"Jubiläen sind dazu da, um in die Zukunft zu schauen und sich richtig zu positionieren"

| 30.01.2014

"Kurier"-Geschäftsführer Kralinger im Interview über Jahrestage, Fernsehpläne und die Presseförderung neu.

60 Jahre KURIER, 25 Jahre Freizeit und 25 Jahre "Romy" – Für KURIER-Geschäftsführer Thomas Kralinger steht ein feierintensives Jahr an. leadersnet.at hat den Medienmanager zum Interview getroffen und sich mit ihm über seine Pläne für 2014, den Umzug des KURIER in den 19. Bezirk, den Erfolg von Paywalls, Gespräche mit TV-Sendern und Optimismus unterhalten.

leadersnet.at: Heuer ist ja das Jahr der Jubiläen. Was haben Sie an Aktivitäten geplant?

Kralinger: Natürlich werden wir feiern und in die Vergangenheit blicken. Wir werden diese Jubiläen aber vor allem dazu nutzen, uns mit der Zukunft zu beschäftigen und an der Positionierung der Produkte für die nächsten Jahre arbeiten. Für eine Tageszeitung ist es eine schöne Sache, schon 60 Jahre erfolgreich auf dem Markt zu sein. Was die "Romy" betrifft: Wir sind sehr stolz darauf, einen Film- und Fernsehpreis kreiert zu haben, der sich zum bekanntesten Branchenpreis weit über die Grenzen Österreichs hinaus entwickelt hat – auch dank der Live-Übertragung durch den ORF. Die österreichische Post, die seit drei Jahren unser Partner ist, wird am 7. Februar übrigens eine wunderschöne Sondermarke zur "Romy" präsentieren.

leadersnet.at: Für die Freizeit wurde Ende November eine eigene Website gelauncht.

Kralinger: Genau genommen hatten wir bereits einmal eine Freizeit-Seite, damals noch integriert auf kurier.at. Wir waren mit der früheren Lösung nicht ganz glücklich. Als wir dann den KURIER-Relaunch durchgeführt haben, war uns klar, dass wir etwas Eigenes machen müssen, da die Freizeit für den KURIER ein Vorzeige-Produkt ist. Deswegen musste für uns auch der digitale Auftritt etwas Besonderes sein. Aus diesem Grund haben wir uns für eine eigene Optik und Navigation entschieden, um für den Freizeit-User über die reine Nachrichtenseite hinaus auch das Magazinfeeling einzufangen.

leadersnet.at: Wie ist das Resümee nach den ersten zwei Monaten freizeit.at?

Kralinger: Die bisherige Entwicklung ist sehr zufriedenstellend. Wir haben ansprechende Nutzerzahlen, die weiter steigen. Das Feedback von der Werbewirtschaft ist ebenfalls ausgesprochen gut. Wir haben den Nerv der Zeit getroffen, was die Präsenz und das Feeling von Marken im digitalen Raum angeht.

leadersnet.at: Wann erwarten Sie sich den Return on Invest?

Kralinger: Ich gehe davon aus, dass wir unser Anfangsinvestment in sechs bis sieben Monaten zurückverdient haben.

leadersnet.at: Sie haben angekündigt, dass freizeit.at nach der Einführungsphase kostenpflichtig sein wird. Ab wann wird die Paywall eingeführt und werden einzelne Inhalte trotzdem noch gratis sein?

Kralinger: Wir beobachten die internationale Entwicklung sehr genau, aber derzeit sehe ich den Markt für ein rein kostenpflichtiges Angebot in Österreich noch  nicht gekommen. Selbst in Deutschland waren die Erfolge bei den Medien, die mit wirklich hochwertigem Content hinter der Paywall gearbeitet haben, sehr überschaubar. Am größten sehe ich die Zahlungsbereitschaft derzeit bei Special Interest- und Serviceangeboten. In diesem Bereich werden wir voraussichtlich starten, zuerst wollen wir unser Angebot aber noch einer breiteren Öffentlichkeit näher bringen.

leadersnet.at: Neben den zahlreichen Jubiläen steht auch der Umzug des KURIER vom 7. Bezirk in die Muthgasse an. Wird auch die Anzeigenabteilung vom Mediaprint-Tower mit umziehen?

Kralinger: Das ist sicher eine Option, aber derzeit nicht spruchreif. Erst einmal wird der Fokus auf dem Zusammenwachsen der Print- und Online-Redaktion liegen. Danach werden wir bessere Synergien auch für andere Bereiche schaffen. Die Raumsituation ist auf jeden Fall ganz neu. Es gibt einen großen Newsroom, offene Büros sowie ein Film- und Fotostudio. Ein wesentlicher Schwerpunkt ist der Ausbau des digitalen Bereichs  durch unsere Abteilung "Business Development".

leadersnet.at: Welche Strategien sind da geplant?

Kralinger: Es ist noch zu früh, um konkret über Strategien zu sprechen. Wir haben heute auf der einen Seite die markennahen Aktivitäten wie etwa karrierenkurier und immokurier, aber auch events.at oder film.at. Und mit futurezone.at sind heuer zwei größere Events geplant: Einmal der 3D-Druckerkongress im März und etwas später ein App-Kongress. Diese Services werden wir auf diesen Plattformen weiter ausbauen, aber auch Neues wird dazu kommen. Dazu werden wir bald mehr sagen können ...

leadersnet.at: Inwieweit wird der KURIER in Bewegtbild investieren?

Kralinger: Das KURIER Medienhaus setzt bereits jetzt auf Bewegtbild. Wir produzieren etwa kurze Nachrichtensendungen, in denen unser Chefredakteur oder andere führende Mitarbeiter zu aktuellen Themen Stellung beziehen. Das wollen wir weiter ausbauen. Daneben gibt es immer wieder Berichte von Veranstaltungen und zugekauftes Material. Wir wollen unsere Nachrichtenkompetenz auch Richtung Fernsehen verlängern. Es gibt bereits konkrete Gespräche mit unseren TV-Partnern.

leadersnet.at: In Ihrer Funktion als VÖZ-Präsident: Wie stellen Sie sich eine Presseförderung neu vor und wie realistisch sehen sie nach der neuen Regierungsbildung die Chance, dass die Presseförderung reformiert wird?

Kralinger: Ich bin ein sehr optimistischer Mensch. Ich hätte mir natürlich gewünscht, dass sich im Regierungsprogramm mehr Substanz und mehr von unseren Ideen, die wir der Regierung übermittelt haben, wieder findet. Wir halten eine Erhöhung der Presseförderung zur Erhaltung von Vielfalt und Qualität für notwendig und legitim. Aber es gibt noch zahlreiche weitere Themen, die die Rahmenbedingungen für Printmedien verbessern könnten. Es braucht auf jeden Fall ein erhöhtes Bewusstsein für die Erfordernisse, die die digitale Entwicklung für den Mediensektor bringt. Wir sind mitten in einer dramatischen Veränderung und der Gesetzgeber verschiebt die nötigen Veränderungen von Jahr zu Jahr, wie etwa beim Thema Leistungsschutzrecht. Oder ein anderes Beispiel: Gedruckte Zeitungen werden mit zehn Prozent Umsatzsteuer belastet, während es bei einer digitalen Ausgabe mit demselben Inhalt 20 Prozent sind.

leadersnet.at: Wie schätzen Sie die Konkurrenz von internationalen Playern wie etwa Google für den heimischen Medienmarkt ein? Sollte hier die Politik als Regulativ eingreifen?

Kralinger: Es gibt mittlerweile in einigen Ländern, ganz voran Frankreich und nunmehr auch Italien, sehr intensive Überlegungen, den Binnenmarkt vor internationalen Playern zu schützen, die Werbegelder ohne oder nur mit geringer inländischer Wertschöpfung abziehen. Das betrifft natürlich nicht nur, aber in erster Linie Google. In den USA verbucht Google bereits höhere Werbeeinahmen als der gesamte Printsektor. Solange ein Unternehmen den gleichen Wettbewerbs- und Marktbedingungen ausgesetzt ist, ist dagegen gar nichts einzuwenden. Wenn sich aber ein Unternehmen oder eine Gruppe unter ganz anderen Bedingungen bewegt wie der Rest, dann muss die Politik regulierend eingreifen. Es gibt so viele Möglichkeiten, wie man Presse und deren Absatz fördern kann. Aber dazu braucht es das Kapital, die Unterstützung der Politik im regulatorischen Sinn und die richtigen Rahmenbedingungen. Es wäre schön, wenn wir das im Laufe der jetzigen Legislaturperiode zustande kriegen.

leadersnet.at: Aber wie realistisch sehen Sie das wirklich?

Kralinger: Ich bin überzeugt davon. Wir haben lange genug geredet und jetzt ist es Zeit, den Worten Taten folgen zu lassen.

www.kurier.at

Thomas Kralinger

Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften startete Thomas Kralinger seine beruflich Laufbahn in einer Anwaltskanzlei. 1995 wechselte er als Leiter der Rechts- und Personalagenden zu den  Vereinigten Bühnen Wiens. 2003 führte ihn sein Weg zur Verlagsgruppe News, wo der gebürtige Wiener als Generalsekretär mit dem Kernbereich Recht & Personal, als Mitglied der Geschäftsführung sowie als Geschäftsführer der News Networld tätig war. Mit September 2007 übernahm Thomas Kralinger die Geschäftsführungsagenden der Kurier-Gruppe wie auch der Mediaprint.

Thomas Kralinger

Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften startete Thomas Kralinger seine beruflich Laufbahn in einer Anwaltskanzlei. 1995 wechselte er als Leiter der Rechts- und Personalagenden zu den  Vereinigten Bühnen Wiens. 2003 führte ihn sein Weg zur Verlagsgruppe News, wo der gebürtige Wiener als Generalsekretär mit dem Kernbereich Recht & Personal, als Mitglied der Geschäftsführung sowie als Geschäftsführer der News Networld tätig war. Mit September 2007 übernahm Thomas Kralinger die Geschäftsführungsagenden der Kurier-Gruppe wie auch der Mediaprint.

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