"Impfplan: Nur Verlässlichkeit schafft Zügigkeit und Zuversicht"

Gastkommentar von Ralf-Wolfgang Lothert, Mitglied der Geschäftsleitung und Director Corporate Affairs & Communication von JTI Austria.

Eines ist uns allen glaube ich ganz klar, nur mit dem Impfen werden wir aus der Corona Krise kommen. Das hat auch zum Glück die Politik erkannt. Es ist aber wie bei allen Maßnahmen, von denen wir im Laufe der Corona-Pandemie betroffen waren. Ob es nun den Fahrplan für Unternehmen, die Verhaltensregeln im engsten, eigenen Umfeld oder die Öffnungsszenarien für Bildungseinrichtungen betrifft: Richtig funktionieren kann es nur, wenn ein verlässliches Szenario vorliegt, das verständlich und nachvollziehbar ist. Sobald dieses Muster durchbrochen wird, sinken zwangsweise Zustimmung und Disziplin. Die Folge: Regeln werden nicht mehr im eigentlich notwendigen Umfang eingehalten und wir beginnen, uns in Sachen Pandemiebekämpfung im Kreis zu drehen.

Kein einheitlicher Plan

Umso bitterer ist es, dass aus diesen wichtigen Grundsätzen auch ein Jahr nach Beginn von Corona nicht viel zu halten scheint. Bestes – oder eigentlich schlechtestes – Beispiel ist die aktuelle Impfstrategie im Land. Immer wieder wird ein ursprünglich nachvollziehbares und einfach gehaltenes Muster – Altersgruppen sowie Risikofaktoren nach klaren Definitionen – durchbrochen und damit in der Wahrnehmung vieler Menschen Chaos geschaffen. Denn wenn nun immer wieder kurzfristig neue Zielgruppen mit Impf-Priorisierung verkündet werden, wird vielen Menschen jegliche Grundlage für die eigene, zugleich so immens wichtige, Planbarkeit entzogen. Dazu kommt noch, dass es keinen einheitlichen Plan per se gibt, sondern neun Bundesländer unterschiedliche Strategien fahren. Die Folge ist, dass der eigene Termin gefühlt wieder in weite Ferne rückt – emotional ist das in dieser ohnedies schwierigen Situation ein Desaster. Komme ich vor dem Sommer(Urlaub) noch dran? Welche Personengruppen werden noch vorgereiht? Und: Ist das medizinisch vertretbar oder basiert es auf irgendwelchen Interventionen?

Problematisch ist dabei auch, dass dieser Wirrwarr gleich mit mehreren – wenig vertrauensbildenden – Ereignissen zusammentrifft, die im Rahmen der Impfungen bereits für Unmut sorgten. Völlig inkonsistente Impflieferungen, unterschiedliche Tempi und Vorgangsweisen je nach Bundesland, öffentliche Versprechen (der Bundesregierung), die dann andernorts (seitens der EU) wieder auf Dementi stoßen, ein russischer Impfstoff, der in großen Mengen bestellt werden soll, dann aber doch – via Zulassungshinweis in Richtung EMA – wieder in den Hintergrund rückt.

Kein privates Unternehmen könnte sich das leisten

Hinter all dem steht ein nicht funktionierendes Management. Kein privates Unternehmen auf der Welt könnte es sich leisten, einen solch chaotischen Prozess aufzusetzen. Und da es um Menschenleben geht, ist das Versäumnis nur umso dramatischer. Mit dem Chaos gehen schließlich auch zahlreiche unterschiedliche Gruppen an Betroffenen einher: Jene, die befürchten, dass es sich manche richten können, während sie nach hinten gereiht werden. Jene, die Angst davor haben müssen, dass sich Vordrängler zu Unrecht einen Impfplatz sichern und man selbst tatenlos dabei zusehen muss. Und jene (Betriebe), denen man inmitten dieser Situation auch noch die Prüfung aufbürden möchte, den Impf- oder Teststatus von Kunden bzw. Gästen zu überprüfen.

Wenn der ambitionierte Plan von der Durchimpfung zur Mitte des Jahres halten soll, muss nun rasch Ordnung her. Ordnung, die es logistisch für die zügige Durchführung der Impfungen braucht. Aber auch Ordnung, die den Menschen Orientierung gibt und damit Sicherheit und Zuversicht fördert. Denn die Menschen brauchen Perspektiven. Sie brauchten diese schon während dieser 14 Monate andauernden Belastungsphase immer wieder und benötigen sie jetzt – vielleicht auch wegen des nahenden Durchbruchs bei der Pandemieeindämmung – vielleicht mehr denn je.

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