„Wir können Emotionen jetzt ungefiltert messen“

meinungsraum.at-Chef Kling über die Innovation EmoLogic, Big Data und das verstaubte Image von Marktforschung.

meinungsraum.at hat mit EmoLogic ein völlig neues Marktforschungstool entwickelt. leadersnet.at hat sich mit Herbert Kling, Geschäftsführer von meinungsraum.at, zum Interview getroffen und sich mit ihm über die Messung von Emotionen, neue Wege in der Marktforschung, die wachsende Bedeutung von Big Data und das Bedürfnis nach Individualisierung unterhalten.

leadersnet.at: meinungsraum.at bringt mit EmoLogic demnächst ein völlig neues Produkt auf den Markt. Können Sie uns schon etwas darüber erzählen?

Kling: Bei EmoLogic geht es um die Messung von Emotionen. Damit gehen wir einen völlig neuen Weg, da die Marktforschung bisher immer versucht hat, Emotionen zu erfragen. Letzteres funktioniert, indem man etwa fragt: „Macht Sie die Marke XY zufrieden?“ Das Problem dabei ist, dass die Leute zuerst nachdenken müssen, um dann ihre Emotion kund zu tun. Das führt natürlich zu Messfehlern, da es sich um eine schon gefilterte Information handelt. Mit EmoLogic haben wir jetzt ein Tool entwickelt, mit dem man diese Emotionen implizit messen kann.

leadersnet.at: Und wie funktioniert EmoLogic konkret?

Kling: Es gibt ein Set von 500 Bildern, die wir bei 3.000 Österreicherinnen und Österreichern abgefragt haben, um zu sehen, für welche Emotionen sie stehen. Diese Bilder können wir jetzt einsetzen, um Emotionen messbar zu machen. Die Frage lautet dann nicht mehr „Welche der folgenden Emotionen trifft Ihrer Meinung nach auf die Marke XY zu?“, sondern „Wir zeigen Ihnen jetzt einige Bilder. Klicken Sie jene an, die Ihrer Meinung nach zur Marke XY passen.“ Dadurch können wir das emotionale Bewusstsein befragen – nach Daniel Kahnemann das System 1. Dieses System 1 ist für 85 Prozent unserer Entscheidungen zuständig.

leadersnet.at: Gibt es schon etwas Ähnliches auf dem Markt?

Kling: Nicht in dieser Form. Es gibt Ansätze aus der Neurowissenschaft, wo etwa Hirnströme gemessen werden. Das ist aber in der Umsetzung sehr aufwendig und kostenintensiv und hat den zusätzlichen Nachteil, dass es in einer extremen Laborsituation stattfinden muss. Entwickelt haben wir EmoLogic gemeinsam mit der Marketingexpertin Grace Pardy, die im vergangenen Jahr die Agentur made2matter gegründet hat.

leadersnet.at: Der Marktforschung haftet ein etwas verstaubtes Image an. Sie haben es mit Meinungsraum.at geschafft, neuen Wind in die Branche zu bringen. Ist die klassische Marktforschung Ihrer Meinung nach vom Aussterben bedroht?

Kling: Das Wettbewerbsumfeld wird definitiv härter und schwerer überschaubar. Dabei spielt das Thema Big Data eine große Rolle und aus diesem Grund gibt es viele neue Mitbewerber aus der IT-Ecke, die sich mit der Analyse von großen Datenmengen auskennen. Was dort aber zu kurz kommt, ist die korrekte Interpretation, die hinter den Zahlen und Datenmengen steckt. Aber die Statik, die die Marktforschung noch vor fünf oder sechs Jahren hatte, gibt es heute nicht mehr. War früher das Telefon das wichtigste Tool der Marktforscher, so gibt es heute unzählige technische Möglichkeiten in der Befragung aber auch in der Analyse, die wir unseren Kunden anbieten können.

leadersnet.at: Welche Rolle spielt Big Data für Sie?

Kling: Big Data spielt eine zunehmend wichtigere Rolle und wir richten uns auch darauf ein. Um Big Data richtig machen zu können, braucht es den Marktforschungszugang: Interpretation, Marktverständnis und Zielgruppenverständnis. Wir haben im Haus auch eine starke Technikabteilung, wo es auch um Datenformate und Datentransformierung geht.

leadersnet.at: Bedarf es heutzutage in der Marktforschung einer ständigen Entwicklung von neuen Produkten, um sich von den Mitbewerben abzugrenzen?

Kling: Hier geht es nicht um die Abgrenzung vom Mitbewerb, sondern der Markt ändert sich und darauf müssen wir reagieren. Heute sind die technologischen Möglichkeiten ganz andere als vor zehn Jahren und wir als modernes Marktforschungsunternehmen müssen auch mit diesem Wandel Schritt halten.

leadersnet.at: Ist es in Krisenzeiten besonders wichtig, auf Marktforschung zu setzen?

Kling: Ich denke, es ist immer wichtig auf Marktforschung zu setzen. Fakt ist, dass gerade ein großer gesellschaftlicher Wandel stattfindet und es ein unglaubliches Bedürfnis nach Individualisierung gibt. Als Unternehmen hier noch seine Nische zu finden, ist nicht einfach und dafür ist Marktforschung ein wichtiges Tool. Wir Marktforscher sind quasi im Versicherungsgeschäft tätig. Bevor man eine große geschäftliche Entscheidung trifft, macht es Sinn herauszufinden – für eigentlich relativ wenig Geld – womit man den größten Erfolg hat. Für mich gehört Marktforschung zur Produktentwicklung.

www.meinungsraum.at

Zahlen und Fakten

meinungsraum.at wurde im April 2007 gegründet und beschäftigt derzeit 15 Mitarbeiter. Das Marktforschungsinstitut betreut über 140 Kunden und arbeitet pro Jahr für etwa 75 Auftraggeber. Im Jahr 2014 wurden rund 550 Projekte abgewickelt.

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