofortige Rücknahme der überzogenen Entschädigungen in allen Kammern sowie tiefgreifende Reformen. "Der Rücktritt von Harald Mahrer ändert nichts an den Strukturen und auch nichts daran, dass sich die Kammer auf Kosten der Unternehmerinnen und Unternehmer bereichert hat", so Loacker. 

www.wko.at

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